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Philipp Amthor: Demonstrationsrechte gibt es für Männer und für Frauen

Rede in der Aktuellen Stunde zur Stärkung der Demonstrationsrechte von Frauen

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Ende dieser Aktuellen Stunde zum Thema „Demonstrationsrechte von Frauen stärken“ müssen wir feststellen, dass wir über das Thema eigentlich kaum gesprochen, sondern uns vielmehr mit uns selbst beschäftigt haben.

Wissen Sie, der traurige Ausgangspunkt ist doch der, dass beide Seiten des Parlaments, die rechte wie die linke Seite, eine Demonstration genutzt haben, um über ihre politischen Inhalte hier im Bundestag zu polemisieren. Das ist, glaube ich, nicht der richtige Weg,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht!)

und ich erkläre Ihnen auch gleich, warum. Wir sollten vor allem über eines ganz deutlich reden, nämlich über das Thema Rechtsstaat.

(Beifall des Abg. Michael Kuffer [CDU/CSU])

Aber, meine Damen und Herren, bevor ich zum Thema Rechtsstaat komme, sage ich Ihnen eines: Ich als Staatsbürger hätte persönlich keine Lust, mich bei dieser Demonstration mit Herrn Bachmann gemein zu machen,

(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deswegen sind wir ja nicht da!)

aber ich hätte auch keine Lust, mich mit der Antifa gemein zu machen und vielleicht mit dem RAF-Anwalt Hans-Christian Ströbele Hand in Hand zu einer Gegendemonstration zu gehen. Das würde ich beides nicht machen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)

Gleichzeitig sage ich Ihnen eines: Aus rechtsstaatlicher Perspektive bin ich sehr froh, dass beide Gruppen hier in unserem tollen Rechtsstaat das Recht haben, zu demonstrieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der AfD und der FDP)

Das ist nämlich der wichtige Punkt.

Bemühen wir doch als Ausgangspunkt das Bild von Justitia, die eine Augenbinde trägt. Sie trägt die Augenbinde nicht, weil sie Aspekte des Rechtsstaats ausblenden will, sondern weil ihr die politischen Positionen von Demonstranten egal sind. Und Fakt ist: Beide Seiten hatten das Recht, zu demonstrieren. Allein deshalb verbietet sich der Titel der Aktuellen Stunde. Wenn ich lese: „Demonstrationsrechte von Frauen stärken“: Wir können über Frauenrechte sprechen, aber Demonstrationsrechte gibt es für Männer und für Frauen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Artikel 8 Grundgesetz gilt für alle Deutschen und nicht für Männer und Frauen unterschiedlich.

(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben es überhaupt nicht verstanden!)

Wenn wir über den Rechtsstaat sprechen, dann muss klar sein: Ja, wir haben hier Freiheiten, und beide Demonstrationsgruppen hatten die Freiheit, zu demonstrieren. Aber für beide Gruppen gibt es auch Grenzen.

Und Grenzen hin oder her: Wer bisher gar kein Thema war, das waren die Polizisten, die bei der Versammlung vor Ort waren. Ich habe mich mit den Polizisten unterhalten. Sie haben mir gesagt, dass es jetzt gegen beide Seiten Ermittlungsverfahren gibt, gegen die Störer und auch gegen die ursprünglichen Demonstranten. Sie sollten dazu stehen, dass es in einem Rechtsstaat dazugehört, dass aufgeklärt wird, und zwar auf beiden Seiten.

Frau Lay, Frau Bayram und Herr Hilse, Sie waren alle an den Demonstrationen beteiligt. Jeder von Ihnen hat sich gut darin gemacht, auf den anderen zu schimpfen, aber keiner hat gesagt: Auch in unseren Reihen gab es Grenzüberschreitung. Das wäre doch eigentlich ein guter Punkt gewesen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich unterstütze hier jeden, der gegen diese Grenzüberschreitungen vorgeht; denn zum Rechtsstaat gehört nicht nur, zu sagen: „Ich berufe mich auf die Versammlungsfreiheit!“, sondern auch, dass jeder ordnungswidrige Verstoß gegen das Versammlungsgesetz und jede Straftat verfolgt wird.

Machen Sie sich Gedanken darüber, was der richtige Ort ist, um das aufzuklären. Meine Damen und Herren, schauen wir uns das einmal unter kompetenziellen Gesichtspunkten an: Es geht hier um den Einsatz einer Landespolizei. – Glauben Sie allen Ernstes, dass es klug ist, unter dem Deckmantel einer Aktuellen Stunde hier im Deutschen Bundestag über das Für und Wider von Einzelentscheidungen bei einem Landespolizeieinsatz zu diskutieren?

(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der ein CDU-Parteibuch hat! Der Polizeipräsident!)

Ich glaube das nicht. Man muss sich auch fragen: Ist es richtig, hier über konkrete Verfahrensabläufe zu sprechen? Ist nicht ein Gericht die richtige Stelle dafür?

(Beifall der Abg. Andrea Lindholz [CDU/CSU])

Wir müssten eigentlich fragen: Was ist die richtige Stelle, um Grenzüberschreitungen anzugehen?

(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)

– Es freut mich, dass Sie das so sehen.

(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich bin Anwältin!)

– Das ist gut.

Ich will auch Folgendes sagen: Beim Rechtsstaat geht es auch um Kontrolle, und wenn Kontrolle dazugehört, dann – das zumindest ist ein legitimer Punkt der AfD – muss sich auch die Polizei kontrollieren lassen. Wenn Sie hier aber sagen, die Polizei hätte sich zum Werkzeug der politischen Führung gemacht usw., dann zeigt das, dass Sie nicht das richtige Verständnis von der Polizei haben. Wir sind stolz auf unsere Polizisten. Wir stellen uns vor unsere Polizisten, und

(Zurufe von der AfD: Wir auch!)

wir wollen nicht, dass Sie sie hier zum Spielball der Politik machen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Insofern werden wir das aufarbeiten.

Der Rechtsstaat ist das Gebot der Stunde und nicht das gegenseitige Polemisieren. Ich freue mich, wenn wir irgendwann einmal substanziell über das Versammlungsrecht reden und nicht nur bei solchen Schaufensterdebatten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)