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Peter Weiß: Soziale Verantwortung gehört zur sozialen Marktwirtschaft

Rede zur Einschränkung von Massenentlassungen

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zum Schluss einer solchen Debatte stellt sich die Frage: Hat jemand, der bei Siemens, bei General Electric, bei Air Berlin oder irgendwo anders arbeitet und Angst haben muss, morgen seinen Arbeitsplatz zu verlieren, wirklich etwas aus einer solchen Debatte gewonnen? Da sehe ich große Fragezeichen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir als Politikerinnen und Politiker sollten uns angewöhnen, in politischen Debatten nichts zu versprechen, was wir schlichtweg nicht halten können.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und der FDP)

Denn die Unternehmensentscheidungen werden nicht durch eine Debatte im Deutschen Bundestag oder durch eine Entscheidung der Bundesregierung umgedreht.

(Zuruf des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

Aber es gilt sehr wohl: Das Erfolgsrezept der Bundesrepublik Deutschland ist die soziale Marktwirtschaft, und zur sozialen Marktwirtschaft gehört eben nicht nur, dass Unternehmen in ihren Entscheidungen nicht durch den Staat gegängelt werden, sondern dazu gehört genauso, dass unternehmerische Entscheidungen, besonders solche, die die materielle Existenz von Menschen betreffen, aus dem Kontext sozialer Verantwortung heraus zu treffen sind. Das gilt verschärft dann, wenn es sich um Unternehmen wie Siemens handelt, in die staatliche Förderung in Millionenhöhe geflossen ist, staatliche Förderung, die letztendlich die Steuergroschen fleißig arbeitender Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind.

Bei den Unternehmensentscheidungen, die anstehen, stellt sich in der Tat die Frage: Wo bleibt das Zusammenspiel von Freiheit der Entscheidung und Wahrnehmung sozialer Verantwortung? Wir können von den Unternehmensführungen in Deutschland zu Recht einfordern, ihrer sozialen Verantwortung gegenüber ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei allen ihren unternehmerischen Entscheidungen auch wirklich gerecht zu werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das gilt insbesondere dann, wenn einzelne Standorte so betroffen sind, dass sich vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der Region vor Ort die Frage stellt: Gibt es überhaupt eine Alternative? Diese Frage muss oftmals eher mit Nein beantwortet werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir erwarten, dass soziale Verantwortung so wahrgenommen wird, dass von den Unternehmen selbst Vorschläge auf den Tisch gelegt werden, wie es an den betroffenen Standorten weitergehen soll, welche Perspektiven für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eröffnet werden können. Bei Siemens handelt es sich um ein Unternehmen, das wächst, wo also Arbeitsplätze aufgebaut werden. Dann wird man Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei einem notwendigen strukturellen Umbau doch auch Alternativen anbieten und eröffnen können. Das ist die Erwartung, die wir an Siemens haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Michael Theurer [FDP])

Es gibt in der Tat etwas, das wir als Politik beitragen können. Wir haben schließlich ein breites Instrumentarium, zum Beispiel über die Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote der Bundesagentur für Arbeit. Dazu stehen wir bereit. Oder im Fall von Air Berlin hatte der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Karl-Josef Laumann zu Recht vorgeschlagen, die Einrichtung einer Transfergesellschaft zu erwägen, eine Möglichkeit, die allerdings nicht ergriffen worden ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, soziale Verantwortung gehört zur sozialen Marktwirtschaft. Für uns als Politiker gilt, insbesondere für die Bundesregierung und die betroffenen Landesregierungen: Wir sind bereit, das, was wir an Förderinstrumentarien zur Weiterbildung und Qualifizierung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zur Verfügung haben, vor allem seitens der Bundesagentur für Arbeit, aktiv in diesen Umstrukturierungsprozess einzubringen. Zur Freiheit gehört auch immer Verantwortung. Wir als Bundestag wollen diese Verantwortung wahrnehmen. Auch die Unternehmensführung sollte ihre Verantwortung wahrnehmen. Dann eröffnen sich, so hoffe ich, für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den betroffenen Sektoren Chancen und Möglichkeiten im Sinne neuer beruflicher Perspektiven. Darum sollte es uns gehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)