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Nikolas Löbel: Militärische Konfliktbereitschaft darf nicht das erfolgversprechendere Mittel sein

Redebeitrag zur Entwicklung einer langfristigen Friedenslösung in Bergkarabach

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Hampel, ich möchte ganz kurz darauf eingehen, was Sie gesagt haben und was Sie hier vorlegen; denn Ihre Rede und Ihr Antrag sind diametral verschieden. Es geht um Bergkarabach und wie wir dort nun den erzielten Waffenstillstand und Frieden sichern können.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Das ist der Hebel!)

Aber Sie haben einen Antrag vorgelegt, der sich rein mit der Türkei beschäftigt, der inhaltlich auf DITIB eingeht, der inhaltlich auf türkischstämmige Menschen, die in Deutschland leben, Menschen mit Migrationshintergrund, eingeht.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Von denen ein großer Teil Erdogan gewählt hat!)

Und Sie sind wieder auf das Thema Flüchtlinge eingegangen.

Nur ein kleiner Absatz von zwei Seiten Begründung Ihres Antrages dreht sich überhaupt um das eigentliche Thema Bergkarabach. Das Beste ist: Von acht Forderungen, die Sie aufstellen, geht keine einzige auf das Thema Friedenssicherung in Bergkarabach ein, sondern es sind alles nur grundsätzliche, aus dem Parteiprogramm abgeschriebene Forderungen. Das zeigt, dass sich dieser Antrag überhaupt nicht mit der Sache befasst, und deswegen müssen wir uns auch nicht weiter mit ihm befassen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Ach, herrje!)

Wesentlich ist: Der Konflikt im Südkaukasus ist ein jahrhundertealter Konflikt, und leider ist er aktueller denn je. Der Krieg im Südkaukasus in den zurückliegenden sechs Wochen war ein Stück weit auch ein Armutszeugnis für die internationale Gemeinschaft, weil er in unvergleichlicher Weise gezeigt hat, wie Staaten, wie die Türkei, aber auch der Iran und vor allen Dingen Russland, unverhohlen geopolitische Interessen vertreten

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Er hat für Frieden gesorgt!)

und die NATO und die Europäische Union ohnmächtig zusehen müssen. Wir müssen feststellen, dass dieser Konflikt einmal mehr aufgezeigt hat, dass Diplomatie wichtig ist, aber dass Diplomatie auch verbunden sein muss mit Durchsetzungswillen und einem klaren Problemlösungsbewusstsein.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Habe ich gerade gesagt!)

Wir müssen deutlich machen, dass Diplomatie immer der bessere Weg ist als militärische Konfliktbereitschaft. Militärische Konfliktbereitschaft darf nicht das erfolgversprechendere Mittel sein. Und das ist die traurige Bilanz dieses Krieges, dieses Konflikts – das bleibt –: Was wir in 27 Jahren internationaler Verhandlungsbemühungen nicht erreicht haben, wurde binnen sechs Wochen in Teilen erreicht. Das ist nicht gut für die Minsker Gruppe innerhalb der OSZE, es ist nicht gut für die internationale Gemeinschaft und die NATO. Das darf sich nicht wiederholen.

Dennoch ist dauerhafter Frieden in den Regionen um Bergkarabach im Südkaukasus strategisches Interesse der Europäischen Union, ist auch unser Interesse hier in diesem Hause; denn wir pflegen enge kulturelle, enge politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Armenien und mit Aserbaidschan.

Was uns auch deutlich werden muss, ist: Wir reden dort über einen sogenannten Frozen Conflict. Aber es ist eben kein Frozen Conflict, und wir haben gesehen, wie schnell aus einem Frozen Conflict ein ganz aktueller Krieg werden kann.

Das Tragische daran ist, dass der jetzt gefundene Waffenstillstand eigentlich auf den Madrider Basisprinzipien basiert, die wir 2007 vereinbart haben. Aber seit 2007 ist eben viel zu wenig passiert.

Jetzt können wir nicht mehr darüber reden. Der Status quo ist jetzt ein anderer, und wir werden hinter diesen Status quo auch nicht mehr zurückkommen. Deswegen müssen wir in die Zukunft blicken, deutlich machen: Armenien ist ein weltoffenes, christlich geprägtes Land. Aserbaidschan ist ein weltoffenes, muslimisch geprägtes Land.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Sie haben keine Ahnung! Wirklich keine Ahnung!)

Dort geht es um Glaubenspluralität, und um diese Glaubenspluralität muss es jetzt auch in den Regionen um Bergkarabach gehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Dort wollen und müssen Menschen jeder Herkunft – aus Armenien und aus Aserbaidschan, Flüchtlinge und Binnenvertriebene aus den beiden Ländern aus den letzten Jahrzehnten – künftig in ihrer alten Heimat eine neue Zukunft finden. Dazu braucht es Toleranz, Freiheit und stabile politische Rahmenbedingungen.

Wir als Deutschland wollen und müssen uns dort aktiv einbringen. Es geht um die Sicherung von Kulturgütern, aber es muss auch um die dauerhafte Friedenssicherung gehen.

Lassen Sie mich enden: Ich glaube, Russland war der Dealmaker. Aber die Europäische Union und die NATO müssen jetzt der Garant für dauerhaften Frieden in der Region werden. Deswegen ist es wichtig, dass wir uns jetzt in den nächsten Jahren dort aktiv einbringen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)