Skip to main content

Michael Stübgen: Wir haben eine eindeutige Rechtssprechung

Rede zur Rechtskonformität der Euro-Stabilisierung

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich will mich auf den Text des Antrages der AfD beziehen, der ja so daherkommt, dass man, wenn man ihn sich unvoreingenommen anschaut, glauben könnte, es werde die Sorge zum Ausdruck gebracht, dass in bestimmten Bereichen, zum Beispiel bei diesen QE-Programmen der Europäischen Zentralbank, Rechtsbruch begangen werde bzw. die Verträge nicht eingehalten würden und damit gegen die deutsche Verfassung gehandelt werde.

(Zuruf von der AfD: Genau!)

Ich werde Ihnen in den wenigen Minuten, die ich habe, nachweisen, dass das überhaupt nicht Ihr Anliegen ist; denn ansonsten hätten Sie den Antrag anders formuliert und anders begründet.

Sie unterstellen in Ihrem Antrag, dass es überhaupt keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu Ankaufprogrammen der Europäischen Zentralbank gibt. Das ist aber nicht der Fall. Ich weiß nicht, ob Sie es nur nicht wissen; ich vermute, Sie nennen diese bewusst nicht. Somit muss ich da ein bisschen ausgreifen.

Im Jahr 2012 hat die Europäische Zentralbank auf dem kritischen Höhepunkt der Euro-Krise ein Programm veröffentlicht, das sogenannte OMT-Programm, und angekündigt, dass sie unmittelbar Staatsanleihen von einem Euro-Land aufkaufen wird, wenn es zu massiver singulärer Spekulation gegen ein einzelnes Euro-Land kommen sollte. Dieses OMT-Programm ist beklagt und vom Bundesverfassungsgericht aufgegriffen worden. Das Bundesverfassungsgericht hat in der Tat einen hochkritischen Vorlagebeschluss an den Europäischen Gerichtshof gegeben. Der Europäische Gerichtshof hat letztinstanzlich als der zuständige Gerichtshof entschieden: Anleihekäufe der EZB sind unter besonderen Bedingungen eingeschränkt möglich. – Daraufhin hat das Verfassungsgericht im Jahr 2016 festgestellt, dass es sowohl nach Europarecht vertragsrechtlich möglich ist als auch nach dem deutschen Grundgesetz. Das heißt, wir haben eine eindeutige Rechtsprechung, dass es möglich ist. Ich rede aber nicht davon, ob das jetzt richtig oder gut ist bzw. wie das politisch zu bewerten ist, sondern nur davon, dass es möglich ist.

In Ihrem Antrag gehen Sie aber sehr stark auf die QE-Aufkaufprogramme der EZB ein. In der Tat, sie sind nicht völlig identisch mit den OMT-Programmen, obwohl es sich dabei auch um Anleiheankaufprogramme handelt. Das gilt gerade auch hinsichtlich der Masse der Ankäufe. Immerhin sind wir da schon im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt in sehr hohen Größenordnungen. Aber auch hier verschweigen Sie, dass es dazu längst ein Verfahren gibt. Das heißt, die europäische Rechtsunion funktioniert. Auch hier hat das Bundesverfassungsgericht vor wenigen Monaten einen Vorlagebeschluss an den Europäischen Gerichtshof gegeben. Es ist so, dass auch das Bundesverfassungsgericht hier kritische Anmerkungen hat – zu Recht. Es handelt sich um die dritte Instanz; die können das so machen. Wir werden auch hier in überschaubarer Zeit eine klare Rechtsprechung vonseiten des EuGH und des Bundesverfassungsgerichts haben.

Das heißt, das, was Sie hier fordern, findet längst statt. Warum fordern Sie also, dass die Bundesregierung jetzt noch zusätzlich klagen soll? Ihr Ziel besteht doch ausschließlich darin, zu versuchen, Menschen, die besorgt, die beunruhigt sind – deren Besorgnis verstehe ich – ob der Euro-Rettungspolitik und der Summen in Höhe von vielen Hundertmilliarden Euro, die im Raume stehen,

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Und des Nullzinses!)

in Panik zu versetzen in der Hoffnung, billig Stimmen zu bekommen und Stimmung für Ihre Politik gegen Europa, gegen Deutschland, gegen das Bundesverfassungsgericht und gegen den Europäischen Gerichtshof zu machen.

(Beatrix von Storch [AfD]: Gegen Rechtsbruch!)

Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Deswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)