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Michael Kuffer: Meinungsfreiheit nicht nur Freibrief, sondern auch Verpflichtung andere Meinungen auszuhalten

Rede in der Aktuellen Stunde zur Stärkung der Demonstrationsrechte von Frauen

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Brandner, Sie gehen in Zukunft im Fasching als demonstrierende Frauenrechtlerin. Und wir sind in dieser Debatte wieder bei den großen Skandalen der Republik angelangt.

Dass wir uns mit dem Schutz von Frauen vor körperlicher und psychischer Gewalt beschäftigen, ist eigentlich gut und wichtig. Dass wir es aus Anlass eines solchen wechselseitigen Kaspertheaters tun wie am vergangenen Samstag, ist bedauerlich. Es ist deshalb bedauerlich, weil es der Ernsthaftigkeit des Themas leider nicht gerecht werden kann.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD auf der einen Seite, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken und von den Grünen auf der anderen Seite, ich weiß nicht, ob Ihnen bewusst ist, dass Sie in dieser Sache von beiden Seiten eng und effektiv zusammengearbeitet haben.

(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schmarrn!)

Sie, liebe Kollegen von der AfD, haben wieder einmal ein ernstes Thema für Ihren Klamauk missbraucht, indem Sie vom Demonstrationsgrundrecht zwar formal im zulässigen Rahmen Gebrauch gemacht haben, es inhaltlich aber geradezu ad absurdum geführt haben.

(Lachen bei der AfD)

Das passt zu Ihrer Linie: Sie versemmeln jede Woche ein wichtiges Thema. Beim Thema Grenzkontrollen stolpern Sie über das Europarecht, leisten keinen Beitrag zu der an sich wichtigen Debatte. Beim Thema doppelte Staatsbürgerschaft übersehen Sie das Rückwirkungsverbot, stolpern wieder über Ihre eigenen Füße, veräppeln Ihre Wähler, leisten einen Beitrag von 0,0 zu einer wichtigen Debatte.

(Beifall des Abg. Philipp Amthor [CDU/CSU])

In dieser Woche machen Sie sich über die Frauenrechte her und ziehen auch dieses Thema wieder ins Lächerliche.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Wer sich nämlich die Mühe macht, in Ihrem Wahlprogramm nach frauenpolitischen Zielen und Maßnahmen zu suchen, ist schnell fertig. Es gibt nämlich keine. Sie haben ein Frauen- und Familienbild, wie es schon in den 50er-Jahren überholt war.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Ich darf in diesem Zusammenhang aus Ihrem Programm zitieren:

Das „Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend“ ist in ein „Bundesministerium für Familie und Bevölkerungsentwicklung“ umzuwandeln.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Mit anderen Worten: Frauen sollen für die AfD der Bevölkerungsentwicklung dienen. Das ist Ihr Frauenbild, liebe Kolleginnen und Kollegen. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ja, das Grundrecht der Meinungsfreiheit erlaubt es einem auch, sich lächerlich zu machen. Da können Sie von der AfD wirklich froh sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken und den Grünen, Sie haben in Ihren Reihen jene Personen, die die notwendigen Unterstützungshandlungen dafür geleistet haben, dass diese Schauspielerei der AfD eine Bühne bekommt und dass aus einer Randnotiz erst ein Event geworden ist. Auch dazu herzlichen Glückwunsch!

(Kersten Steinke [DIE LINKE]: Es wäre schön gewesen, wenn Sie auch dabei gewesen wären!)

Es ist – das sage ich noch einmal zur Erinnerung, ohne dass ich annehme, dass es irgendetwas bewirkt –, nicht Aufgabe einzelner Demonstranten bzw. Gegendemons­tranten, darüber zu befinden, ob eine Demonstration aufzulösen ist oder nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat doch die Polizei entschieden!)

Es ist die Aufgabe der Behörden, es ist die Aufgabe der Polizei. Die brauchen dabei von Ihnen keine Nachhilfe.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich sage Ihnen noch etwas zur Meinungsfreiheit. Sie ist nicht nur ein Freibrief, selbst loszuquatschen; sie ist auch Verpflichtung dazu, andere Meinungen auszuhalten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und der FDP)

Liebe Kollegen von der Linken und von den Grünen, Sie müssen da eine klarere Trennlinie ziehen.

(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Habe ich doch!)

Dass Ihre beiden Parteien eine gefährliche Nähe und Verbundenheit zu linksautonomen Kreisen pflegen, konnten wir nicht erst bei den Ausschreitungen rund um den G‑20-Gipfel in Hamburg beobachten. Auch das muss aufhören.

(Beifall bei der CDU/CSU, der AfD und der FDP)

Schade, dass die eigentlichen Ziele, um die es geht, nämlich die Sicherheit im öffentlichen Raum und die Sicherheit von Frauen vor Übergriffen, in der Debatte in den Hintergrund getreten sind – gut, dass sich die Union trotzdem um diese Themen kümmert! Wir haben einen massiven Stellenaufwuchs bei der Bundespolizei ab 2015 beschlossen. Wir haben als CSU den Bürgerinnen und Bürgern eine Sicherheitsgarantie gegeben, die wir mit der Durchsetzung der Forderung nach 15 000 neuen Stellen bei den Sicherheitsbehörden einlösen.

(Zuruf von der AfD: Zum Thema!)

Sie wissen, dass wir uns hier in den Koalitionsverhandlungen eins zu eins durchgesetzt haben. Wir haben das Sexualstrafrecht verschärft, um sexuelle Übergriffe auf Frauen wirkungsvoller zu bestrafen.

Sie können sich weiterhin mit Schaufensterpolitik beschäftigen. Wir kümmern uns um die Themen. Sie können Ihre Zeit dafür investieren, sich bei diesen Themen lächerlich zu machen. Wir setzen sie anders ein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)