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Michael Kuffer: Die Glaubwürdigkeit der nuklearen Abschreckung darf nicht gefährdet werden

Dem Atomwaffenverbotsvertrag beitreten – Atomwaffen abziehen

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn der vorliegende Antrag der Linken sein Thema gedanklich nicht in dem nötigen Umfang durchdringt,

(Lachen der Abg. Christine Buchholz [DIE LINKE])

wichtige Abwägungen nicht vollzieht, sprachlich und inhaltlich über weite Strecken leider auch die Ebene des Populistischen nicht zu verlassen vermag,

(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Vielen Dank, Herr Oberlehrer! Das ist doch billig!)

hat er doch einen positiven Aspekt: Der Antrag gibt diesem neugewählten Deutschen Bundestag erneut Gelegenheit, der unbestrittenen Dramatik der Atomwaffenpotenziale ins Auge zu sehen, was immer wieder notwendig ist; denn an eine existenzielle Herausforderung wie diese kann man sich einfach nicht gewöhnen.

Allein die Möglichkeit der totalen Zerstörung unserer Welt, allein das Vorhandensein der technischen Mittel für den Untergang muss jene heilsame Art der Angst wachhalten, die weder zu Lethargie noch zu Panik führt. Da sich der Deutsche Bundestag für diese Legislaturperiode vorgenommen hat, zentrale Themen der Politik aus eigenem Antrieb zu behandeln und weniger abzuwarten, was ihm die Regierung zur Beschlussfassung anbietet, passt der vorliegende Antrag zumindest insoweit zu diesem Ansatz.

Umso bedauerlicher, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es, dass der Antrag unseren Verfassungsauftrag, nämlich die Sicherheit unserer Bürger zu gewährleisten, leider vollständig ausblendet.

(Christine Buchholz [DIE LINKE]: So ein Quatsch! Im Gegenteil! Fragen Sie mal die Nachbarn! – Weitere Zurufe von der LINKEN)

Die bekannte Wahrheit, dass einfache Dinge polar, schwierigere ambivalent und die schwierigsten paradox sind, zeigt sich auch hier: Die nukleare Abschreckung hat den Frieden erhalten und nicht gefährdet. Das ist keine bloße Behauptung, sondern das ist ein seit Beginn des Kalten Krieges bis heute für jedermann ersichtlicher Sachverhalt.

Was die Semantik betrifft, hat die Linke in ihren Anträgen seit Jahren ohnehin ein seltsames Verständnis des Wortes „Frieden“, und in diesem Verständnis liegt eine gewisse historische Kontinuität bis hinein ins Absurde insofern, als es beispielsweise ihrer Vorgängerpartei gelungen ist, die Berliner Mauer als „Friedenswall“ zu bezeichnen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das war die Vorvorvorvorvorgängerpartei!)

– Das waren Ihre Vorgänger.

Wenn also – und ich kehre zu meinem Gedanken zurück – die nukleare Abschreckung den Frieden erhalten hat, darf auch in unserer Zeit – darum geht es jetzt – die Glaubwürdigkeit der nuklearen Abschreckung nicht gefährdet werden, und es darf bei der nuklearen Teilhabe der Allianzmitglieder keine nationalen Alleingänge geben.

(Beifall des Abg. Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU])

Der Bundestag wäre schlecht beraten, den Doppelansatz aus nuklearer Abrüstung und nuklearer Abschreckung aufzugeben;

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

dies, liebe Kolleginnen und Kollegen, wäre aber die Konsequenz dieses Antrags, der uns von den Nuklearwaffenstaaten der NATO isolieren würde, die wie alle anderen Nuklearwaffenstaaten weltweit – das ist in der Debatte zu Recht angesprochen worden – den Vertragstext ablehnen.

Es müsste auf den ersten Blick eigentlich für jeden ersichtlich sein, dass ein Vertrag ohne die entscheidenden Atomwaffenstaaten

(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Die waren eingeladen! Die haben verweigert!)

und die diesbezüglichen Schwellenstaaten schlicht sinnlos ist. Es bliebe eine rein moralisierende Deklaration, mit deren Übernahme wir eine politische Spaltung der NATO herbeiführen und damit unseren Sicherheitsinteressen deutlich zuwiderhandeln würden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Denjenigen, die uns schützen sollen, einen neuen deutschen Moralimperialismus um die Ohren zu schlagen, ist keine gute Idee. Die Annahme des Antrags wäre deshalb nicht nur schlecht, sondern verhängnisvoll, und die Mehrheit des Hauses weiß, warum sie ihn ablehnen wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)