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Marian Wendt: "Wir schützen unser Land vor Überforderung bei der Integration von Ausländern"

Rede zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte beschäftigt alle Bundestagsfraktionen. Neben dem vorliegenden Gesetzentwurf der Union haben FDP, Grüne, AfD und Die Linke Vorlagen eingebracht. Wie weit die beiden extremen Lösungsvorschläge bezüglich des Familiennachzugs auseinanderliegen, sehen wir anhand des AfD-Gesetzentwurfs und der diametral entgegengesetzten Anträge von Grünen und Linken. Leider können Linke und Grüne ihre ideologischen Scheuklappen nicht überwinden und wärmen ihre Mantras von vor zwei Jahren wieder auf. In ihrem Antrag sind sich die Grünen nicht zu schade, ihre sonst angeborene Kirchenferne abzulegen und sogar den katholischen Kardinal Marx zu bemühen. Aus meiner Sicht hat die FDP-Fraktion einen Gesetzentwurf mit Augenmaß vorgelegt und argumentiert sehr verdienstvoll. Großes Lob von mir an dieser Stelle!

(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Stephan Thomae [FDP]: Zustimmen!)

Über die erwähnten Vorlagen beraten wir aber erst in der morgigen Debatte. Heute liegt uns der Gesetzentwurf der AfD vor. Schon in der ersten Zeile entpuppt sich der AfD-Text als eine populistische Aktion und pure Provokation. Wie bisher sind Sie von der AfD auch heute weder an einer sachlichen Debatte noch an einer fairen und pragmatischen Lösung interessiert. Sie sind auf Konfrontation eingestellt und meinen, mit Ihrem Text die Bundesregierung bloßstellen zu können. Nicht der vermeintliche „Kontrollverlust über die deutschen Grenzen“ war der Grund für den enormen Flüchtlingszustrom, sondern vor allem die angespannte Lage in den Herkunftsländern; diese gilt es zu betrachten. Das ergibt sich schon aus dem zeitlichen Ablauf des Jahres 2015. Hinzu kamen die mangelhafte Sicherung der EU-Außengrenzen sowie die fehlende Solidarität und Kooperationsbereitschaft der europäischen Partner; dies wurde schon mehrfach bemängelt. Die Konsequenzen haben wir in Deutschland gezogen. Kontrolle über die Binnengrenzen und Schleierfahndung im Innern sind unsere Antworten gewesen.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Ihr Gesetzentwurf ist vor allem polemisch. Er bedient Klischees und will alte Ängste wiedererwecken. Die AfD wähnt, mit ihrem Vorstoß ein angebliches Unrecht und politische Fehler zu beseitigen. Dabei ist Ihr Vorschlag keine tragfähige Lösung. Sie nehmen sich der komplizierten und kontroversen rechtlichen Materie erst gar nicht an. Sie schreiben so, als ob es nicht um das Schicksal von Menschen ginge, die durch Krieg und Zerstörung vertrieben sind. Sie machen es sich aus meiner Sicht zu leicht. Ihr Gesetzentwurf vermittelt Ihr einziges Anliegen: Bloß niemanden hereinlassen, nicht einmal diejenigen, die wirklich Hilfe brauchen! – Alle Dimensionen von Flucht und Vertreibung, von Grundgesetz und Menschenrechten blenden Sie aus. Das ist nicht vernünftig und schadet aus meiner Sicht dem Ansehen Deutschlands.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Wo steht das in unserem Gesetzentwurf?)

Mit keinem Wort erwähnen Sie den selbstverständlichen Umstand, dass Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz des Staates und der deutschen Verfassung in Artikel 6 stehen. Ein pauschaler Wegfall des Familiennachzugs ohne jegliche Ausnahmen für etwaige Härtefälle ist ein schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte. Das ist verfassungsrechtlich nicht unproblematisch und daher aus meiner Sicht nicht gerichtsfest. Wir stehen heute nicht auf Marktplätzen, sondern im Plenum des Hohen Hauses und sollten vor allem juristisch sauber arbeiten. Die Würde des Menschen müssen wir im Kontext von Integrationsfähigkeit und Hilfsbereitschaft sehen.

Sie legen einen Schaufensterentwurf vor und denken, dass Sie damit durchkommen. Dabei reicht eine bloß restriktive Gesetzgebung nach dem Motto „Wir lassen einfach niemanden herein, Augen zu“ nicht aus. Sie stilisieren sich zu den einzigen und wahren Befürwortern der Reduzierung der Migration. Dabei hat die vergangene Legislaturperiode gezeigt: Die Union ist die einzige konsequente und authentische Verfechterin von Ordnung und Steuerung der Zuwanderung.

(Lachen bei der AfD – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Das glauben Sie doch selber nicht!)

Für eine kluge Regelung zur Aussetzung des Familiennachzugs für Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus hat sich die Union schon eingesetzt, bevor es die AfD im Deutschen Bundestag gab und sie das politische Geschäft kennenlernte. So hat etwa mehrmals Bundesinnenminister Thomas de Maizière entsprechende Vorschläge zuletzt im Sommer vergangenen Jahres unterbreitet.

Nicht Sie, sondern wir haben die Krise gemanagt und entscheidend zu den geringeren Flüchtlingszahlen beigetragen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei der AfD)

Es ist nicht Ihr, sondern unser Verdienst, dass wir im letzten Jahr nur knapp 187 000 Asylsuchende hatten und nicht mehr 890 000 wie im Jahr 2015. Wir haben ordentliche Bedingungen für die Arbeit des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge geschaffen, das eine zügige Bearbeitung von Asylbescheiden nun gewährleistet. Die intensive Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Amtes verdient hier unseren Respekt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Wir haben in den vergangenen Jahren staatsmännisch gehandelt und tun es auch heute mit dem Gesetzentwurf, den wir morgen beraten werden. Der Familiennachzug bleibt bis zum Inkrafttreten der in den Sondierungen vereinbarten Regelungen, die bis zum 31. Juli 2018 verabschiedet werden sollen, ausgesetzt, und das – auch nach dem Gesetzentwurf – ohne Frist.

Meine Damen und Herren, unser Gesetzentwurf, den wir morgen beraten werden, ist aus meiner Sicht die beste Antwort auf die Herausforderungen durch Asylzuwanderung. Unterstützen Sie morgen unseren Vorschlag; denn wir halten Maß und Mitte und schützen unser Land vor Überforderung bei der Integration von Ausländern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der AfD)