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Lothar Riebsamen: ie Pflege wird auch in der neuen Legislaturperiode ein Topthema sein

Rede zum Sofortprogramm für mehr Personal in der Altenpflege

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! So viel zeichnet sich bei dieser Debatte heute ab – auch die Diskussionen um die Sondierungsgespräche der letzten Wochen und Monate haben es gezeigt –: Die Pflege wird auch in der neuen Legislaturperiode ein Topthema sein. Das ist auch notwendig. Wir stehen damit in der Kontinuität der letzten Legislaturperiode, in der die Pflege bereits einen breiten Raum eingenommen hat. Es wurde heute schon von verschiedenen Rednern zur Sprache gebracht: Wir haben in den Krankenhausbereich ganz wichtige Momente eingebracht, etwa die Einführung des Pflegezuschlags und den Einstieg in den Tarifausgleich.

Aber eines muss klar sein – um es einmal in der Fußballsprache zu sagen –: Geld allein schießt noch keine Tore. Geld ins Schaufenster zu stellen, schafft möglicherweise Stellen in den Altenheimen und in den Krankenhäusern, aber noch nicht die Menschen, die diese Stellen auch tatsächlich besetzen können. Wir wissen doch, dass an die 10 000 Stellen in den Krankenhäusern zwar ausgeschrieben sind, aber nicht besetzt werden können, dass über die Hälfte der Abteilungen in der Neonatologie schon seit Jahren Stellen nicht besetzen können. Davor dürfen wir die Augen nicht verschließen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, Sie haben recht große Zahlen ins Schaufenster gestellt: Sie fordern ein Sofortprogramm in Höhe von 1,3 Milliarden Euro, durch das etwa 25 000 zusätzliche Pflegekraftstellen ermöglicht werden. Aber ich hätte schon erwartet, dass man ein paar Sätze dazu schreibt, aus denen hervorgeht, woher die Menschen kommen sollen, die diese Stellen ausfüllen.

(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Habe ich doch gesagt!)

Dass es keinen Königsweg gibt, das wissen wir beide. Aber ein paar Sätze dazu hätten Sie doch verlieren können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dann komme ich noch zu dem wichtigsten Thema überhaupt: Auf der einen Seite gilt es, die Attraktivität des Pflegeberufs zu steigern, damit wir genug Menschen finden, die ihn ausüben wollen; auf der anderen Seite gilt es, die Effizienz der vorhandenen Pflegekräfte zu verbessern.

Meine Damen und Herren, natürlich ist es wichtig, dass die Pflegekräfte in ganz Deutschland gleichermaßen gut bezahlt werden. Ich denke an alle in allen Bundesländern in der Altenpflege und in der Krankenpflege Tätigen. Hier mangelt es. Um diesen Mangel zu beheben, brauchen wir den kompletten Tarifausgleich. Dieser sollte insbesondere dem Pflegepersonal zugutekommen.

Aber wir müssen uns auch die Effizienz anschauen. Wir vergleichen uns – das ist auch richtig so – mit der OECD, wenn es darum geht: Wie ist die Proportion zwischen Pflegekräften und Patienten? Da stehen wir nicht besonders gut da; das wissen wir. Auf der anderen Seite ist es so, dass wir in Deutschland 13,5 Pflegekräfte pro 10 000 Einwohner haben. Im Durchschnitt sind es in den OECD-Ländern gerade einmal 9 Pflegekräfte pro 10 000 Einwohner. Es gibt nur vier Länder, die mehr Pflegekräfte pro 10 000 Einwohner haben: die Schweiz, Island, Dänemark, Norwegen. Das sind die vier Länder, die einen besseren Durchschnitt als wir haben.

Aber selbst bei den Ländern, die nicht so viele Pflegekräfte wie wir haben, ist die Relation zwischen Krankenpflege und Patienten manchmal besser. Der Frage „Woher kommt das?“ müssen wir nachgehen. Natürlich spielt dabei das Thema „Bürokratie in Deutschland“ eine Rolle. Es geht an dieser Stelle durch Bürokratie zu viel Manpower – oder Womanpower – verloren. Ich nenne das Stichwort „Digitalisierung“, ich nenne das Stichwort „elektronische Patientenakte“, und ich nenne auch das Stichwort „Fehlsteuerung zwischen ambulant und stationär“. Auch die Notfallversorgung gehört dazu; denn allzu viele Menschen landen im stationären Bereich, weil bei der Honorierung leider falsche Anreize gesetzt werden. Auch das müssen wir uns anschauen.

Ein letzter Gedanke – meine Redezeit ist schon abgelaufen –: Stärkung der ambulanten Pflege der Angehörigen. Wir haben Geld gegeben, um die Dauer der Kurzzeitpflege zu verdoppeln; das ist gut. Aber wir haben zu wenige Kurzzeitpflegeplätze in Deutschland. Deswegen ist es wichtig, dass wir in den Sondierungsgesprächen auch dieses Thema aufgenommen haben. Es liegt mir sehr am Herzen, dass den Menschen jetzt die Möglichkeit gegeben wird, die bereitgestellten Mittel einzusetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, die Union setzt auf Pflege, auch in der kommenden Legislaturperiode. Ich bin sicher, dass wir, wenn wir an einem Strang ziehen, auch zu deutlichen Verbesserungen kommen.

Herzlichen Dank. Ihnen ein schönes Wochenende!

(Beifall bei der CDU/CSU)