Skip to main content

Jürgen Hardt: Ein solches Amt ist sinnvoll und richtig

Rede zu einem Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was wir heute hier vornehmen, ist die Errichtung der ersten und vermutlich einzigen Bundesoberbehörde des Auswärtigen Amtes seit 150 Jahren.

Es hat eine Reihe von Ministerien gegeben, die diesen Weg der Ausgliederung von nichtministeriellen Aufgaben aus dem Ministerium in den letzten Jahren bereits gegangen sind. Ich kann mich zum Beispiel noch sehr gut an den Prozess erinnern, den Thomas de Maizière vorgenommen hat mit der deutlichen Verkleinerung des Verteidigungsministeriums, mit der entsprechenden Neuordnung der Bundesoberbehörden und der Auslagerung von Stellen.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Ist auch in die Hose gegangen!)

Das Finanzministerium und das Justizministerium haben ähnliche Schritte unternommen. Im Justizministerium wurde auch ein neues Amt geschaffen, wenn ich es richtig in Erinnerung habe. Das ist der richtige Weg.

Im Übrigen: Bei aller Kritik, die der Rechnungshof im Einzelnen hatte an der doch sehr beschleunigten Art und Weise, wie das Gesetz erarbeitet wurde, hat er gesagt: Es gibt auch aus Sicht des Rechnungshofs keinen Zweifel daran, dass ein solches Amt sinnvoll und richtig ist. – Deswegen war es für uns in der Koalition klar, dass wir diesen Weg konstruktiv und kritisch begleiten.

Wir haben eine ganze Reihe von Aufgaben im Auswärtigen Amt, die vielleicht besser in einer solchen Bundesoberbehörde von dauerhaft für diese Aufgaben tätigen Spezialisten wahrgenommen werden und nicht von den Diplomaten, die im Übrigen ähnlich wie Soldaten rotieren. Die Diplomaten werden in ihrer Ausbildung so vorbereitet, dass sie unterschiedlichste Dienstposten im In- und Ausland wahrnehmen können. Viele von denen werden vielleicht auch eines Tages Funktionen in diesem neuen Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten übernehmen. Aber diejenigen, die dort an den Spezialaufgaben arbeiten, werden sich sicherlich auf den Dienstposten über viele Jahre spezialisieren können, und das ist der große Vorteil.

Ich werde auch einige Punkte ansprechen, die Frau Hendricks angesprochen hat. Ich glaube, dass wir bald mehr als 3 Millionen Visaanträge bearbeiten müssen, wenn das Fachkräfteeinwanderungsgesetz tatsächlich greift. Das kann nur durch einen neu aufgesetzten, stark digitalisierten Prozess erfolgen, der in diesem neuen Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten geleistet werden muss.

Wir haben eine Versiebzehnfachung der humanitären Hilfe in den letzten zehn Jahren beschlossen. Die Mittel, die wir dort verausgaben, müssen natürlich auch ordnungsgemäß abgewickelt werden. Es muss geguckt werden, dass sie in die richtigen Hände kommen. Gerade bei der Fülle der Aufgaben ist das eine Tätigkeit, die ein solches Amt sicher besser übernehmen kann als das Ministerium selbst. Das Gleiche gilt für die Mittel in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik.

Ich finde die Leistung des Auswärtigen Amtes ganz enorm, 230 000 deutsche Staatsbürger – Herr Friesen, 230 000 deutsche Staatsbürger sind es! – aus dem Ausland zurückgeholt zu haben jetzt in der Coronakrise. Das war eine hervorragende Leistung. Aber auch für derartige Spezialaufgaben ist ein solches Amt natürlich im Zweifel wie geschaffen.

Bei der Schaffung des Amtes war uns wichtig – das hat dazu geführt, dass wir innerhalb der Koalition, die Haushälter und Außenpolitiker, intensive Gespräche geführt haben: mit dem Minister persönlich, mit der zuständigen Staatssekretärin –: Wenn dieses neue Amt geschaffen wird und es die Vereinbarung gibt, dass damit die neuen Länder gestärkt werden sollen, dann muss es auch eine Stärkung der neuen Länder geben.

Brandenburg an der Havel ist sicherlich ein geeigneter Standort. Aber wenn im Gesetzentwurf der Bundesregierung steht: „Dienstsitz ist Brandenburg und Berlin“, dann hatte ich den Verdacht, der Zweitschreibtisch am Werderschen Markt ist vielleicht für den einen oder anderen Mitarbeiter höchst erstrebenswert. Es sind genau 46 Minuten mit dem Regionalexpress 1 vom Berliner Hauptbahnhof zum Brandenburger Hauptbahnhof.

(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Aha!)

Deswegen sagen wir: Brandenburg an der Havel ist der einzige und Hauptsitz dieses Amtes. Natürlich wird es Außenstellen geben. Der Minister hat auch uns klar zugesagt, dass die Einhaltung des Berlin/Bonn-Gesetzes durch diese Bundesoberbehörde nicht gefährdet wird. Es gibt eine Reihe von Dienstposten – Kollegin Hendricks hat darauf hingewiesen –, die an der Rheinschiene angesiedelt sind: Bundesverwaltungsamt in Köln und auch andere Stellen in Bonn. Möglicherweise gibt es auch Dienststellen des Bundesamtes für Auswärtige Angelegenheiten in Bonn. Wir glauben, dass das gut vereinbar ist mit den Ansprüchen des Berlin/Bonn-Gesetzes und mit dem Ziel der Stärkung der neuen Länder.

Dann haben wir gesagt: Das mit der Aufbauzulage haben wir verstanden. – Aufgrund des Rotationsprinzips im Auswärtigen Dienst passen andere Zulagen da nicht so genau. Aber wir sind schon der Meinung: Nach fünf Jahren sollte das vorbei sein. – Wenn nach fünf Jahren in irgendeiner Art und Weise die Arbeit in diesem Amt besonders honoriert werden sollte, dann, finden wir, soll das nur mit Zustimmung des Haushaltsausschusses und des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages erfolgen. Deswegen ist in dem Gesetz ein Prüfvermerk enthalten.

Ich glaube, dass die Beschäftigten des Auswärtigen Amtes damit gut leben können. Ich hatte den Eindruck, dass es bei der Verlagerung der Führungsstäbe der einzelnen Teilstreitkräfte der Bundeswehr in andere Regionen – zum Beispiel der Führungsstab der Marine nach Rostock – keine besondere Zulage- und Ausgleichsregelung gab. Ich glaube, auch der Personalrat des Auswärtigen Amtes kann stolz darauf sein, was er hier erreicht hat.

Ich glaube, dass wir mit dieser neuen Bundesoberbehörde die Schlagkraft des Auswärtigen Amtes erhöhen. Wir werden immer unsere großzügige Bereitschaft, diese Institution zu schaffen und gegebenenfalls mit Stellen – vielleicht auch mit zusätzlichen Stellen – auszustatten, immer dann zur Sprache bringen, wenn wir erleben, dass die Bearbeitung von Visaanträgen zu lange dauert, indem wir sagen: Wir haben euch doch extra das Amt geschaffen. Jetzt muss es ja eigentlich in den nächsten Jahren ein bisschen besser werden. – Das wäre mein großer Wunsch.

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den Unterschied muss man dann merken!)

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Doris Barnett [SPD])