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Jürgen Hardt: Deutschland will sich verantwortlich an der Schaffung einer besseren Welt beteiligen

Rede zum Bundeswehreinsatz gegen die Terrororganisation IS

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich, bevor ich konkret zu diesem Mandat spreche, etwas voranschicken, was für alle sieben Mandate gilt, die wir heute und morgen beraten: Die CDU/CSU-Fraktion wird allen sieben Mandaten zustimmen. Wir haben entschieden, dass sich Deutschland verantwortlich an der Schaffung einer besseren Welt beteiligen will. Aber wir haben uns auch entschieden, dass wir dies nicht in nationalen Alleingängen tun, sondern gemeinsam mit Partnern in Strukturen, in denen unser Einsatz von Partnern unterstützt wird und die wir durch unseren Einsatz tragen. Allein diese Einbindung fordert von uns Verlässlichkeit, die wir verletzen würden, wenn wir jetzt eines dieser Mandate Hals über Kopf verlassen würden. Es gibt kein Mandat, an dem wir beteiligt sind, bei dem nicht andere Nationen, bei dem nicht andere Soldatinnen und Soldaten von unserer Arbeit, von unserer Verlässlichkeit abhängen. Allein das ist, wie ich finde, ein ganz wichtiges Argument; Alexander Graf Lambsdorff hat auch darauf hingewiesen. Deswegen gibt es überhaupt keinen Zweifel für mich, diese sieben Mandate zu verlängern.

Alle sieben Mandate erfüllen wichtige Voraussetzungen, die vielleicht auch für jemanden, der sich bisher nicht so intensiv damit befasst hat, relevant sind, wenn er diesen Mandaten zustimmen will: Erstens. Es muss eine klare völkerrechtliche Grundlage geben. Zweitens. Das militärische Engagement muss einen Beitrag leisten können zur Lösung oder Entschärfung des Problems. Drittens. Die Bundeswehr muss ihrerseits diese Fähigkeiten bereitstellen können. – Wenn diese drei Voraussetzungen erfüllt sind – das ist bei allen sieben Mandaten gegeben –, dann kann der Deutsche Bundestag mit Blick auf seine Verantwortung in der Völkergemeinschaft aus meiner Sicht nicht beiseitestehen.

Wir haben gegenwärtig 3 721 Soldaten im Einsatz. Es waren unter der rot-grünen Bundesregierung einmal über 10 000. Das heißt: Wir gehen sehr verantwortungsvoll mit diesem Instrument um. Und wir haben offensichtlich auch Erfolg gehabt: Wir haben in den letzten Jahren Einsätze erfolgreich beenden können. Auch die Einsätze, über die wir heute hier reden, sind erfolgreich.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Herr Kollege Hardt, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Neu?

Jürgen Hardt (CDU/CSU):

Ja.

Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE):

Herr Kollege Hardt, leider ist jetzt kein Redner der Regierung am Pult, deshalb muss ich Sie mit der Frage konfrontieren. Sie haben soeben einige Kriterien aufgeführt, anhand derer man einem Auslandseinsatz zustimmt. Ein Kriterium ist für mich immer die Frage nach den Opfern. Wie viele zivile Opfer bringt ein solcher Einsatz mit sich? Die Linke hat vor geraumer Zeit eine Kleine Anfrage bezüglich der Opfer in Syrien und im Irak gestellt. Die Antwort der Bundesregierung war, sie hätte keine Informationen. Ich habe das dann konkretisiert, und Herr Staatssekretär Dr. Brauksiepe hat dann genau das Gegenteil gesagt. Er hat gesagt, es gibt im Rahmen der sogenannten Wirkungsanalyse auch in Syrien und im Irak natürlich Aufklärung auch über Opfer und Schäden. Die Frage ist: Kennen Sie die Daten, wie viele zivile Opfer in Syrien und im Irak zu verzeichnen sind? Wenn Sie sie nicht kennen: Warum kennen Sie sie nicht? Denn sie sind abrufbar in einer Datenbank, zu der auch die Bundesregierung Zugang hat.

Jürgen Hardt (CDU/CSU):

Lieber Kollege Neu, ich glaube, dass keine Nation so sorgfältig mit den Verantwortungen des Kriegsvölkerrechtes umgeht wie wir, das heißt, Abwägung zwischen den eingesetzten Mitteln im Verhältnis zu dem voraussichtlichen Erfolg des Einsatzes dieser militärischen Mittel und den Risiken, die sie mit sich bringen. Ich glaube, dass wir im Deutschen Bundestag in den letzten acht Jahren, in denen ich diesem Hohen Haus angehöre, viel Zeit darauf verwendet haben, genau zu klären, dass die deutsche Bundeswehr und unsere Verbündeten diese sorgfältige Abwägung stets treffen. Deswegen glaube ich, dass wir bei allem, was wir tun, insbesondere bei diesem Anti-IS-Einsatz, bei der Auswertung des Bildmaterials usw., diese Sorgfalt in hohem Maße walten lassen.

Ich glaube, dass in einem Kriegsgebiet die Unterscheidung zwischen militärischen und zivilen Opfern schwierig ist und dass es wahrscheinlich nicht vermeidbar ist, dass es Folgen von Militäreinsätzen gibt, die Unschuldige und Unbeteiligte treffen. Ich glaube aber, dass es die Bundeswehr aufgrund der Aufklärungsmittel, die wir haben, in einem hohen Maße schafft, genau solche ungewollten Wirkungen von Einsätzen zu vermeiden.

(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Sie kennen nicht die Zahlen?)

Ich möchte zum IS-Einsatz Folgendes vortragen: Der IS ist durch den gemeinsamen Einsatz der Völkergemeinschaft erheblich in Bedrängnis geraten. Er ist noch nicht besiegt, aber er ist in weiten Teilen zurückgedrängt. Er verliert auch seinen Glanz für diejenigen fehlgeleiteten Menschen in Europa und anderswo, die sich von einem aufstrebenden IS haben faszinieren und einbinden lassen und die ihm auf den Leim gegangen sind und seiner Ideologie anhängen. Ich glaube, die Wirkung, dass der IS in Europa junge Menschen, junge Männer und Frauen, verführt und für seine radikalen islamistischen Ziele gewinnen kann, ist durch die Zurückdrängung des IS auch ein Stück weit zurückgegangen. Wir haben leider nach wie vor terroristische Anschläge in Europa. Wir haben in der nächsten Woche den Gedenktag zum einjährigen Gedenken an den Anschlag in Berlin. Ich glaube aber, dass unser Einsatz einen Beitrag dazu leistet, dass die Zahl der jungen Menschen in unserem Lande, die möglicherweise vom IS verführbar sind, entsprechend abnimmt.

Ich möchte zum Schluss noch einen Satz zur Bedeutung unseres Einsatzes in der Völkergemeinschaft sagen. Ich bin beim Central Command in Tampa, Florida, gewesen, wo dieser Einsatz in weiten Teilen koordiniert wird. Dort arbeiten deutsche Soldatinnen und Soldaten an der Seite vieler Soldaten anderer Nationen. Sie haben mir hautnah berichtet, wie unser Beitrag zu diesem Einsatz von den anderen Nationen wertgeschätzt wird. Wir leisten Luftbetankung mit einer Hochwertfähigkeit, die auch in der NATO so nicht selbstverständlich ist für andere Nationen. Wir leisten eine hervorragende Aufklärungsarbeit. Wir sind bereit, auch weiterhin mit den AWACS-Flugzeugen über der Türkei und über internationalem Luftraum Luftbilder und Luftaufklärung für den Luftraum im IS-Gebiet zu leisten. Wir sind nach wie vor auch bereit, gegebenenfalls wieder Geleitschutz für einen zum Beispiel französischen Flugzeugträger in der Region zu leisten; eine Aufgabe, die von uns zurzeit nicht abverlangt wird.

Ich bin dafür, dass wir dieses erfolgreiche Mandat verlängern, und bitte Sie deshalb um Ihre Unterstützung.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)