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Jürgen Hardt: "Afrika hatte in den letzten 20 Jahren Wachstumsraten von durchschnittlich über 4 Prozent im Jahr"

Für eine umfassende Afrikapolitik im globalen Kontext

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir die Gelegenheit haben, uns im Rahmen dieser Vereinbarten Debatte dem Thema Afrika zu widmen.

Wir sprechen hier in diesem Plenum häufig über Afrika, aber in der Regel meist, wenn es um die entsprechenden Verlängerungen von Mandaten für Missionen der Vereinten Nationen oder der Europäischen Union in Afrika geht. Es ist eine gute Gelegenheit, heute den Blick etwas weiter zu wenden. Ich möchte an die Adresse einiger Kolleginnen und Kollegen, die vor mir gesprochen haben, eine Bitte äußern. Wir neigen häufig dazu, wenn wir über Afrika reden, zunächst die Probleme und Schwierigkeiten dieses Kontinentes zu beschreiben. Wenn wir mit afrikanischen Politikerkollegen, mit der Zivilgesellschaft zusammentreffen, werden wir immer wieder darauf hingewiesen, dass Afrika natürlich Probleme hat – vielleicht auch ein paar mehr Probleme als der Kontinent Europa –, aber dass es in Afrika natürlich auch ganz viel Sonne, Positives und Zuversicht gibt.

Afrika war in den 20 Jahren vor Ausbruch der Coronakrise ein Kontinent mit Wachstumsraten von durchschnittlich über 4 Prozent im Jahr. Angesichts der Bevölkerungsentwicklung ist das für die Menschen dort nicht direkt spürbar, aber man stelle sich einmal vor, wie es wäre, wenn wir dort nicht dieses deutliche Wachstum hätten. Wir sind in Afrika auch mit Blick auf die Bekämpfung von Armut und Hunger ein gutes Stück vorangekommen, aber noch lange nicht am Ziel. Wenn Sie die Zahlen über die Jahrzehnte hinweg miteinander vergleichen, dann ist das auf jeden Fall aller Anerkennung wert, auch gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, den Frauen und Männern in Afrika, die sich mit der teilweise auch ausländischen Hilfe darum bemühen, das in den Griff zu kriegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte deswegen auf einen wichtigen Aspekt der Zusammenarbeit, die sicherheitspolitische Zusammenarbeit, nicht näher eingehen. Es ist, glaube ich, in diesem Hause weitgehend unbestritten, dass Sicherheitsprobleme auf dem Kontinent Afrika sich unmittelbar bei uns negativ auswirken. Deswegen ist es gut, dass wir uns dort engagieren.

Auf die Sorge mancher Bürgerinnen und Bürger in Europa, dass das deutliche Bevölkerungswachstum in Afrika und die Entwicklung auf diesem Kontinent auch in Bezug auf die Migration eine Bedrohung für uns darstellt, können wir klar antworten, dass Afrika natürlich weit entfernt ist von dem absoluten Lebensstandard, den wir uns in der Europäischen Union erworben haben. Ich glaube aber, dass die allermeisten Menschen in der Welt, egal wo sie leben, patriotisch und heimatverbunden sind, ihr Land lieben, die Menschen lieben, die Sprache lieben, die Kultur lieben, in der sie leben, und dass sie keinesfalls auf die Idee kommen, ihr Land zu verlassen, zumindest nicht auf Dauer – vielleicht wegen einer Ausbildung oder guter Jobchancen, aber nicht im Herzen –, solange sie das Gefühl haben, dass es ihnen, ihren Kindern und ihren Enkelkindern eines Tages einmal besser gehen wird als ihnen und dass das, was sie jetzt in ihrem Land aufbauen, ihr Land in eine bessere Zukunft führt. Wenn wir diesen Impuls setzen, wenn wir den Kolleginnen und Kollegen in Afrika das Gefühl geben, dass wir an ihrer Seite stehen, die Situation in ihren Ländern Stück für Stück immer besser zu machen, damit ihre Kinder und Enkel eine bessere Zukunft, bessere Berufschancen, bessere Einkommenschancen haben, als sie das in der Vergangenheit vielleicht gehabt haben, dann, glaube ich, werden wir, gerade was die Migration angeht, die Probleme wirksam lösen können, vor allem, wenn wir dann auch noch verhindern, dass die politische Stabilität so ist, dass es keine ethnische Vertreibung und keinen Bürgerkrieg gibt.

Ich finde außerdem, dass wir gut daran tun – und diesen Weg beschreiten wir –, mit den innerafrikanischen Strukturen intensiv zusammenzuarbeiten und zu fördern, dass die Afrikanische Union, ECOWAS, die Entwicklungsgemeinschaft im südlichen Afrika und auch G 5 Sahel zusammen kooperieren und sagen: Wir in Afrika lösen die Herausforderungen, die wir haben, ein Stück weit selbst, wenn ihr uns dabei helft. – Ich würde mir wünschen – diese Idee können wir vielleicht einmal gemeinsam reflektieren –, dass auch wir Parlamentarier aus den europäischen Parlamenten – vielleicht gemeinsam mit den Franzosen, mit den Niederländern, mit den Belgiern – auf die Parlamente in den Staaten Afrikas zugehen und mit den Kolleginnen und Kollegen in diesen Parlamenten einen Dialog führen, der vielleicht nicht zu großen politischen Entscheidungen führt, aber wo wir uns austauschen und ein Stück unseres demokratischen parlamentarischen Selbstbewusstseins an die Abgeordneten in den Parlamenten in den demokratischen Staaten Afrikas weitergeben, um auf diese Weise ein Stück weit zu Good Governance beizutragen.

Ich hoffe, dass wir noch viel Gelegenheit haben werden, über Afrika zu sprechen und Afrika zu helfen. Ich kann nur sagen, dass wir als CDU/CSU-Fraktion fest an der Seite der Völker in Afrika stehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)