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Sebastian Steineke: "Ein neues Rechtsschutzinstrument in der Zivilprozessordnung"

Rede zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir in der vergangenen Woche hier in erster Lesung den Gesetzentwurf, der eine lange Vorgeschichte hat, beraten haben – wir haben seit 2015 intensiv darüber beraten; das ist also kein Schnellschuss –, können wir ihn heute mit einigen sehr guten Änderungen, die uns die Sachverständigen und der Bundesrat mitgegeben haben, verabschieden. Deswegen ist heute ein guter Tag für die Verbraucherinnen und Verbraucher.

Wir werden mit der Musterfeststellungsklage ein neues Rechtsschutzinstrument in die Zivilprozessordnung einfügen, das gerade den Verbrauchern, die wenig Geld haben oder über keine Rechtsschutzversicherung verfügen, schneller und kostengünstiger zu ihrem Recht verhilft. Gegen die anfängliche Sorge im Zusammenhang mit dem Thema Klagebefugnis, die wir durchaus hatten – das ist unbestreitbar –, haben wir einige wichtige Planken eingeschlagen, die dafür sorgen, dass das Instrument sorgsam angewendet wird.

Wir haben gemeinsam nach der Anhörung noch einige wesentliche Verbesserungen eingebracht. Wir haben insbesondere den Instanzenzug verkürzt, was wesentlich ist, um schneller zum Bundesgerichtshof zu kommen, um Grundsatzentscheidungen zu erhalten. Wir haben die Anmeldung in vielerlei Hinsicht erleichtert, und wir haben – auch das ist ganz wichtig – die Zusage vom Bundesministerium der Justiz, dass das in der entsprechenden Rechtsverordnung deutlich konkretisiert wird und die Anmeldebedingungen noch einmal erleichtert werden.

Wir haben uns natürlich auch mit dem Windhundprinzip beschäftigt, also mit der Frage: Was passiert, wenn zwei Musterfeststellungsklagen gleichzeitig ankommen? Wir haben eine parallele Zulässigkeit herbeigeführt und § 147 ZPO entsprechend verändert. Ich glaube, auch das ist ganz wesentlich. Darauf haben uns die Sachverständigen explizit hingewiesen. Auch das haben wir angepasst.

Wir haben auch intensiv darüber diskutiert – auch darüber ist schon gesprochen worden –, wie wir Unternehmen und Handwerksbetriebe in dieses Gesetz einbeziehen können. Es ist richtig, dass sie nicht explizit im Gesetzentwurf stehen. Das war rechtssystematisch ein sehr schwieriger Prozess. Deswegen haben wir den Weg über § 148 ZPO gewählt: Eine Aussetzung des Verfahrens kann beantragt werden, und zwar auch gegen den Beklagten – das ist ganz wichtig –, um abzuwarten, was der Prozess für ihn bringen könnte. Dann kann, denke ich, auch keine untere Instanz mehr etwas gegen dieses Urteil entscheiden. Ich glaube, das ist ganz wichtig.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Elisabeth Winkelmeier-Becker [CDU/CSU]: Ganz wichtige Verbesserung!)

Ich glaube, man muss auch noch mal einige Sätze zum Verfahren sagen, weil das hier ja auch angeklungen ist. Wir haben uns in der Koalition darauf verständigt – das steht ja auch im Koalitionsvertrag –, das Gesetz zum 1. November 2018 in Gang zu bringen. Davor brauchen wir noch einen gewissen Zeitablauf, um das Ganze für die Leute, deren Ansprüche jetzt zu verjähren drohen, so schnell wie möglich wirksam werden zu lassen. Deswegen haben wir die Verpflichtung gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern und auch gegenüber den Verbänden – ich will hier sagen, dass der vzbv diesen Gesetzentwurf auf Drucksache 19/2507 ausdrücklich begrüßt hat –, dass wir dieses Gesetzgebungsverfahren frühzeitig zum Abschluss bringen. Deshalb war es uns wichtig, dass wir das Tempo bei diesem Gesetzgebungsverfahren hochhalten.

Wir haben uns auf die vorliegenden Änderungen, die ich beschrieben habe, eingelassen und in diesem Sinne ein, wie ich denke, sehr gutes Gesetz auf den Weg gebracht. Lassen Sie uns deswegen – das ist mein Appell zum Abschluss; das kann sich ja jeder noch mal überlegen – dieses scharfe Schwert für den Verbraucherschutz gemeinsam beschließen und nicht blockieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)