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Philipp Amthor: Wir wollen, dass diejenigen, die in einem Wahlkreis eine Mehrheit erzielen, auch im Deutschen Bundestag sind

Rede in der Aktuellen Stunde zur Entwicklung der Wahlrechtsreforn

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines muss man ja wirklich zugestehen: Die Opposition ist wirklich beharrlich und auch durchaus erfolgreich darin, den Eindruck zu perpetuieren, als würden CDU und CSU per se gegen eine Verkleinerung des Bundestages sein,

(Dr. Marco Buschmann [FDP]: Das ist einfach, weil es ja so ist!)

als würden wir keine Reform wollen, als würden wir das wegen Corona verschleppen wollen und als wäre die CSU an allem schuld. Ich kann Ihnen sagen: Sie wissen, das ist falsch.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Marco Buschmann [FDP]: Die CSU ist immer schuld! Das stimmt!)

Es ist so – und das ist auch kein Geheimnis –: Wir lehnen den Oppositionsvorschlag nicht deswegen ab,

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Legen Sie doch mal was vor, Herr Amthor!)

weil wir etwa sagen würden, dass wir keine Verkleinerung des Bundestages wollen, sondern weil wir ihn nicht überzeugend finden. Es ginge einseitig zulasten der Union und würde das Problem nicht lösen. Deswegen ist Ihr Vorschlag nicht überzeugend.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Gleichzeitig wollen wir natürlich – und zwar noch in dieser Legislaturperiode –

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist der Vorschlag?)

eine Reduktion der Zahl der Mitglieder des Bundestages bei der nächsten Wahl erreichen. Dabei wissen wir, dass sich ein guter Kompromiss dadurch auszeichnet, dass die Schmerzen gleichmäßig verteilt sind. Das beinhaltet, dass es auch Einschnitte zu unseren Lasten gibt; das ist doch völlig klar. Entsprechend muss eine Kompromissregelung aussehen.

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist Ihr Vorschlag? – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich brauche die Drucksachennummer!)

Wenn wir schon über Schmerzen reden, dann sage ich Ihnen: Ich persönlich finde es schon sehr schmerzhaft, dass wir jetzt nur noch über das praktisch Machbare und nicht mehr über die theoretisch beste Lösung reden.

(Konstantin Kuhle [FDP]: Ja, woran liegt das denn?)

Wenn Sie sagen würden, es gehe darum, dass die Zahl der Mitglieder des Bundestages planbar begrenzt wird – wenn das Ihr Kernanliegen wäre –, dann würden wir über ein echtes Zweistimmenwahlrecht, über das sogenannte Grabenwahlrecht, reden. Wir wissen aber: Ein solcher Vorschlag hat im Moment keine politische Mehrheit.

(Dr. Marco Buschmann [FDP]: Feigenblattargument! Legen Sie doch was vor! – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das peinlich!)

Deswegen müssen wir danach suchen, was uns verbindet, und nicht danach, was uns trennt.

Ich glaube, das gemeinsame Ziel – das hat auch die SPD vorgeschlagen – ist eine Höchstgrenze, eine zahlenmäßige Begrenzung des Bundestages. Ich sage Ihnen: Das kann man mit einer Regelung auch erreichen; es ist aber nur dann sinnvoll, wenn es nicht einseitig zulasten der Direktmandate und der direkt gewählten Abgeordneten geht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Marco Buschmann [FDP]: Die GroKo kriegt es mal wieder nicht hin!)

Eine Höchstgrenze muss beinhalten, dass derjenige, der einen Wahlkreis direkt gewonnen hat, auch in den Deutschen Bundestag einzieht. Das ist ein richtiges Modell. Ich habe das an dieser Stelle schon mehrfach gesagt: Wir müssen sehen, dass wir 299 direkt gewählte Abgeordnete und über 400 gewählte Listenabgeordnete haben.

(Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das wissen wir alles! Wir wollen Ihren Vorschlag hören!)

Wo das Problem liegt, ist doch offensichtlich. Wir wollen, dass diejenigen, die in einem Wahlkreis eine Mehrheit erzielen, auch im Deutschen Bundestag sind.

(Beifall bei der CDU/CSU – Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben ein Verhältniswahlrecht!)

– Ja, den Zwischenruf, wir hätten ein Verhältniswahlrecht, haben wir heute ja mehrfach gehört. Einfachrechtlich haben wir das so geregelt. Verfassungsrechtlich wären wir offen, sogar in Richtung eines Mehrheitswahlrechts zu gehen. Das heißt, zu sagen, das Verhältniswahlrecht sei unantastbar, ist doch nicht die Grundlage.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!)

Die Grundlage muss doch sein: Entscheiden Sie sich, was das Ziel ist. Wollen Sie nur auf dem vollen Verhältnisausgleich beharren, oder wollen Sie ein Reduzieren des Deutschen Bundestages? Beides zusammen geht, wenn man sich für ein Höchstgrenzenmodell entscheidet, aber gleichzeitig festlegt: Wer in einem Wahlkreis in den Deutschen Bundestag gewählt wird, der zieht auch ein.

Ich kann Ihnen sagen: Die Kappung, dass die vermeintlich schlechtesten Wahlkreissieger nicht in den Deutschen Bundestag einziehen, führt doch zu völlig abstrusen Ergebnissen. Eine Variante ist: Jemand gewinnt einen Wahlkreis mit vielleicht nur 24 oder 25 Prozent.

(Friedrich Straetmanns [DIE LINKE]: Sie haben doch gar keinen Vorschlag in der Tasche!)

Da sagen Sie: Das ist zu wenig; der soll nicht einziehen. – Aber über die Landesliste zieht dann der unterlegene Kandidat ein, der vielleicht nur 10 Prozent erzielt hat. Das kann doch kein richtiges Ergebnis sein!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Hinzu kommt, dass bei dem Wegfall der schlechtesten Wahlkreissieger eine Situation eintritt, dass es Wahlkreise geben könnte, die ganz ohne direkt gewählten Abgeordneten im Deutschen Bundestag „vertreten“ sind. Was für einen Sinn macht denn ein Wahlkreis, der gar keinen Wahlkreisabgeordneten hat? Gar keinen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Deswegen bleibt es dabei: Wir haben die Verantwortung, dass wir zeigen, dass uns das eigene Hemd nicht näher ist als der Rock des Gemeinwohls.

(Friedrich Straetmanns [DIE LINKE]: Doch, natürlich! – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen Sie sich doch mal ehrlich!)

Wir haben die Verantwortung, dass wir diesen Bundestag verkleinern.

(Leni Breymaier [SPD]: Wann, Herr Amthor?)

Wir müssen uns in Richtung einer planbaren Richtgröße bewegen. Aber für mich ist jedenfalls klar: Das können wir nicht machen zulasten derjenigen, die einen Wahlkreis direkt gewinnen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir werden – auch wenn Sie anderes behaupten – hier konstruktiv arbeiten und das Wahlrecht ändern, auch als CDU/CSU, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)