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Michael Kuffer: Wenn wir Menschenleben retten wollen, ist unsere erste Aufgabe, den Schleppern das Handwerk zu legen

Rede in der aktuellen Stunde zur Seenotrettung im Mittelmeer

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Wenn man den Reden aus der SPD-Fraktion zuhört, hat man das Gefühl, dass Sie sich an der Regierung überhaupt nicht mehr beteiligen.

(Beifall des Abg. Philipp Amthor [CDU/CSU] – Widerspruch bei der SPD – Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wissen Sie, was Sie sind? Sie sind Opposition mit Ministern,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

denen Sie – Sie stellen den Außenminister, Sie stellen die Justizministerin – mit den Reden, die Sie hier halten, dauernd in den Rücken fallen. Das müssen Sie intern klären.

(Beifall des Abg. Martin Hebner [AfD])

Das ist nicht mein Problem; aber Erfolg wird Ihnen das nicht bringen.

(Beifall des Abg. Thorsten Frei [CDU/CSU])

Vom Kollegen Castellucci sind wir es gewöhnt. Der hat da einen gewissen humoristischen Freibrief. Aber, Frau Glöckner, was Sie heute hier wieder abgeliefert haben, war wirklich eine großartige Vorstellung, wie man auch ohne Ahnung einfach hier vorne losparlieren kann.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Jürgen Braun [AfD] – Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Unverschämt! Das ist ja wohl unglaublich! – Weitere Zurufe von der SPD)

Wenn Sie hier vorne von Abschottung reden, wenn es um die Art und Weise geht, wie die Grenzkontrollen, die jetzt geplant sind, stattfinden, fällt mir nichts mehr dazu ein. Lesen Sie das Zeug einfach mal! Befassen Sie sich mal inhaltlich damit, bevor Sie große Reden halten und dauernd der eigenen Bundesregierung in den Rücken fallen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD – Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Das ist ja unglaublich! Peinlich!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt zum Thema: Das Mittelmeer

(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Das ist doch das Thema, um das es hier geht!)

ist kein Ort, um sich mit Schlauchbooten, Nussschalen oder Seelenverkäufern ohne jede nautische Ausrüstung, erst recht nicht mit Kindern, auf den Weg zu machen. Unter solchen Bedingungen ist die See, ist das Mittelmeer ein nasses Grab.

(Michel Brandt [DIE LINKE]: Das machen die aus Spaß, oder was?)

Viele sind unter diesen Bedingungen in dem Moment dem Tode geweiht, in dem sie sich auf diesen Weg begeben.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Viele schon vorher!)

Wer wie die Schlepper Menschen auf eine solche Reise in den Tod schickt, wer ein Grab zur Hoffnung umzufunktionieren versucht, der begeht ein Verbrechen. Und wenn wir Menschenleben retten wollen, dann ist es unsere erste Aufgabe, dieses Verbrechen zu bekämpfen und den Verbrechern, also den Schleppern, das Handwerk zu legen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Und es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sich die Menschen nicht in die Hände solcher Verbrecher begeben

(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie kooperieren doch mit den Verbrechern! Sie kooperieren doch mit der libyschen Küstenwache!)

und dass sie eine solche Reise in die Lebensgefahr oder gar in den Tod gar nicht erst antreten.

Natürlich ist es richtig und selbstverständlich, alles zu tun, um ein Menschenleben zu retten. Aber dabei darf es nicht aufhören. Wenn Sie ein Menschenleben retten und es durch diese Rettung wahrscheinlicher machen, dass sich Hunderte Menschen neu in dieselbe Gefahr bringen,

(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Ja, dann?)

dann ist das zwar kein Widerspruch zur Rettung – die bleibt immer richtig –,

(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Aha! Hört! Hört!)

aber Sie dürfen dabei nicht enden. Sie müssen dann Ihr Gesamtkonzept überdenken, und Sie müssen sich mal die Frage stellen, ob Sie sich nicht zum Werkzeug derer machen, die immer mehr Menschen in Lebensgefahr bringen oder in den Tod schicken wollen.

(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Was wollen Sie denn stattdessen machen? – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Jetzt ist überwiegend Herr Kuffer dran.

Michael Kuffer (CDU/CSU):

Die Uhr läuft noch, Frau Präsidentin. Ich wäre dankbar, wenn Sie sie bei dem Geschrei ab und zu mal anhalten. Das kann, glaube ich, nicht auf meine Redezeit gehen.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Herr Kuffer, Sie sind jetzt dran.

Michael Kuffer (CDU/CSU):

Deshalb gibt es aus diesem Dilemma, liebe Kolleginnen und Kollegen, nur einen Ausweg: Die Rettung muss funktionieren, kontrolliert durch den Staat und durch offizielle Stellen,

(Michel Brandt [DIE LINKE]: Genau! – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann machen Sie es!)

nicht planmäßig durch NGOs. Sehen Sie sich doch die Rettungsschiffe mal an – die „Lifeline“ ist das beste Beispiel –: Dort werden in vielen Fällen weder die Mindeststandards an Seetauglichkeit, Sicherheit und Hygiene eingehalten.

(Michel Brandt [DIE LINKE]: Die „Lifeline“ ist ein super Vorbild, was das angeht! Mein Gott!)

Über die Flaggenfrage will ich gar nicht reden. Zu dem Ausweg gehört weiter: Die Rettung darf nicht gleichzeitig das Geschäft der Schlepper vollenden.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zudem muss die Rettung die Rettung von Menschenleben zum Ziel haben und darf nicht in Wahrheit in der Vollendung einer Erpressung bestehen.

(Zuruf der Abg. Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es gibt für mich keinen Zweifel daran, dass der einzig richtige Weg auf Dauer darin besteht, dass die Menschen gerettet und dann mittelfristig in Schutzzonen jenseits, also an den Südküsten des Mittelmeers, verbracht werden und eben nicht nach Europa, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der AfD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das ist der Kern; denn wenn Seenotrettung der Schlüssel nach Europa wird, dann wird Seenot zum Selbstzweck,

(Zuruf der Abg. Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

dann wird Lebensgefahr zum Selbstzweck, und dann wird der Tod weiterhin der engste Gefährte dieses Systems bleiben. Das ist paradox, und es ist menschenverachtend, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Alexander Gauland [AfD])

Deshalb bitte ich Sie auch zum Schluss, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, weil ich weiß, dass Sie leider häufig in die Falle tappen, dass Sie human handeln wollen und dann naive Inhumanität die Folge ist – ich bitte Sie wirklich –: Verlieren Sie nicht die Lösung aus den Augen! Schaffen Sie keine falschen Illusionen! Erzeugen Sie keine Hoffnungen, die wir nicht erfüllen können, und befördern Sie damit bitte nicht weiterhin das unheilvolle Geschäft krimineller Schlepperbanden!

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)