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Michael Kuffer: "Verwendungszwecke der Daten noch enger eingrenzen"

Rede zur Regelungen über die Bestandsdatenauskunft

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetz fassen wir einzelne Regelungen zur Erhebung und Verarbeitung von Bestandsdaten im Telekommunikationsbereich neu. Wir setzen damit bekanntermaßen ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Mai 2020 um. Entscheidend dabei war und ist: Das Bundesverfassungsgericht hat zunächst einmal eindeutig klargestellt, dass die Erteilung von Auskünften über Bestandsdaten grundsätzlich verfassungsrechtlich zulässig ist. Es hat in seinem Beschluss lediglich Modifizierungen erbeten, und zwar, wie es das Gericht beschreibt, nach dem Bild einer „Doppeltür“. Das heißt, es geht um noch weiter auszudifferenzierende Tatbestandsvoraussetzungen sowohl für die Übermittlung der Bestandsdaten durch die Telekommunikationsanbieter als auch für den Abruf dieser Daten durch unsere Sicherheitsbehörden. Letztlich geht es darum, die Verwendungszwecke der Daten noch enger einzugrenzen, und zwar explizit auf die Fälle konkreter Gefahren. Für die Zuordnung dynamischer IP-Adressen zu den dazugehörigen Daten des Anschlussinhabers sieht das Bundesverfassungsgericht darüber hinaus als legitimen Zweck nur – so die Formulierung des Gerichts – „die Bewehrung von Rechtsgütern von hervorgehobenem Gewicht“ vor.

Es ist wichtig, sich das noch einmal zu verdeutlichen; denn das Bundesverfassungsgericht verlangt von uns als Gesetzgeber damit lediglich mikrochirurgische Eingriffe. Es hat deshalb die Regelungen auch vorläufig weiter gelten lassen. Das ist auch deshalb wichtig, weil somit zu keiner Zeit eine Sicherheitslücke entstehen konnte.

Deshalb, lieber Herr Kollege von Notz, sind Ihre Äußerungen dazu natürlich durchaus verräterisch. Sie haben in der Pressemitteilung von der „strukturellen Ignoranz der Bundesregierung gegenüber Freiheitsrechten“ gesprochen.

(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Ja, stimmt! Da hat er recht!)

Sie haben solche blamablen Formulierungen heute wiederholt, indem Sie von „Scherbenhaufen“ gesprochen haben. Drunter ging es also offensichtlich nicht.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Bundespräsident unterzeichnet Ihre Gesetze nicht, Herr Kuffer! Nehmen Sie das doch mal zur Kenntnis!)

Damit sind Sie natürlich nicht nur über das Ziel hinausgeschossen, sondern Sie zeigen wieder etwas, was man von Ihnen kennt, was Sie neuerdings aber zu kaschieren versuchen – da bricht es halt wieder hervor –: Es ist Ihre Schadenfreude über jede mögliche oder vielleicht sogar von Ihnen gewünschte Schwächung unseres Sicherheitsapparats.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch lächerlich, Herr Kuffer!)

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Sie können natürlich hier schon mit Wahlkampf beginnen;

(Niema Movassat [DIE LINKE]: Machen Sie doch mal verfassungsgemäße Gesetze! Das wäre doch mal ein Anfang!)

aber dieser Spagat wird im Jahr 2021 nicht gut gehen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Wenn der Bundespräsident das nicht unterzeichnet, ist das ein Skandal!)

Die Schreierei zeigt, dass wir Sie da auf dem richtigen Fuß erwischt haben.

Insofern ist es vielleicht wichtig für Sie, zu erfahren, dass wir mit den Reparaturen jetzt sehr gründlich vorgehen. Wir nehmen uns sowohl das Telemediengesetz, das Telekommunikationsgesetz, die polizeilichen Abrufregelungen des Bundespolizeigesetzes, des BKA-Gesetzes, des Zollfahndungsdienstgesetzes und des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes als auch die nachrichtendienstlichen Abrufregelungen und die Strafprozessordnung vor. Insofern ist das eine gründliche Reparatur im graduellen Bereich.

Sie können aufhören, sich aufzuregen. Es ist alles in Ordnung, und die Lage ist absolut im Griff.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das war Selbstironie! – Stefan Keuter [AfD]: Sagte der Kapitän der Titanic! – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Alles klar auf der Andrea Doria!)