Skip to main content

Michael Frieser: Zur Information: Es geht um die Verteilung auf die Länder

Rede in der Aktuellen Stunde zur Entwicklung der Wahlrechtsreforn

Frau Präsidentin, vielen herzlichen Dank. – Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sie hörten gerade aus der Abteilung „Brainwashing“: Wir brauchen auf jeden Fall einen Sündenbock. – Oder soll ich lieber „Greenwashing“ sagen? Das bietet sich vielleicht mehr an. Die CSU bietet sich selbstverständlich auch für diese Funktion an.

Aber wir sollten am Ende des Tages dann doch mal bei der Wahrheit bleiben. Was hat denn die Opposition vorgeschlagen? Die Opposition hat vorgeschlagen: Wir zerdeppern mal 50 Wahlkreise. Wir haben jetzt schon ein Verhältnis von 60 Mandatsträgern/Liste zu 40 Mandatsträgern/Wahlkreise. Muss das Problem denknotwendig bei den Wahlkreisen liegen? Das ist nicht ganz vernünftig.

Herr Buschmann, an Ihre Adresse: Sie hätten heute die Chance gehabt, sich mal mit Ihrem eigenen Entwurf auseinanderzusetzen. Denn dann wird schon klar: Das eine sind die Wahlkreise – schwierige Definition und nicht ganz logisch –; das andere ist das Einfach-mal-so-Wegstreichen des ersten Zuteilungsschrittes. Darf ich mal daran erinnern, dass das geltende Wahlrecht mit allen Stimmen der hier in der Mitte sitzenden Fraktionen getroffen wurde, auch der Ihrigen? Jetzt zu sagen: „Haltet den Dieb!“, halte ich für eine schwierige Argumentation,

(Dr. Marco Buschmann [FDP]: Das Bundesverfassungsgericht hat in der Zwischenzeit entschieden! Das nennen wir Gewaltenteilung, Herr Kollege!)

um dann zu sagen: „Wir streichen mal diesen ersten Zuteilungsschritt“. Zur Information: Es geht um die Verteilung auf die Länder. Was für Regionen sind wirklich vertreten? Wie kommen wir zu Mindestsitzen?

Dazu hat das Bundesverfassungsgericht unter dem Stichwort „negatives Stimmengewicht“ gesagt: Da müsst ihr was ändern. – Jetzt kommen Sie und streichen ihn einfach weg. Das nenne ich einen verfassungswidrigen Vorschlag.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Diesem Vorschlag kann man nicht zustimmen, weil er natürlich maximal – jetzt bin ich genau an der Stelle – gegen die Interessen, ja, auch der Union gerichtet ist. Und von Bewegung, von Kompromissbereitschaft habe ich in den letzten Monaten bei diesem Oppositionsvorschlag nicht ein Jota erfahren.

(Friedrich Straetmanns [DIE LINKE]: Weil Sie uns nicht angesprochen haben! Sie sind doch gar nicht bereit, zu reden!)

Deshalb, glaube ich, ist es ganz wichtig, dass wir zu dieser Obsession, die da immer wieder kommt und auch von Frau Haßelmann immer gern beschrien wird, wir würden hier den Bundestag aufteilen, es gebe gute oder schlechte Abgeordnete, sagen: Nein, Sie führen hier zu einer unnatürlichen Auseinandersetzung. Alle Mandatsträger machen nach bestem Wissen und Gewissen ihre Arbeit vor Ort.

(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber dass im Ergebnis nur die Wahlkreisabgeordneten für einen Ausgleichsmechanismus die Rechnung bezahlen sollen, ist nicht mehr nachvollziehbar.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Hören Sie also auf, die Wahlkreisabgeordneten zu verdammen und sie dafür verantwortlich zu machen!

Ich will eines zur Frage der Nichtzuteilung von Mandaten sagen: Sie müssen sich vorstellen, was da gerade im Raum steht. Man macht einen Wahlkampf – miteinander, gegeneinander, wie auch immer – um die besten Themen, am Ende des Tages gewinnt jemand diesen Wahlkreis, und dann sagt der Bundeswahlleiter: Wunderbar, herzlichen Glückwunsch; aber Sie sind nicht dabei.

(Dr. Marco Buschmann [FDP]: Aber das ist nicht unser Gesetzentwurf!)

Das machen Sie in der Demokratie nur einmal. Dann wird dieser Wahlkreis erstens keinen Bewerber mehr finden,

(Lachen des Abg. Thomas Seitz [AfD])

und zweitens sagen die Menschen beim nächsten Mal: Da brauche ich ja gar nicht mehr hingehen.

Jetzt mal zu der Argumentation, das sei demokratisch. Wissen Sie, was passiert? Alle Stimmen, die in diesem Wahlkreis abgegeben werden, sind in ihrem Erfolgswert am Ende null, weil nämlich nicht nur die nicht zählen, die nicht zum Gewinner geführt haben, sondern auch die, die zum Gewinner geführt haben.

(Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie unseren Vorschlag besser noch mal genau durch!)

Also, ein schlimmeres Verbiegen dessen, was das Bundesverfassungsgericht bzw. was unsere Verfassung dazu sagt, wie der Erfolgswert einer Stimme zu zählen ist, wie sich der intuitive Wille eines Wählers tatsächlich abbilden soll: Schlimmer geht’s nimmer.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Da sind wir der Überzeugung: Das ist tatsächlich grob verfassungswidrig.

Deshalb glauben wir am Ende des Tages: Ja, wir brauchen eine Lösung,

(Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist Ihr Vorschlag? Wir brauchen eine Lösung!)

weil man dieser Drohung, am Ende des Tages könne dieser Deutsche Bundestag theoretisch in einer Art und Weise unkontrolliert aufwachsen, einen Riegel vorschieben muss.

Dabei gilt es auch – wie übrigens der Bundestagspräsident selbst gesagt hat –, die Zeithorizonte miteinzubeziehen, die Lösung für die Wahl 2021, aber auch darüber hinaus für 2025 mitzudenken,

(Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann denken Sie doch mal! Dann legen Sie doch mal was vor!)

das heißt einen echten Deckel einzuziehen, bei dem wir dann im Proporz zum Deutschen Bundestag auch wieder eine Reduktion zusammenbringen.

Ich bitte auch darum, dass man sich nicht nur hierhinstellt und sagt: „Ja, was ist denn mit der Blockadehaltung der anderen?“, sondern auch mal selbst überlegt,

(Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben doch einen Vorschlag vorgelegt!)

zu welchem Schritt man tatsächlich bereit ist bei dem an und für sich angeblich verfassungsrechtlich einwandfreien System. Ihr System ist nicht akzeptabel, weil es absolut nur gegen die Union gerichtet ist

(Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch! – Konstantin Kuhle [FDP]: Genau! Zur Strafe!)

und auch gegen die SPD und im Endeffekt verfassungswidrig ist. Das kann und darf keiner mitmachen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)