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Michael Frieser: Die Stärke unserer Demokratie ist die Basis, die Organisation von unten nach oben

Redebeitrag zur Änderung des Bundeswahlgesetzes

Einen schönen guten Morgen! Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir wissen: Das ist ein Zeichen. Der Umgang mit Covid-19 in diesem Land hat uns wirklich vor große Herausforderungen gestellt. Ich glaube, wir können mit Fug und Recht behaupten: Wir leben in einem Land, das gut organisiert und gut regiert ist. Ich glaube, dass wir bisher einen Zustand erreicht haben, der sich in Anbetracht dessen, was in der Welt derzeit los ist, durchaus sehen lassen kann.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Unser Land ist bisher, was Einschränkungen angeht, eigentlich nur für den Verteidigungsfall, also die Bedrohung von außen, gerüstet; dafür gibt es Instrumente. Für den Fall einer Pandemie oder einer Naturkatastrophe allerdings sind wir nicht gerüstet. Genau darum geht es heute: dass wir Regeln schaffen, wie diese Demokratie als lebendiger Organismus auch in Zeiten von innerer Bedrohung, durch eine Naturkatastrophe oder Pandemie, nicht nur zu ihrer eigentlichen Stärke zurückfinden kann, sondern auch deutlich macht, woraus sie lebt.

Die Stärke unserer Demokratie ist die Basis, die Organisation von unten nach oben. Wir ziehen, auch als Abgeordnete, unsere Legitimation aus einem sehr umfangreichen, sehr schwierigen Prozess, in dem die untersten Ebenen ihre Abgeordneten, ihre jeweiligen Landeslisten bestimmen können.

Für den Fall, dass Versammlungen in bestimmten Regionen nicht mehr durchführbar sind, müssen wir Vorkehrungen treffen. Es ist notwendig, dass wir uns überlegen, wie wir damit umgehen, wenn sich Menschen treffen müssen, es aber nicht mehr können. Die Frage ist: Wie organisieren wir dann die Bundestagswahl? Es sind keine zwölf Monate mehr bis dahin. Toi, toi, toi! Hoffentlich brauchen wir dieses Verfahren nicht, dass wir flexibel reagieren müssen, dass wir das Bundesinnenministerium, die Regierung mit ins Boot holen müssen, um den Wahlvorgang ordentlich zu organisieren.

Ich glaube, es ist entscheidend, dass wir die Rolle der Parteien nach dem Grundgesetz und nach dem Parteiengesetz nicht mehr einschränken, als es unbedingt sein muss. Wir alle hier haben Macht auf Zeit. Macht auf Zeit setzt aber auch voraus, dass in bestimmten Abständen die Legitimation von unten nach oben erneuert wird. Mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf versuchen wir, zu erreichen, dass bei Gefahr im Verzug der Deutsche Bundestag als Ganzes oder ein Ausschuss darüber befindet, dass der Katastrophenfall, der Einschränkungsfall vorliegt und ob den Maßnahmen des BMI, des Bundeswahlleiters zugestimmt werden kann, sodass sie demokratisch legitimiert sind.

Wir beschränken uns auf das mildestmögliche Mittel des Eingriffes, um flexibel reagieren zu können, und das nicht für das ganze Land, sondern regional differenziert. Dabei öffnen wir eine Tür, und das hat uns allen ein Stück weit digital einen Booster verschafft, indem wir plötzlich, vielleicht notgedrungen, aber gerne, miteinander über andere Medien kommunizieren. Auch das soll ein Stück weit möglich sein.

Nur eins können wir nach dem Grundgesetz nicht ersetzen: Gemäß Artikel 38 Grundgesetz sind Wahlen in diesem Land allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim. Das muss immer möglich sein, und zwar indem tatsächlich jemand ein Kreuz auf einem Zettel macht, entweder bei einer Briefwahl oder bei einer Veranstaltung. Bis dahin soll alles möglichst so organisiert sein, dass Kandidaten aufgestellt werden können, auch wenn Versammlungen nicht stattfinden können. Das ist entscheidend. Es wäre schön gewesen, wenn es darüber Konsens gegeben hätte.

Noch ein Gedanke. Sie werden oft das Argument hören, dass eine Verordnungsermächtigung uns das Heft des Handelns aus der Hand nimmt. Das Gegenteil ist der Fall: Dieses Gesetz sorgt im Wege einer Verordnung dafür, dass regional unterschiedlich organisiert werden kann. Das ist unser Wille. Das enthebt die Parteien auch nicht ihrer Selbstorganisation. Wir werden gestärkt in der Frage, und wir werden mit unseren Satzungen in der Lage sein, auf eine solche Herausforderung zu reagieren.

Da verstehe einer Änderungsanträge wie zum Beispiel den der Grünen! Es wird der Eindruck erweckt, es wäre ein Ermächtigungsgesetz; was es definitiv nicht ist.

(Beifall der Abg. Petra Nicolaisen [CDU/CSU])

Der eigentliche Auftrag des Bundeswahlleiters hingegen wird überhaupt nicht geändert, im Gegenteil: Weitere Rechte werden an den Bundeswahlleiter, der nur eine untergeordnete Behörde des Innenministeriums ist, delegiert. Ich weiß nicht, warum, aber dieser Änderungsantrag geht in seinen Forderungen weiter als das, was das Parlament beschließen sollte und müsste.

Die Regelungen zu Fristen, die wir bedingt durch die Covid-19-Pandemie für Vereine und Verbände festgelegt haben, müssen auf die Parteien erweitert werden.

So sind wir in der Lage, das, was uns stark macht, auch im Augenblick, im Falle einer Herausforderung, im Falle einer Bedrohung wirklich umzusetzen und unsere Legitimation weiterhin von den Bürgerinnen und Bürgern zu erhalten. Deshalb bitten wir um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)