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Michael Frieser: "Der Verordnungsweg kann ein sehr effektiver und schneller Weg sein"

Rede zur Feststellung gem. § 52 Abs. 4 S. 1 Bundeswahlgesetz

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir sind, nehme ich einmal an, in der überwiegenden Anzahl dieses Hauses in der Politik, weil uns die direkte Auseinandersetzung so am Herzen liegt, der Austausch von Argumenten, der Politik so lebendig macht, und das ist das, wo wir uns alle am schwierigsten wiederfinden, nicht nur wegen eines Bundestagswahlkampfes, sondern auch in der Frage des Übersetzens von Politik an die Menschen. Deshalb ist es uns ein entscheidendes Anliegen, nicht nur die Bundestagswahl am Tag der Wahl zu organisieren, sondern auch den Weg dahin. Das schaffen wir mit einem Arsenal, einem Sicherheitsnetz. Es geht darum, die Parteien in ihrer Selbstorganisationsfreiheit in die Lage zu versetzen, die Möglichkeiten zu finden – ohne einen satzungsändernden Parteitag durchführen zu müssen –, ein Stück weit flexibler zu sein, darauf zu reagieren. Das geht nicht vom Deutschen Bundestag aus. Wir wollen den Bundesländern, wir wollen den Regionen gar nicht erzählen, wie sie es machen können oder machen müssen; denn dort sitzen die Fachleute; die wissen, an welcher Stelle sie in welcher Form ihre Aufstellungsversammlungen abhalten müssen, die notwendig sind – Auftrag der Verfassung –, um Delegierte zu wählen und tatsächlich Kandidaten für die Bundestagswahl zu nominieren; die wissen am besten, wie man das zu tun hat.

Insofern ist vollkommen klar – das darf ich auch sagen –: Dieser heutige Beschluss lässt wie auch unsere Änderung des Bundeswahlrechts überhaupt keinen Spielraum, sie ist absolut präzise an dieser Stelle. Sie sagt nichts anderes als: Heute befinden wir, als Vorbehalt des Parlaments, dass wegen/aufgrund dieser Pandemie bestimmte Dinge, die notwendig sind im politischen Verfahren, teilweise an bestimmten Orten nicht möglich sind. – Mehr ist es nicht. Damit wird ein Vorgang – erneut vom Parlament, durch Einbeziehung und Wiederdiskussion – in Gang gesetzt, an dessen Ende dann im Wege einer Verordnung darüber befunden wird: Wie schaut die Freiheit denn aus, die wir den Parteien tatsächlich überlassen wollen, damit sie am Ende ortsgenau, regional präzise sagen können, an welcher Stelle von bestimmten satzungsrechtlichen Vorgaben gegebenenfalls Abstand genommen werden muss?

Das ist genau der Unterschied, meine sehr verehrten Damen und Herren. Um es einmal mit Karl Kraus zu sagen: Es gibt leider Gottes Dinge, die sind so falsch, da stimmt noch nicht einmal das Gegenteil. – Wer tatsächlich nicht in der Lage ist, eine faktische Unmöglichkeit von einer rechtlichen Unmöglichkeit zu unterscheiden, hat meines Erachtens tatsächlich auch den Anspruch verwirkt, zu sagen, wie er denn den Parteien im Grunde eigentlich mit einem Rat zur Seite stehen will, wie man mit dieser Situation umgeht.

Deshalb kann ich nur sagen: Wir wollen nicht in der klassischen Trump-Manier mit Fehlbehauptungen wieder einen Hebel finden lassen, bei dem man so tut, als gäbe es diese Pandemie nicht, als gäbe es die Todeszahlen nicht, die Menschen, die darunter leiden. Es geht um Menschenleben, und wir haben auch ein Schutzrecht unseren Mitgliedern in den Parteien, den Bürgern gegenüber. Genau dafür öffnet jetzt das Bundesministerium die Möglichkeit, mit einer Verordnung, die wir erneut als Parlament diskutieren müssen.

Und dann kann ich mir den Vorwurf am Ende wirklich nicht ersparen: Durch dieses Gerede, das Sie hier evozieren, sind wir überhaupt erst in die Lage gekommen, jetzt immer noch mit Inzidenzzahlen kämpfen zu müssen;

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

denn es liegt natürlich auch an bestimmen Teilen der Bevölkerung, dass wir an bestimmten Stellen nicht in der Lage sind – vielleicht auch noch wochenlang nicht in der Lage sein werden –, Veranstaltungen, die notwendig sind, durchzuführen. Also, hören Sie auf, Dinge einfach zu negieren, so zu tun, als gäbe es keine Bedrohung! Diese Bedrohung ist faktisch, und wir versuchen, die Menschen, aber auch die Parteien darauf vorzubereiten, dass das funktioniert. Das stellen wir heute fest. Wir glauben, dass der Verordnungsweg ein sehr effektiver, schneller Weg sein kann, über den wir bereits in der nächsten Sitzungswoche beschließen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)