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Martin Patzelt: Der Diskriminierungs-beauftragte darf kein Feigenblatt sein

Redebeitrag zur Bekämpfung von Rassismus

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Liebe Zuschauer! Wir werden als Fraktion der CDU/CSU dem Gesetzentwurf der Grünenfraktion zur Novellierung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes nicht zustimmen. Das sage ich gleich einmal vorab, und damit wäre meine Redezeit eigentlich schon fast zu Ende, Herr Präsident.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber ich will noch sagen, warum: weil wir uns im Ministerium in einem laufenden Besetzungsverfahren befinden, es sind Konkurrentenklagen anhängig; das ist alles nicht ausgestanden. Es ist in die nächste Instanz gegangen, und in einer solchen Situation kann man nicht grundsätzlich die Pferde wechseln. Das ist unsere Auffassung, und deswegen lehnen wir das erst einmal ab.

Gleichwohl sind auch wir der Überzeugung, dass es sich lohnt, über die Novellierung dieses Gesetzes nachzudenken, und das wollen wir mit Ihnen gemeinsam auch tun. Denn jedem, der mit offenen Augen und offenem Herzen durchs dieses Land geht, wird klar: Wir haben Diskriminierung rauf und runter, wir haben latente Diskriminierung, offensichtliche Diskriminierung, wir haben sie in struktureller Form und in persönlicher Form.

Wir müssen auch darüber nachdenken – lassen Sie mich ganz kurz darauf hinweisen; mir ist eine Minute Redezeit weggenommen worden –: Woher kommt denn eigentlich Diskriminierung? Woher kommt Rassismus? Es kommt daher, weil die meisten Menschen, Gruppen, Institutionen, Nationen eine wackelige Identität haben, weil sie glauben, sie müssen besser sein als die anderen, weil sie ihre Identität – das gilt auch zwischenmenschlich – immer dadurch definieren, dass sie dem anderen überlegen sein müssen und der andere ein bisschen weniger wert ist.

Ich wünsche mir – das ist ein Bekenntnis; ich fürchte überhaupt nicht um meine Identität, denn das ist meine Identität –, dass ich in eine Welt hineinwachse, in der der Tatsache, dass die Welt sich wandelt, Rechnung getragen wird, dass wir neue moralische Prinzipien von Zusammenleben aufstellen, die wir dann nach und nach auch in Gesetze überführen. So war das immer, und da sind wir auf einem guten Weg. Wir wollen den Menschen, die Angst um die Zukunft haben, weil sie nicht mehr tolle Deutsche sind, zuhören. Ich fühle mich wirklich als Deutscher, und ich freue mich, dass wir dieses Grundgesetz haben und dass wir mit diesem Grundgesetz tatsächlich an einer neuen Welt mitbauen, dass meine Enkel nicht mehr im Krieg leben müssen, weil sie sich besser fühlen als die anderen oder schlechter fühlen als die anderen.

(Nicole Höchst [AfD]: Der Krieg ist jetzt auf den Schulhöfen, Herr Patzelt!)

Wir sind auf dem richtigen Weg; wir haben noch viel vor. Lassen Sie es uns anpacken! Der Diskriminierungsbeauftragte darf kein Feigenblatt sein; es darf nicht so sein, dass wir diese Institution schaffen, mit ein paar Mitarbeitern und ein bisschen Geld ausstatten und dann sagen: Jetzt haben wir es gepackt. – Nein. Antidiskriminierung ist die Aufgabe von jedem in unserer Gesellschaft, angefangen bei uns selbst; mein Vorredner hat es gesagt: Wir müssen selber darauf achten. Wir sind oft diskriminierend, weil wir auch immer im Konkurrenzkampf stehen und entsprechend denken und fühlen. Das haben wir nicht nötig. Wir können kooperieren, wir können eine ganz neue Gemeinschaft von Menschen mithelfen aufzubauen. Ich werde es nicht mehr erleben; aber es geht voran.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)