Skip to main content

Marian Wendt: Wir müssen zu einer Versachlichung zurückkommen

Rede in der aktuellen Stunde zum Agieren der Bundesregierung in Sachen Chemnitz und in der Causa Maaßen

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ereignisse in Bezug auf Chemnitz und den Fall Maaßen haben in den letzten Wochen Empörung in der Bevölkerung und auch bei vielen politisch engagierten Menschen ausgelöst, auch bei mir. Ich bedauere, dass es in der Causa Maaßen nicht um Sachpolitik, nicht um Fakten, sondern um Hysterie und Emotion ging.

Zusammenfassend kann man eines sagen: Die vom Verfassungsschutz in die linksextremistische Szene eingeordnete Internetseite der „Antifa Zeckenbiss“ veröffentlichte ein Video, in dem sie behauptete, dass am 26. August 2018 in Chemnitz eine Menschenjagd auf Ausländer stattgefunden habe. Das Video stammt ursprünglich von einer rechtsextremistischen Plattform. Daraufhin äußerte sich Bundesverfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen über den Fall in der „Bild“-Zeitung und versuchte, klarzustellen, dass es sich hierbei um Authentizitätsprobleme handelt.

(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Zu den Hitlergrüßen hat er nichts gesagt!)

Auch wenn man seine Kommunikationsentscheidung sicherlich infrage stellen kann, unterstütze ich die inhaltlichen Aussagen in Bezug auf die Authentizität des Videos und den Versuch der Unterstellung einer Hetzjagd auf Menschen in Chemnitz ausdrücklich. Ich unterstütze auch die Aussagen des Ministerpräsidenten Michael Kretschmer, dass es in Chemnitz keinen Mob gegeben hat. Nach gründlicher Aufklärung durch die sächsische Polizei und die Justiz können wir das heute so feststellen. Das hat etwas mit Sachpolitik zu tun.

(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Waren Sie dort?)

– Wir haben das so festgestellt. Wenn wir den Behörden nicht mehr vertrauen würden – das tue ich aber –, dann könnten wir gleich Ihrer politischen Polemik folgen. Das werden wir aber nicht machen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es geht auch gar nicht darum, ob wir bezweifeln, dass rechtsextremistische Straftaten stattgefunden haben. Ja, die gab es. Es gibt ganz konkret 150 Ermittlungsverfahren dazu. Die sächsische Justiz hat es geschafft – es mag noch andere Beispiele dafür geben; ich glaube, das sind sehr wenige –, innerhalb von zweieinhalb Wochen die ersten Straftäter zu verurteilen. Jemand geht fünf Monate ins Gefängnis in Sachsen, weil er den Hitlergruß gezeigt hat. Ich glaube, im Kampf gegen den Rechtsextremismus und zur Bekämpfung dieser Straftaten kann man nun wirklich nicht mehr tun, als die Menschen hinter Schloss und Riegel zu sperren.

Der im Video dargestellte Ausschnitt entspricht nicht der gesamten Realität. Das und nichts weiter hat Bundesverfassungsschutzpräsident Maaßen gesagt. Er wollte aufklären, er wollte die Desinformation beseitigen. Das ist sein Job, und dem ist er nachgekommen.

(Beifall bei der AfD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ja, ich muss auch sagen: Ich bedauere das Hin und Her und die ganze öffentliche Empörung. Sicherlich war es auch nicht hilfreich, dass jeder der Handelnden in den letzten Wochen gleich eine Absolutposition eingenommen hat. Aber ich möchte auch sagen – und deswegen bin ich stolz auf die Kanzlerin –, dass die nun gefundene Lösung auch der staatlichen Fürsorgepflicht der Regierung gegenüber ihren Beamten entspricht. Ich halte es für sehr angemessen, dass ein kompetenter Mann

(Jan Korte [DIE LINKE]: Mann, Mann, Mann!)

wie Hans-Georg Maaßen, der Einsatz zeigt, nun seine Erfahrungen im Innenministerium einbringen darf. Ich glaube, er ist ein wirklicher Gewinn für die innere Sicherheit in Deutschland.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Meine Damen und Herren, nach tagelangem Ringen sollte nun Schluss sein mit der Frage, ob jemand nach B 11, B 12 oder B 13 vergütet wird, ob er auf- oder absteigt. Es geht um die Frage einer nachgeordneten Behörde.

(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Aber für die Menschen da draußen, für die ist es nicht egal!)

Wir müssen zu einer Versachlichung zurückkommen. Wir müssen die zunehmende Politikverdrossenheit, zu der dieser Fall ehrlicherweise beigetragen hat, bekämpfen. Und wir sollten uns darauf konzentrieren, was alles in den letzten Tagen nebenbei passiert ist. Da haben nämlich die Ministerien und auch unsere Fraktionen fleißig weitergearbeitet, um unser Land in Gänze voranzubringen.

Wir haben mehrere Gesetzentwürfe erarbeitet und bereits in den Bundestag eingebracht: das Pflegestärkungsgesetz, das Gute-Kita-Gesetz. Das Wohngeld wird erhöht, das Baukindergeld eingeführt, mehr Bauland zur Verfügung gestellt, der Breitbandausbau geht voran, und wir reden aktuell auch über mehr Einwanderung von Fachkräften, die wir so dringend brauchen. Meine Damen und Herren, mein Appell: Lassen Sie uns wieder darüber reden; denn das braucht dieses Land und auch dieses Haus.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich habe nämlich einen Wunsch – den hat die gesamte Große Koalition auch –: dass wir in Deutschland als Gastgeber der Fußball-EM 2024 ganz Europa, die ganze Welt zu einem neuen Sommermärchen empfangen,

(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Thema hat jetzt noch gefehlt!)

dass wir uns als gute Gastgeber präsentieren können, dass die Leute nicht in Zeitungen lesen, wie wir uns über eine Person hin und her streiten, sondern die Gäste weltoffen aufnehmen, dass hier schnelles Internet vorhanden ist, dass die Züge pünktlich fahren,

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: In sechs Jahren erst? So viel Zeit wollen Sie denen geben?)

dass genügend Autobahnen vorhanden sind, um von A nach B zu kommen, und dass wir gemeinsam einen schönen Sommer haben. Darum sollte es gehen.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Amen! – Jan Korte [DIE LINKE]: Und wenig Baustellen!)