Skip to main content

Marc Henrichmann: "Das Namensänderungsgesetz gehört überarbeitet und reformiert"

Änderung von Familiennamen und Vornamen

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Am 1. Januar 1900 trat nach langjähriger Beratung das Bürgerliche Gesetzbuch, das BGB, in Kraft. Nach dem Krieg wurde in Artikel 123 im Grundgesetz normiert, dass dieses Recht fortgilt. Es fielen Normen weg mit der Zeit, es wurden Normen geändert und ergänzt, aber bis heute gilt das BGB als die Kodifikation des Privatrechts. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Gesetze stürmische, auch dunkle Zeiten überleben. Es lohnt immer ein Blick auf den Einzelfall. Das Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen, das Namensänderungsgesetz, stammt allerdings aus der Zeit von 1938. Reichsinnenminister war seinerzeit der NSDAP-Funktionär und später als Kriegsverbrecher verurteilte Wilhelm Frick. Es diente schlichtweg der Schikane, Ausgrenzung und Diskriminierung von Jüdinnen und Juden in Deutschland.

Auch wenn Passagen zur namentlichen Kennzeichnung von Juden gottlob lange Geschichte sind, so bleiben doch immer noch Relikte aus dieser dunkelsten Zeit der deutschen Geschichte. Gerade in dieser Zeit, wo Juden in Deutschland wieder Zielscheibe von Hass und Diskriminierung werden, gibt es nur einen Weg: Das Namensänderungsgesetz gehört überarbeitet und reformiert. Und Begriffe wie „Reichsregierung“ oder „Reichsminister“ haben in einem deutschen Gesetz nichts verloren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Jetzt gibt es Stimmen, die fordern, dass wir doch bei der Gelegenheit gleich mal das Namensrecht insgesamt auf den Prüfstand stellen und überarbeiten sollten. Für heute möchte ich sagen: Wir wollen hier und heute nicht ein Zeichen gegen Antisemitismus setzen und gleichzeitig das Namensrecht reformieren, sondern wir wollen ohne jede Einschränkung und Relativierung heute ein Zeichen setzen, dass jede Form von Hass und Ausgrenzung gegenüber jüdischem Leben hier in Deutschland nichts zu suchen hat.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Dr. Christoph Hoffmann [FDP])

Über die in diesem Zusammenhang profane Gesetzesarbeit sollten wir später reden. Und dennoch: Es gibt eine beeindruckend hochkarätig besetzte Kommission, die Vorschläge für eine Reform des Namensrechts erarbeitet hat. Es ist sicherlich vernünftig, im BGB die Regelungen des Namensrechts zukünftig zusammenzuführen. Über den Vorschlag, die Zuständigkeiten zu bündeln, werden wir sicherlich auch schnell einen Konsens finden. Auch den Wunsch vieler Familien nach echten Doppelnamen zu berücksichtigen, ist sicherlich einer intensiven Diskussion wert. Womit ich persönlich weniger etwas anfangen kann, ist, dass auf dem Prüfstand steht, alle zehn Jahre grundlos den Namen ändern und wechseln zu können. Aber wir werden das diskutieren.

Für heute zählt allerdings das Zeichen gegen Antisemitismus und Ausgrenzung. Ich fand einen Eindruck bei der Gedenkfeier zur Befreiung von Auschwitz von vor gut zwei Wochen sehr bewegend, und das war, als Frau Knobloch mit Blick auf die Gift-und-Galle-Fraktion am rechten Rande dieses Plenums die verbliebenen Aufrechten angesprochen und gesagt hat, man möge gucken, dass man auf den rechten Weg zurückfindet. Das hat zumindest für den Moment – so war mein Eindruck – dazu geführt, dass bei der späteren Rede von Herrn Brandner, dem Einpeitscher für Hass und Hetze in der Fraktion, der Applaus doch eher als Rohrkrepierer wahrzunehmen war.

Ich wünsche mir, dass auch von dieser Gesetzesänderung nicht nur in Richtung AfD, sondern generell in die Gesellschaft das Signal ausgeht, dass Hass, Hetze und besonders Antisemitismus in Deutschland nichts verloren haben. Es sind unsere gemeinsamen Gesetze aller Demokraten in Deutschland. Wenn Sie auch nur historisch oder semantisch den Geist von Ausgrenzung gegenüber Jüdinnen und Juden atmen, dann handeln wir, dann müssen wir handeln. Das tun wir hier, und ich bin dankbar, dass wir das aufgreifen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)