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Marc Henrichmann: "Das Instrument der Petitionsmöglichkeit in den Fokus rücken"

Rede zum Tätigkeitsbericht 2018 des Petitionsausschusses

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Liebe Besucher! Das gute Klima im Petitionsausschuss und das Miteinander, losgelöst von den parteipolitischen Unterschieden, ist hier schon diverse Male gelobt worden, und ich kann das auch nur unterstreichen. Was ich aber bemerke, ist, dass der ein oder andere dann, wenn Arbeit ansteht und die Kameras im Ausschusssaal aus sind, hier anders argumentiert als dort und hier mächtig aufdreht. Nachdem ich hier gerade vom Altparteienduktus, Sätze wie „Merkel muss weg!“ und so einen Senf gehört habe, frage ich mich schon, ob das die gleichen Menschen sind. Aber gut, das muss jeder für sich selbst beurteilen.

Bürgerbeteiligung, Briefe, Mails, Anrufe, Bürgersprechstunden kennt jeder von uns aus den Wahlkreisen; das ist bekannt. Aber gerade jetzt, wo 70 Jahre Grundgesetz zu feiern sind, ist vielleicht der richtige Anlass, das Instrument der Petitionsmöglichkeit in den Fokus zu rücken. Artikel 17 Grundgesetz und dessen besondere Stellung machen deutlich, worum es hier geht: Es ist ein Jedermannsrecht. Unabhängig von Nationalität, Herkunft, Hautfarbe, Sprache kann jeder eine Petition stellen und sein Anliegen übermitteln, und er hat die Gewissheit, im Petitionsausschuss gehört zu werden. Jede Eingabe wird bearbeitet. Jeder bekommt ein Feedback. Die zuständigen Ministerien werden eingebunden. Ich glaube, das ist ein gutes Instrument, wirklich tiefgründig Probleme anzugehen. Ganz häufig erledigen sich Anfragen schon im Vorfeld, indem man nämlich auf Rechtsmittelmöglichkeiten hingewiesen wird. Aber selbst diejenigen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, häufiger Petitionen zu schreiben, deren Name dann schon bekannt sind – „Ach, der oder die schon wieder!“ –, werden mit ihrem Anliegen nicht alleingelassen.

Wir werden unterstützt durch entsprechende Stellungnahmen aus den Fachministerien. Auch dafür möchte ich einmal herzlichen Dank sagen; das erleichtert nämlich die Arbeit ungemein. Auch zu erwähnen sind die Reisen, die Ortstermine, die „Mühe“ – in Anführungsstrichen –, die sich die Beteiligten auferlegen, um eine Lösung im Sinne der Petenten zu finden.

Bei manchen Petitionen haben wir es auch mit intensiven Beratungen im Ausschuss zu tun – vieles ist angeklungen – oder auch mit Berichterstattergesprächen, wo Vertreter der einzelnen Fraktionen zusammensitzen und in der Regel zielgerichtet überlegen: Wie kann ich dem Petenten bzw. der Petentin mit seinem bzw. ihrem Anliegen helfen?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/ CSU)

Das ist eben keine Parteipolitik. Das Finden von Lösungen steht im Mittelpunkt, und deswegen schließe ich mich ausdrücklich dem Dank an das Ausschusssekretariat, an die Mitarbeiter in den Büros, die sicherlich manchmal mehr Arbeit leisten als wir Abgeordnete – sie übernehmen nämlich die Vorbereitung der Petitionen –, aber auch an die Referenten in den Fraktionen an. Für all das sage ich Danke. Gemeinsam sorgen wir dafür, dass der Mensch im Mittelpunkt steht, und das sollte das Anliegen im Petitionsausschuss sein und bleiben.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Ein Beispiel, das der Vorsitzende erwähnte und das auch mir nicht aus dem Kopf geht, ist das Terminservice- und Versorgungsgesetz. Was haben wir im Vorfeld nicht alles gelesen! Die einen wollten für die Versorgung kämpfen. Die anderen haben befürchtet, das Gesundheitssystem breche zusammen, die Versorgung psychisch kranker Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, gehe vor die Hunde. Dann war es doch beeindruckend, zu sehen – Gesundheitsminister Jens Spahn war in der Anhörung selber anwesend –, dass nach intensiver Diskussion mit der Petentin diese zum Schluss sagte: Mensch, wir sind ja gar nicht so weit auseinander. – Ich glaube, wir sollten öfter innehalten und uns fragen: Übertreiben wir nicht in der Außendarstellung, auch in dem Hype, den wir bei manchen Themen erzeugen? Im Kern geht es doch allen Beteiligten immer um die Sache. Auch dem Minister war in diesem Fall daran gelegen, eine Lösung zu finden. 217 000 Mitzeichner hatte diese Petition. Ab 50 000 Mitzeichnern findet eine öffentliche Beratung statt. Es war schön, zu sehen, dass alle Petenten die Rückmeldung bekamen: Der Kampf hat sich gelohnt. – Der Kampfbegriff „gestufte und gesteuerte Versorgung“ war damit hinfällig. Man hat eine gute Lösung gefunden. Ich glaube, jetzt sind alle Beteiligten zumindest zufrieden oder aber überzeugt davon, dass man keine gegenseitigen Feindbilder erzeugen wollte.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Stefan Schwartze [SPD] – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Sehr gut dargestellt!)

Dieses Beispiel steht stellvertretend für viele andere heute schon genannten. Die Petitionen sind eben nicht für die Tonne, sie sind nicht umsonst, sondern sie werden gelesen und bearbeitet. Ich glaube, das ist ein wichtiges Signal.

Aber wo Licht ist, da ist manchmal eben auch Schatten. Oder – ich will es anders formulieren –: Wenn ein Petitionsausschuss Möglichkeiten zur Beteiligung bietet, gibt es immer auch Trittbrettfahrer. Nicht alles, was wir da erleben, ist gut. Man muss auch einmal kritisch erwähnen, dass es Internetportale gibt, die eben keinen hehren Zweck im Blick haben, sondern manchmal auch parteipolitisch motivierte Positionierungen und Arbeit. Da muss man schauen: Welche Kampagne ist eventuell politisch gesteuert? Die Garantie, dass mein Anliegen wirklich gehört wird, dass ein Kommentar nicht unterdrückt wird, hat man beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages. Dieser arbeitet nach innen, im Zweifel mit der Bundesregierung, gemeinsam mit den Fraktionen und den Landesvertretungen. Daran kann man sehen: Das Original ist im Idealfall besser als die Kopien. Deswegen werbe ich ausdrücklich dafür, den Petitionsausschuss auch im Rahmen der heutigen Sitzung noch bekannter zu machen und die Möglichkeiten, die er bietet, stärker nach draußen zu tragen, als es jetzt der Fall ist.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Manfred Todtenhausen [FDP])

Die Arbeit im Petitionsausschuss – ich bin auch neu dabei und gucke hier in die freudigen Gesichter meiner Fraktionskollegen; ein tolles Team –

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Ist auch schön mit dir!)

macht viel Spaß und erinnert mich manchmal an die Wahlkreisarbeit. Hier in Berlin ist man – alle wissen das – fachpolitisch sehr eingebunden; aber im Wahlkreis kriegt man alle Themen auf das Tapet. Wenn man mal Leute, die sich beschweren oder beklagen, fragt – ich tue das häufig –: „Mensch, hast du deinen Abgeordneten im Bund, im Land, in Europa, in der Gemeinde, im Stadtrat mal angesprochen?“, antwortet selten einer: Habe ich schon gemacht, hat aber nichts gebracht. – Ich glaube, das ist es: Wir brauchen Politiker, die zuhören, aber wir brauchen auch Bürger, die sich beteiligen. Das findet im Petitionsausschuss statt. Alle haben den Anspruch, mit Respekt behandelt zu werden. Dass man sich gegenseitig zuhört, macht Demokratie aus; das ist wichtig.

Da wir die Europawahlen vor der Brust haben, lassen Sie mich zum Schluss plädieren: Ich wünsche mir eine solche Beteiligung auch am 26. Mai – für Demokratie, für gegenseitigen Respekt. Dafür einzutreten, sich zu beteiligen, mitzumachen – das ist das Signal, das wir senden wollen. Die direkte Demokratie wurde angesprochen: Nie ist das einfacher gewesen als im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Manfred Todtenhausen [FDP])