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Kai Whittaker: Wir müssen uns auch fragen: "Was bringt ein Gesetz wirklich langfristig?“

Redebeitrag in der einführenden Generaldebatte zur Nachhaltigkeit

Herr Präsident! Werte Kollegen! In der aktuellen Ausgabe von „Stiftung Warentest“ wurden Tortelloni getestet.

(Der Redner hält eine Packung Tortelloni hoch)

Uns alle interessiert sicherlich brennend, dass sich der Testsieger in der Rubrik „Ricotta-Spinat-Füllung“ durch eine deutliche Käsenote und ein wahrnehmbares Mundgefühl bei Pinienkernen mit der Note „gut“ auszeichnet.

Jetzt fragen Sie sich wahrscheinlich: Was um alles in der Welt haben Tortelloni mit Nachhaltigkeit zu tun?

(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Ja, da sind wir jetzt auch gespannt!)

Ganz einfach: Wenn wir im Supermarkt einkaufen, dann kann es passieren, dass wir vielleicht ratlos vor dem Kühlregal stehen, weil wir nicht so genau wissen, welche Tortelloni wir kaufen sollen. Die Auswahl ist einfach zu riesig. Was machen wir? Wir orientieren uns vielleicht an den Markennamen, an dem, was wir aus unserer Kindheit kennen. Sehr wahrscheinlich schauen wir auch auf den Preis. Aber um eine wirklich gute Entscheidung zu treffen, müssten wir nicht nur den Preis vergleichen, sondern auch das, was in den Tortelloni steckt.

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann schaffen Sie dafür mal eine App, wie das die französische Regierung gemacht hat! Superpraktisch! Da stehen Sie am Kühlregal und machen einen Scan und wissen, welches Produkt nachhaltig ist! Machen Sie mal!)

Das ist schon im Supermarkt nicht ganz einfach, weil man so auf die Schnelle nicht alle Informationen übersichtlich vergleichen kann.

Ähnlich ist es mit Gesetzentwürfen. Es ist sehr klar, welche Marke da draufsteht. Oft ist auch klar, was die Gesetzentwürfe kosten. Ich darf daran erinnern: Wir als Union haben uns vor über 15 Jahren dafür eingesetzt, den Normenkontrollrat einzurichten, um die Bürokratiekosten zu ermitteln, damit wir als Bundestag diese Kosten im Zaum halten können. Darauf sind wir sehr stolz.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deutlich schwieriger ist es, zu beurteilen, wie nachhaltig ein Gesetzentwurf ist. Meine Vorredner haben schon deutlich gemacht, was Nachhaltigkeit ist, warum wir nachhaltige Politik brauchen und durch welche Maßnahmen wir unser Land nachhaltiger machen. Die Schlüsselfrage ist aber, wie wir systematisch auf mehr Nachhaltigkeit in der Politik achten. Es kommt darauf an, eben nicht nur zu schauen: „Was kostet ein Gesetz?“, sondern auch zu fragen: „Was bringt ein Gesetz wirklich langfristig?“ Die Kosten sind die eine, der Nutzen ist die andere Seite derselben Medaille.

Bisher fehlt uns ein solcher Bewertungsrahmen, so wie die Stiftung Warentest anhand klarer Kriterien Produkte bewertet. Genau das wollen wir ändern. Ich bin sehr froh darüber, dass wir nun die Bundesregierung bitten, einen solchen Bewertungsrahmen zu entwickeln. Es ist weltweit einmalig, dass ein Land so konkret eine vergleichende Systematik entwickeln will.

Ich darf mich ganz herzlich bei meiner Fraktion bedanken, insbesondere bei meinen Kollegen Ralph Brinkhaus, Georg Nüßlein und Andreas Lenz, sowie allen Kollegen aus dem Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung, bei Marie-Luise Dött und Anja Weisgerber aus dem Umweltausschuss und natürlich auch bei der SPD. Lieber Michael Thews, die Arbeit war hart, aber sie hat sich gelohnt.

Die Grundlage für eine verantwortungsvolle Politik ist, alle sozialen, wirtschaftlichen und umweltpolitischen Aspekte sowie alle 17 UN-Nachhaltigkeitsziele zu berücksichtigen. Als ich mir heute die Reden angehört habe, musste ich feststellen: Das hat noch nicht jeder verstanden, insbesondere jene an den beiden Hufeisenenden. Denn wer glaubt, dass nachhaltige Politik nur darin besteht, alle politischen Entscheidungen unter dem Aspekt des Klimaschutzes zu treffen, der hat nachhaltige Politik nicht verstanden.

Genau darin, liebe Kollegin Bettina Hoffmann von den Grünen, besteht der Unterschied zwischen uns. Ich habe mit Interesse gelesen, dass Sie von einem Nachhaltigkeits-TÜV reden. Beim TÜV aber schaut man sich ein Auto intensiv an, testet es auf Herz und Nieren und entscheidet dann, ob es für die Straße zugelassen wird oder eben nicht. Da ahne ich schon, dass Sie als grüne Fraktion alle politischen Maßnahmen ausschließlich danach bewerten werden, ob es dem Klima schadet, während alle anderen Aspekte unwichtig sind. Unser Verfahren hingegen stellt sicher, dass wir am Ende eine Debatte darüber führen, welche Gesetze am besten alle Aspekte einer nachhaltigen Politik verbinden. Dann können wir hier im Plenum darüber streiten, welche Aspekte uns wichtiger sind. Auch bei der Stiftung Warentest sind die besten Tortelloni nicht deshalb Testsieger geworden, weil sie besonders viel grünen Spinat enthalten, sondern weil das Produkt in allen Kategorien solide abschneidet.

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Guten Appetit!)

Auf diese Debatte freue ich mich.

Wir als Union sind die Nachhaltigkeitspartei mit unseren sozialen, konservativen und liberalen Wurzeln. Keine Partei denkt Nachhaltigkeit so umfassend wie CDU und CSU. Wir beweisen immer wieder aufs Neue, dass wir Gegensätze miteinander versöhnen können. Heute machen wir auf diesem Weg einen erheblichen Schritt nach vorne. Deshalb empfehle ich Ihnen wärmstens, dem vorliegenden Antrag zuzustimmen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)