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Gitta Connemann: Für uns in der Union ist Sprache etwas Verbindendes

Gesetz zur Festschreibung der deutschen Sprache als Landessprache

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich liebe die deutsche Sprache.

(Beifall bei der AfD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie hat mich geprägt; denn sie ist mehr als ein Instrument. Sie ist Ausdruck unserer Kultur. Deutsch ist die Sprache der Philosophie, der Dichter, der Denker – wegen ihrer Ausdruckskraft. „Zeitgeist“, „Weltschmerz“, „Kindergarten“ oder „Gemütlichkeit“: Das geht in keiner anderen Sprache.

Ich liebe die deutsche Sprache. Deshalb ärgere ich mich über Anglizismen und Wichtigtuer, die ihre Reden mit Fremdwörtern spicken

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der AfD und der FDP)

und von „Letter of Intent“ statt von „Absichtserklärung“ und von „obsolet“ statt von „überflüssig“ sprechen. Ich sage Ihnen: „Point of Sale“, „Hydration Creme“ oder „Facility Manager“ kann man auch auf Deutsch sagen, und Alt und Jung würde es verstehen.

(Beifall bei der AfD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Mahmut Özdemir [Duisburg] [SPD]: „Facility Manager“ ist der Hausmeister!)

Deshalb setzen sich die Mitglieder unserer Fraktion seit Jahren für die deutsche Sprache ein. Norbert Lammert wurde als Sprachwahrer des Jahres ausgezeichnet – übrigens auch Peter Ramsauer, der eine Deutsch-Initiative im Bundesverkehrsministerium auf den Weg brachte.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schwer zu verstehen, aber okay!)

Seitdem heißt es nicht mehr „Travel Management“, sondern „Reisestelle“.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)

Die CDU Deutschlands hat sich mehrfach dafür ausgesprochen, die deutsche Sprache im Grundgesetz zu verankern. Meine Damen und Herren – auch auf den Tribünen –, das fordert jetzt auch die AfD.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Es stellt sich die Frage: Warum nicht zustimmen?

Es gibt rechtliche Gründe.

(Beatrix von Storch [AfD]: Rechtliche Gründe!)

Hierzu werden meine Kolleginnen und Kollegen etwas sagen.

(Stephan Brandner [AfD]: Parteitagsbeschluss von Ihnen, Frau Connemann!)

Mein Augenmerk liegt auf der Sprache. Unserer Fraktion geht es nämlich nicht um Deutschtümelei oder um Selbstdarstellung,

(Lachen bei der AfD)

sondern um die Sprache. Wir wissen: Erstens. Sie muss gepflegt werden. Zweitens. Sie muss verständlich sein. Drittens. Sie soll verbinden und nicht trennen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Genau das unterscheidet uns von der AfD. Ihnen geht es um eines nicht: die deutsche Sprache.

(Jürgen Braun [AfD]: Unterstellungen! Nur Unterstellungen, Frau Connemann!)

Beweis gefällig? Ihr Gesetzentwurf strotzt nur so von Fremdwörtern. Ich zitiere: „deklamatorischen“, „Hauptkommunikationsmedium“, „Identifikation“ und, und, und. Brauchen Sie das wirklich, oder wussten Sie es nicht besser? Dabei gibt es einen Redaktionsstab der Gesellschaft für deutsche Sprache beim Deutschen Bundestag. Die freundlichen Mitarbeiter hätten Ihnen auch gerne geholfen. Bei Ihrem Kauderwelsch wäre Hilfe sicherlich auch nötig gewesen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)

Das gilt übrigens auch in Sachen Verständlichkeit. Wer Bandwurmsätze liebt, kommt bei Ihnen voll auf die Kosten.

(Beatrix von Storch [AfD]: Immerhin in Deutsch! – Karsten Hilse [AfD]: Was hat das damit zu tun? Gar nichts!)

Ich zitiere:

Die deutsche Sprache ist als das primäre Mittel zur Verständigung der Deutschen zugleich das Medium unserer sprachlichen Kultur, der sprachlichen Persönlichkeitsbildung und der individuellen wie gemeinschaftlichen Identifikation ...

(Stephan Brandner [AfD]: Wie Sie das betonen!)

Verstehen Sie eigentlich Ihre Sprachpanscherei? Mein Deutschlehrer hätte „A“ wie „Ausdruck“ hinter diesen Satz geschrieben. Gutes Deutsch? Weit gefehlt!

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Sie haben zitiert, was in anderen Sprachen dargestellt wird. Schauen Sie mal auf Ihren eigenen Internetauftritt! Da gibt es Ihr Grundsatzprogramm in russischer Sprache.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Am schlimmsten ist aber Ihr eigentlicher Antrieb. Für uns in der Union ist Sprache etwas Verbindendes. Sie nutzen Sprache, um zu enthemmen, um auszugrenzen, um zu spalten.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Jürgen Braun [AfD]: Sinnlose Behauptungen, Frau Connemann!)

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Frau Kollegin Connemann.

Gitta Connemann (CDU/CSU):

Das beweist übrigens der Vorläufer zu diesem Gesetzentwurf. Da steht keines der ach so schönen Worte über die Bedeutung unserer Sprache für Philosophie, Kultur und Wissenschaft. Nein, der Kollege Brandner zeichnet in diesem Vorläufer vor allem ein Zerrbild von Migranten – und das in schlechtem Deutsch.

Ich zitiere:

Spiegelbildlich zur gesellschaftlichen Segmentierung und Abkapselung der Migranten in ihren jeweiligen Milieus steigt die berechtigte Erwartungshaltung der deutschen Mehrheitsgesellschaft, die von ihnen zu Recht erwarten kann, sich den landestypischen Regularien anzupassen.

(Stephan Brandner [AfD]: Wir machen es für Sie in einfacher Sprache!)

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Frau Kollegin Connemann, der Kollege Spangenberg würde gerne eine Zwischenfrage stellen.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Zum Thema Milieu!)

Gitta Connemann (CDU/CSU):

Herzlich gerne.

Detlev Spangenberg (AfD):

Verehrte Kollegin, geben Sie mir nicht recht, dass es gerade notwendig ist, Deutsch als Landessprache ins Grundgesetz aufzunehmen, wenn auch die AfD solche Fehler macht?

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Jetzt macht der Gesetzentwurf Sinn! Jetzt verstehe ich den Gesetzentwurf!)

Gitta Connemann (CDU/CSU):

Bitte? Ich habe Ihre Frage nicht verstanden.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Herr Kollege Spangenberg, würden Sie Ihre Frage bitte wiederholen?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte halten Sie den Lärmpegel so niedrig, dass die Rednerin die Frage verstehen kann. Nur dann kann sie darauf antworten. – Herr Kollege Spangenberg.

Detlev Spangenberg (AfD):

Ich wiederhole die Frage, Frau Kollegin. Geben Sie mir recht, dass es, wenn auch die AfD solche Fehler macht, gerade wichtig ist, Deutsch als Landessprache ins Grundgesetz aufzunehmen?

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Wir sind doch hier keine Therapiegruppe! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gitta Connemann (CDU/CSU):

Jetzt macht Ihr Gesetzentwurf natürlich Sinn. Jetzt verstehe ich ihn.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Aber bevor Sie dies ins Grundgesetz schreiben wollen, würde ich Ihnen empfehlen, erst einmal Deutsch zu lernen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich durfte gerade aus Ihrem vorläufigen Gesetzentwurf zitieren; in die Endfassung hat es diese Stilblüte nicht geschafft. Die Vorlage ist weichgespült worden, um sich einen bürgerlichen Anstrich zu geben. Dankenswerterweise hatte der Kollege Brandner den ursprünglichen Gesetzentwurf aber ins Netz gestellt.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie hatten wohl kaum einen Sinneswandel, wenn ich mir Ihre sonstige Sprache vor Augen führe, von „Volkskörper“ bis „Migrassoren“. Auf gut Deutsch: Sie verschleiern Ihre eigentliche Absicht. Sie sind Wölfe im Schafspelz.

(Zurufe von Abgeordneten der AfD: Oh!)

Deshalb lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)