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Gero Storjohann: Wir sind kein „schlafender Riese“

Redebeitrag zum Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses 2019

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Schluss der Debatte möchte ich auf einige Dinge eingehen, die hier auch vorgeschlagen worden sind. Aber eines möchte ich hier abweisen: Wir sind kein „schlafender Riese“, Frau Rüffer.

(Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!)

Wir sind sehr aktiv im Rahmen unserer Möglichkeiten. Dass man sie verbessern kann, darin sind wir uns sicherlich auch einig.

(Beifall bei der CDU/CSU – Kerstin Kassner [DIE LINKE]: Genau!)

Ich möchte darauf hinweisen, dass ich seit 2005 im Obleutegremium bin und die Entwicklung kenne. 2003 sind wir nach Schottland gefahren, um uns Onlinepetitionen überhaupt anzusehen. Das war damals neu. Wir haben das System gekauft, und wir haben es dann im Laufe der Zeit auch anpassen können, verbessern können. Das machen wir nicht als Petitionsausschuss, das macht die Bundestagsverwaltung, in der wir nur ein kleines Rädchen sind und andere das für uns entscheiden müssen. Und dann stellen wir fest, dass die Kapazitäten nicht ausreichen für die neue Zeit, und es braucht auch seine Zeit, bis etwas ausgeschrieben ist und angepasst wird.

Dann stellen wir fest, dass es nicht mehr reicht, eine Stunde im Ausschuss zu diskutieren. Woran liegt das? Weil wir keinen eigenen Sitzungssaal haben. Wir müssen also vor den anderen diskutieren: von 8 bis 9 Uhr. Wir können das auch von 7 bis 9 Uhr oder von 6 bis 9 Uhr machen; das sind noch unsere Alternativen.

(Timon Gremmels [SPD]: Das sagen Sie mal Herrn Mattfeldt!)

– Ja, ist schon klar. – Aber das ist unser Problem. Wenn wir intensiver einsteigen wollen, dann müssen wir einen eigenen Sitzungssaal haben. Jeder kann sich vorstellen, wann eine Umsetzung in der heutigen Situation der Fall wäre.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Wir haben mehr Zuspruch. Wir haben auch mehr Probleme, in die wir einsteigen wollen. Das heißt, wir machen mehr Vor-Ort-Termine, wir führen mehr Berichterstattergespräche. Berichterstattergespräche bedeutet, dass die Fachleute aus den Ministerien, sei es aus Bonn oder Berlin, kommen und dass wir als Fraktionen hinterfragen. Ein bis zwei Stunden dauert jedes Berichterstattergespräch. Sie nehmen zu. Wir haben die öffentlichen Beratungen. Wir haben 52 Wochen, und wir können nur den Montag nehmen, weil wir keinen Sitzungssaal finden, weil auch andere Ausschüsse Gesetzesberatungen machen. Wenn jetzt die Forderung kommt, dass wir noch mehr öffentliche Beratungen machen sollen, dann ist das irgendwann nicht mehr leistbar. Deswegen haben wir 50 000 Unterzeichner gesagt. Frau Bach, es gibt ganz wenige Petitionen, die zwischen 20 000 und 50 000 liegen. Wenn wir einen freien Termin haben, wenn wir also keine 50 000er-Petition haben, dann sagen wir selbstverständlich in der Obleuterunde: Und was können wir jetzt nehmen, um die Lücke zu füllen? – Dann nehmen wir eine 15 000er oder 5 000er. Da sind wir uns auch immer ganz schnell einig.

Das heißt, wir müssen arbeitsfähig bleiben im Rahmen unserer beschränkten Möglichkeiten, die wir leider haben. Dafür setzen wir uns ein. Was wir brauchen, ist eine Umstellung von der Papierakte auf die digitale Akte.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Aber wir haben die Papierakte. Die Akten werden jahrzehntelang aufbewahrt, weil es teilweise Petenten gibt, die sehr lange mit uns in Kontakt sind.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Glauben Sie mir, ich freue mich, wenn ich eine Akte abarbeite. Das sind dann drei Aktenordner, die ich schon mal zur Seite packen kann; besser, als wenn ich diese kleinen dünnen immer nehme. Deswegen: Die Umstellung ist das Problem. Wir müssen das parallel machen, mit einem Mitarbeiterstarb, der nicht wächst. Ich bearbeite den Bereich Verkehr. Seit über einem Jahr ist die Referentenstelle im Bereich Verkehr nicht besetzt – nicht weil wir das nicht wollen, sondern weil es Rechte der Mitarbeiter gibt. Man kann gegen eine Personalbesetzung klagen, und das wird auch gemacht. Dann ist ein Jahr im Bereich Verkehr Stillstand. Ich kann ja keinen aus dem Sozialausschuss da hinsetzen; denn was beim Verkehr bearbeitet werden muss, ist speziell.

(Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das können wir auch!)

Insofern gibt es Dinge, die wir leider nicht verändern können. Was wir können, ist: Wir können unsere Digitalität vorantreiben. Das wird auch keine Wunder bewirken. Wir sind sechs Fraktionen mit sechs Meinungen, manchmal sieben. Das bedeutet – das erleben wir in jedem anderen Ausschuss auch –, dass es länger dauert, zu einer Entscheidung zu kommen. Dann sind vier Fraktionen einer Meinung, dann kommt das Thema im Ausschuss an und Manfred Todtenhausen sagt: Also, ich habe mit meinen Leuten gesprochen, wir wollen noch einmal eine Berichterstattung haben. – Dann läuft die Petition noch einmal drei Monate, bis wir sie wieder haben. Das ist alles richtig, es dient der Sache, aber es verlängert den Entscheidungsprozess. Ich würde mich freuen, wenn ich von meinem Finanzamt alle drei Wochen Bescheid bekomme: Dein Antrag auf Lohnsteuerausgleich oder die Einkommensteuererklärung hat jetzt diesen Bearbeitungsstand. – Bekomme ich aber nicht. Wenn ich einen Bauantrag stelle, bekomme ich das auch nicht.

Wir haben einige Petenten, die bei uns in den Büros bekannt sind und auch die Mitarbeiter entsprechend kontaktieren. Das ist auch eine Sache. Deswegen versuchen wir, die Berichterstatter öffentlich nicht transparent zu machen.

(Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir machen das! Wir haben gerne Kontakt!)

– Ja, mag ja sein; Sie haben dann ja Glück. – Wir versuchen, das nicht transparent zu machen, sondern es geht um die Sache. Es ist auch ein gewisser Schutz für unsere Mitarbeiter, dass wir das nicht allzu transparent machen.

Das alles gilt es abzuwägen. Hier sind wir gerne bereit, auch in Gespräche einzutreten. Das Petitionswesen in Deutschland ist erfolgreich. Es ist insgesamt auf der Welt ein Erfolg. Wenn jetzt vorgeschlagen wird, wir sollten eventuell einen Ombudsmann auf Bundesebene implementieren, dann kann man das wollen. Das wird aber die Arbeit des Petitionsausschusses grundsätzlich verändern. Dann sind nach meiner Auffassung die Einzelanliegen beim Ombudsmann angesiedelt, und die politischen Anliegen, die wir auch in den Ausschüssen diskutieren, würden dann im Petitionsausschuss zusätzlich noch einmal einen besonderen Drive bekommen. Das möchten wir als Union nicht. Deswegen diskutieren wir hierüber auch mit dem Koalitionspartner, mit Stefan Schwartze, sehr intensiv. In dieser Periode wird das jedenfalls nichts. Wir wollen andere Dinge vorantreiben. Auf Landesebene mag das richtig sein, wir können da jedenfalls nicht mitmachen.

Also: Meinen herzlichen Dank an die Mitarbeiter, die trotz vieler Kritik von uns, die immer unberechtigt ist, weitermachen. Ich danke meinem Fraktionsvorsitzenden, dass er uns entsprechend ausstattet und entsprechend Aufmerksamkeit schenkt, auch heute. Einen Dank an alle, die mit mir zusammenarbeiten müssen. Ich mache das gerne weiter und freue mich auf die gemeinsame Arbeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)