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Dr. Patrick Sensburg: Wir haben keine politische Justiz

Rede zur Entpolitisierung der Justiz und Sicherheitsbehörden

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Brandner, ich sage nur, wie es ist. – Ihr Gesetzentwurf zur Entpolitisierung der Justiz und Sicherheitsbehörden erweckt den Eindruck, als hätten wir eine politische Justiz und politische Sicherheitsbehörden. Mitnichten! Das ist nicht der Fall.

(Thomas Ehrhorn [AfD]: Genau das haben wir!)

Wir haben Sicherheitsbehörden, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung schützen. Wir haben keine politische Justiz.

(Daniela Wagner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie in Russland!)

Sie suggerieren dies erst mit Ihrem Gesetzentwurf, und eigentlich – es ist gerade gesagt worden; ich kann dem nur zustimmen – wünschen Sie es sich ja durch Ihre Brille, und das ist traurig.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Nina Scheer [SPD])

Ihr Gesetzentwurf hat im Kern drei Themen, über die man zwar diskutieren kann. Aber wenn man das tut, wird man sehr schnell zu dem Schluss kommen, dass man Ihren Gesetzentwurf und die darin enthaltenen Punkte ablehnen muss. Der erste Punkt ist das Weisungsrecht gegenüber der Staatsanwaltschaft. Der zweite Punkt ist die Frage, wie es mit politischen Beamten, unseren Spitzenbeamten, aussieht. Der dritte Punkt ist die Richterwahl.

Beim Weisungsrecht gegenüber der Staatsanwaltschaft hat das Grundgesetz in Artikel 97 eine ganz klare Entscheidung getroffen: Richter sind unabhängig. Diese Entscheidung ist ganz bewusst getroffen worden. Denn bei der Abwägung, die damals stattgefunden hat und auch immer wieder in den Diskussionen stattfindet, wird ganz klar auf der einen Seite die Freiheit der Justiz angeführt, auf der anderen Seite aber auch, dass es Verantwortung für Entscheidungen geben muss.

Die Staatsanwaltschaft besteht aus Exekutivbeamten im Strang, und der Chef ist der Justizminister, ebenso wie der Chef der Polizisten der Innenminister ist. Er muss für die Arbeit geradestehen. Das ist im Umkehrschluss ein Schutz für Staatsanwälte, weil sie wissen, dass Sie die Deckung ihrer Führung, ihres Ministers, haben. Daher rührt die Entscheidung, dass Staatsanwälte weisungsgebunden sind.

Nur in ganz wenigen Fällen tritt wirklich einmal eine Situation auf, in der das problematisch ist. Wir denken an die Diskussion um die Weisung an den Generalbundesanwalt Range durch den damaligen Justizminister Maas. Das wird sofort öffentlich. Das wird diskutiert. Ich hätte mir das damals anders gewünscht, okay; aber das sind Einzelfälle, die dann auch wirklich in den Fokus geraten. Dass ein Minister dann irgendwann eine Entscheidung trifft, wenn er meint, dass er sie treffen muss, liegt dann auch in seiner Verantwortung. Von daher ist, glaube ich, das Recht der Weisung gegenüber Staatsanwälten richtig. Das unterscheidet sie eben von den Richtern.

Der zweite Punkt, den Sie angeführt haben, sind die politischen Beamten, die Sie gerne abschaffen möchten, die Spitzenbeamten, den Bundespolizeipräsidenten, den BND-Präsidenten, den Verfassungsschutzpräsidenten. Sie sollen keine politischen Beamten mehr sein. Das hat aber zwei Seiten. Auf der einen Seite müssen sie politisch sein. Wir erwarten von ihnen politische Statements, dass sie uns ihre Meinung sagen und Bewertungen abgeben. Auf der anderen Seite erwarten wir auch, dass man mit ihnen überparteilich, über die Fraktionsgrenzen hinweg vertrauensvoll zusammenarbeiten kann.

Ich kann nicht sehen – das ist meine Meinung –, dass Herr Maaßen – er wurde eben angesprochen – eine Vielzahl von Fehlern gemacht hat. Im Nachhinein hat sich vieles als nicht richtig erwiesen, was die Vorwürfe betrifft. Aber wir müssen sehen, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit über die Fraktionen nach dem, was dort diskutiert worden ist, nicht mehr möglich war, und dann muss es auch eine Möglichkeit geben, einen Neuanfang zu machen. Deswegen sind politische Beamte eben politische Beamte. So kann man, zum Beispiel bezogen auf den Sachverhalt des Verfassungsschutzes, sagen: Wir fangen mit einem neuen Chef an.

Der letzte Punkt ist die Richterwahl. Ich habe Ihren Gesetzentwurf mehrmals gelesen und festgestellt: Sie wollen eine demokratisch legitimierte Wahl durch den Bundestag, durch Vertreter des Volkes, durch eine Wahl im Hinterzimmer von Richtern ersetzen, die nicht demokratisch legitimiert und nicht transparent ist.

(Stephan Brandner [AfD]: Die Hinterzimmer wären wesentlich besser!)

Was da besser werden soll, müssen Sie mir mal in einer Mußestunde erklären. Ihrem Gesetzentwurf ist das nicht zu entnehmen.

Ich kann nur sagen: Alle drei Punkte und damit der Gesetzentwurf insgesamt sind abzulehnen. Die Themen sind schon lange diskutiert worden. Bringen Sie gerne neue Themen, über die wir diskutieren können. Aber so kann man nur sagen: Das ist nichts. Der Gesetzentwurf muss abgelehnt werden.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Otto Fricke [FDP])