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Dr. Patrick Sensburg: Wir haben eine Parlamentsarmee, keine Exekutivarmee

Redebeitrag zum Bundesverfassungsgerichtsgesetz (Auslandeinsätze)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bundestag schickt Soldatinnen und Soldaten nur dann in den Einsatz, wenn die rechtlichen Voraussetzungen für einen solchen Einsatz vorliegen. Das gilt für die Verlängerung des Syrien-Einsatzes, und das gilt auch für die anderen Einsätze. Wir diskutieren intensiv, sehr kontrovers und sehr strittig über die rechtlichen Aspekte, aber dann beschließen wir als Deutscher Bundestag einen solchen Auslandseinsatz.

(Zuruf von der AfD: Es ist noch kein Mandat abgelehnt worden!)

So ist das, und das muss festgestellt werden. Gleichzeitig stehen wir hinter unseren Soldatinnen und Soldaten, die in den Auslandseinsatz gehen. Wir sind auch stolz auf ihren Einsatz für unsere Sicherheit und die von sehr vielen Menschen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Darum geht es doch gar nicht! Es geht um Argumente!)

Richtig ist, dass es derzeit keine Möglichkeit gibt, einen entsprechenden Beschluss rechtlich vor dem Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen. Diese Konstruktion ist so auch beabsichtigt und macht Sinn. Die Absicht von Bündnis 90/Die Grünen ist relativ durchschaubar, und es ist ja auch nicht das erste Mal, dass Sie einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen, jetzt allerdings in veränderter Form. Zwar wurden die Quoren und die Voraussetzungen verändert, aber die Absicht ist offensichtlich. Sie versuchen, im Endeffekt ein Gericht einzuschalten, um das ganze Verfahren in die Länge zu ziehen, um gegebenenfalls am Ende zu erreichen, dass ein Beschluss für einen Auslandseinsatz verhindert wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Gegebenenfalls haben die Rahmenbedingungen sich in dem Einsatzland dann so verschlechtert, dass Frieden im Grunde nicht mehr erreicht werden kann. Das ist durchschaubar, das ist die Absicht. Und wenn es so ist – es ist eben gesagt worden –, dass eine Fraktion im Deutschen Bundestag dann sicherlich jeden Beschluss im Zuge eines Antragsverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht überprüfen lassen wird, dann weiß man, dass Einsätze in vielen Fällen keinen Sinn mehr machen werden und Frieden keine Chance bekommt. Das muss Ihnen klar sein.

Die Einführung einer abstrakten Normenkontrolle für einen entsprechenden Beschluss des Deutschen Bundestages – es ist eben gesagt worden – vermischt systemisch zwei Systeme, weil es sie zu einem zusammenführen will – das ist eine neue Verfahrensart –, mit Bestandteilen aus dem Organstreitverfahren und auch der abstrakten Normenkontrolle.

Nicht klar ist der Prüfungsaufbau und das Prüfungsschema; das wird offengelassen. Es reicht nicht, zu sagen: Das sind die Grundrechte in Artikel 24 und Artikel 25 Grundgesetz. – Klar macht das das Bundesverfassungsgericht, sonst wären Sie ja vor einem anderen Gericht. Den Prüfungsmaßstab müssen Sie schon konkreter darlegen, aber das bleiben Sie in Ihrem Gesetzentwurf deutlich schuldig.

Es ist bereits gesagt worden: Wir haben eine Parlamentsarmee, keine Exekutivarmee und erst recht keine Gerichtsarmee. Von daher würden Sie im Endeffekt dem Bundesverfassungsgericht eine Letztentscheidungskompetenz aufbürden für viele Fragen, die sich nicht allein bezogen auf das Grundgesetz beantworten lassen, sondern über – Sie haben selbst die Artikel 24 und 25 GG genannt – eine entsprechende Hinterfragung des Völkerrechts, und dafür ist das Bundesverfassungsgericht in keiner Weise zuständig.

Abschließend: Sie zitieren aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts – es ist die Randnummer 44 –, dass die „Ermöglichung verfassungsgerichtlicher Kontrolle Sache des Gesetzgebers“ sei.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)

Das ist richtig. Davor stehen aber zwei größere Ausführungen, die lauten wie folgt:

Zum einen ist die Entscheidung über Auslandseinsätze über die Grundsätze des verfassungsrechtlich verankerten Parlamentsvorbehalt nicht der Exekutive, sondern dem Deutschen Bundestag als Repräsentationsorgan des Volkes anvertraut … Zum anderen rechtfertigt allein die verfassungsrechtliche Bedeutung einer Maßnahme nicht die Bildung weiterer beziehungsweise die Ausweitung bestehender verfassungsgerichtlicher Verfahrensarten entgegen dem im Grundgesetz verankerten Enumerationsprinzip …

(Enrico Komning [AfD]: Aha!)

Das Verfassungsgericht sagt also gerade nicht, dass eine Lücke im Rechtsschutz vorliegt, sondern verweist auf die Verantwortung des Parlaments, und die sollten wir auch wahrnehmen.

Mir scheint der wesentliche Punkt Ihres Gesetzentwurfs zu sein, dass Sie auf Zeit spielen wollen. Sie wollen Entscheidungen in die Länge ziehen und Einsätze möglichst erschweren. Nach meiner Beurteilung verhindern Sie damit sinnvolle, vernünftige Einsätze, die Frieden bewahren und sichern könnten. Den Frieden zu bewahren, schaffen Sie durch so ein Verfahren, wie Sie es vorschlagen, nicht.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur wenn sie verfassungswidrig sind!)

Dass Sie nebenbei auch noch unsere Bündnisfähigkeit schwächen und der Bundesregierung nicht die Möglichkeit geben, sich auch international klar zu äußern, was möglich ist, –

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss.

 

Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU):

– all das spricht gegen Ihren Gesetzentwurf. Wir werden ihn auch diesmal ablehnen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)