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Dr. Patrick Sensburg: Keine Bußgeldbewehrung beim ersten Verstoß

Aktuelle Stunde - Auswirkungen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auf Behörden, Wirtschaft und Bürger

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Datenschutz-Grundverordnung gibt die Europäische Union uns, den Bürgerinnen und Bürgern, das Instrument in die Hand, autonom über unsere Daten entscheiden zu können. Daher ist dieser Rechtsakt aus dem Europäischen Parlament, aus Europa, ein guter Rechtsakt. Es gibt aber an verschiedenen Stellen Punkte, über die wir diskutieren müssen. Deswegen ist es gut, dass wir heute diskutieren. Aber es macht keinen Sinn, sich gegenseitig vorzuwerfen, an irgendeiner Stelle geschlafen zu haben. Lieber Kollege Höferlin, gerade wurde schon gesagt, dass die FDP im Europaparlament vertreten war. Es geht um die europäische Datenschutz-Grundverordnung, die vom Europäischen Parlament beschlossen wurde.

(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! – Manuel Höferlin [FDP]: Ich spreche aber von der Öffnungsklausel, die Sie hier im Land machen müssen!)

Ihre Kollegin Frau Nadja Hirsch hat damals in einem Artikel des „Handelsblatts“ erklärt, warum wir die Datenschutz-Grundverordnung dringend brauchen,

(Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Die wollen wir auch! Es geht um die Umsetzung in Deutschland!)

und hält an der Begründung bis heute fest. Entsprechend haben die Liberalen im Europäischen Parlament abgestimmt.

(Manuel Höferlin [FDP]: Ich bin ja auch nicht gegen die Datenschutz-Grundverordnung!)

An die Kolleginnen und Kollegen der AfD: Es haben immerhin fünf Ihrer Kolleginnen und Kollegen, die über die AfD in das Europaparlament eingezogen sind und die in der EKR-Fraktion geblieben sind, für die Datenschutz-Grundverordnung gestimmt.

(Hansjörg Müller [AfD]: Das sind aber nicht unsere Kollegen! – Burkhard Lischka [SPD]: Bestimmt Frau von Storch!)

So ist das nun einmal. Diesen Schuh müssen Sie sich anziehen. Liebe Kollegin von Storch, Sie waren es im Europaparlament – das ist ein Kollegialorgan; Sie haben im LIBE-Ausschuss mit abgestimmt –, die es zu verantworten haben, genauso wie wir im Deutschen Bundestag alles gemeinsam verantworten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Saskia Esken [SPD]: Verantwortung liegt denen nicht!)

Staatssekretär Mayer hat nach meiner Meinung zu Recht auf drei Punkte hingewiesen, über die wir reden und nachdenken müssen. Der erste Punkt sind die Abmahnungen. Hier geht es im Kern um die professionellen Abmahner, die unsere kleinen ehrenamtlichen Vereine und mittelständischen Betriebe abmahnen. Wir müssen darüber nachdenken, welche Lösungen wir hier finden können. Deswegen begrüße ich es sehr, dass sowohl unsere rechtspolitische Sprecherin Frau Winkelmeier-Becker hier Vorschläge gemacht hat, als auch das Innenministerium gemeinsam mit dem Justizministerium schon länger nach Lösungen sucht, die weit über die Datenschutz-Grundverordnung hinausgehen und verhindern, dass es zu solchen Abmahnungen kommt.

(Manuel Höferlin [FDP]: Das hätte man auch in den letzten zwei Jahren machen können! Geschlafen!)

Der zweite Punkt ist: Wir müssen uns Gedanken darüber machen, wie wir zu einer Klärung bei der Bestellung der Datenschutzbeauftragten kommen. Da gibt es unbestimmte Rechtsbegriffe in der Datenschutz-Grundverordnung. Das ist etwas Normales in einem Gesetz. Schließlich sind Rechtsbegriffe generell abstrakt. Aber sie müssen für die Anwender klar sein – hier kann man nicht erst auf Gerichtsentscheidungen warten –, und hier müssen wir Hilfestellung geben. Deswegen ist es richtig, dass wir informativ nachsteuern und dass vonseiten der Ministerien noch einmal eine Informationsoffensive kommt. Eine solche Offensive hätte ich mir übrigens auch vom Europäischen Parlament und von der Kommission gewünscht; darauf hätte man drängen können. Ich habe keinen einzigen Wortbeitrag von Ihnen gefunden, Frau von Storch, wo Sie auf eine Informationskampagne für die Bürgerinnen und Bürger drängen. Falls es einen solchen Beitrag gibt, können Sie ihn mir gerne nachliefern. Ich habe heute den ganzen Vormittag vergeblich gesucht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Burkhard Lischka [SPD])

Der dritte Bereich, über den wir uns Gedanken machen müssen, betrifft die Frage, ob wir nicht eine Regelung schaffen können – es ist richtig, dass in der europäischen Datenschutz-Grundverordnung Bußgelder vorgegeben sind –, die dafür sorgt, dass ein Erstverstoß in einer Phase, wo viel Unklarheit herrscht, nicht bußgeldbewehrt ist. Wir sind der Meinung: Keine Bußgeldbewehrung beim ersten Verstoß bei kleinen und mittelständischen Unternehmen, KMUs, und ehrenamtlichen Vereinen! Erst beim zweiten Verstoß, wenn man es hätte wissen können, werden Bußgelder verhängt.

Diese drei Punkte halte ich im Wesentlichen für überarbeitungsnotwendig.

(Manuel Höferlin [FDP]: Das sind alles nationale Dinge, die Sie hätten machen können! Verschlafen!)

Ich freue mich, dass diese Bundesregierung und die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD schon lange vor dieser Aktuellen Stunde die Probleme der Bürger im Dialog mit ihnen erkannt haben und nachsteuern wollen. Aber es ist gut, dass es die Gelegenheit gibt, zu sagen, dass wir diese Punkte anpacken.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)