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Dr. Jan-Marco Luczak: Wir wollen die wirtschaftlichen Folgen abmildern

Rede zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns alle einig: Die Coronapandemie ist sicher die größte Herausforderung, die unser Land seit sehr vielen Jahrzehnten zu bewältigen hat. Davon sind alle gesellschaftlichen Bereiche betroffen. Ich denke zum Beispiel an den Gesundheitsbereich und die Einschränkung der persönlichen Freiheit. Betriebe müssen schließen, Aufträge brechen weg, und Menschen verlieren ihren Job.

Wir werden sicher – das muss man offen und ehrlich sagen – nicht alles davon abfedern können. Wir können den Menschen nicht versprechen, dass am Ende niemand wirtschaftlichen Schaden nimmt, aber – und deswegen läuft ja gerade diese Abstimmung – wir stemmen uns mit allem, was wir haben, dagegen. Wir wollen die wirtschaftlichen Folgen abmildern. Um das zu bewirken, machen wir gerade ein Rettungsprogramm in dreistelliger Milliardenhöhe.

Aber auch die Rechtspolitik muss hier ihren Beitrag dazu leisten. Deswegen werden wir an verschiedenen Gesetzen Veränderungen vornehmen, um dieses Rettungspaket, diese Hilfsmaßnahmen, zu flankieren; denn unser Ziel ist ganz klar: Niemand soll wegen der Coronakrise seine wirtschaftliche Existenz verlieren.

Deshalb machen wir ein umfangreiches Gesetzespaket. Dabei geht es um den Bereich des Insolvenzrechtes, um das Gesellschaftsrecht, um das Strafprozessrecht. Am Ende geht es darum, die Handlungsfähigkeit zu erhalten, und dafür machen wir ganz verschiedene Maßnahmen.

Ich will mich hier auf den Bereich des Zivilrechtes konzentrieren; denn das ist das, was die Menschen ganz unmittelbar betrifft. Viele Menschen müssen in Kurzarbeit gehen oder verlieren jetzt möglicherweise ihren Job infolge der Krise, weil Betriebe zumachen. Unser Ziel ist es, mit diesem Gesetzespaket diese wirtschaftlichen Folgen von Corona abzumildern.

Deswegen wollen wir mit diesem Gesetz ein doppeltes Signal aussenden. Wir wollen den Menschen ihre existenziellen Ängste und Sorgen nehmen, insbesondere die, dass sie ihre Wohnung verlieren könnten und dass ihre Betriebsstätte nicht aufrechterhalten werden kann, und gleichzeitig wollen wir auch das Signal aussenden, dass wir den Wirtschaftskreislauf am Laufen halten, sodass das Vertrauen in den Fortbestand von Verträgen erhalten bleibt.

Wir tun in dem Zusammenhang das, was notwendig ist, aber wir reduzieren die Eingriffe – und das muss man auch deutlich sagen: Es ist ein tiefer und massiver Eingriff in bestehende Verträge; das ist ordnungsrechtlich alles andere als trivial – auf das zwingend notwendig Maß. Deswegen war es uns als Union auch sehr, sehr wichtig, all das, was wir jetzt machen, bis zum 30. Juni 2020 zu befristen, sodass es erst einmal nicht darüber hinausgeht.

Wir adressieren da verschiedene Punkte. Es geht zum einen darum, Verbraucher bei Dauerschuldverhältnissen zu schützen, sodass ihnen nicht der Strom, das Internet, das Wasser abgestellt wird. Sie können für drei Monate etwas Luft schnappen und die Zahlungen einstellen. Wir wollen die Eigentümer und auch andere Verbraucher schützen, die Darlehen aufgenommen haben. Ich denke etwa an Menschen, die ihr Haus finanziert haben und aufgrund ihrer Situation in den nächsten drei Monaten keine Kreditraten mehr tragen müssen, also keine Zinsen mehr zahlen und keine Tilgungen mehr leisten müssen, weil wir verhindern wollen, dass dort in das Eigentum vollstreckt wird.

Ein weiterer Bereich, der, glaube ich, die meisten Menschen insbesondere interessiert, ist der Bereich des Mietrechts, weil es dort wirklich um existenzielle Fragen geht. Wir wollen nicht, dass Menschen ihr Dach über dem Kopf verlieren; denn es ist für sie existenziell. Das Zuhause ist ein Stück Rückzugsort; es ist ein Stück Heimat. Deswegen sagen wir: Bis zum 30. Juni 2020 wird der Kündigungsschutz hochgefahren. Wegen Mietschulden darf man in dieser Zeit nicht mehr kündigen.

Wahr ist aber auch: Wir muten den Vermietern damit einiges zu. Man muss schon sagen: Auch die haben natürlich Sorgen. Viele – gerade die privaten Kleinvermieter – sind darauf angewiesen, Mietzahlungen zu erhalten, weil sie etwa ihre Altersvorsorge darauf aufgebaut haben. Deswegen haben wir als Union nicht nur sehr darauf geachtet, dass wir das Gesetz an dieser Stelle befristen, sondern wir haben auch gesagt: Es ist dringend notwendig, dass die Mieterinnen und Mieter nachweisen und glaubhaft machen müssen, dass sie wirklich aufgrund von Corona in diese wirtschaftliche Notlage gekommen sind und deswegen ihre Mietzahlungen nicht leisten können.

Mir sind zwei weitere Punkte wichtig, die ich nur ganz kurz adressieren möchte:

Erster Punkt. Der Zahlungsanspruch bleibt selbstverständlich bestehen. Die Mieter müssen ihre Miete nachzahlen und gegebenenfalls auch Verzugszinsen zahlen. Es ist, glaube ich, daher wichtig, den Mietern zu sagen: Nur diejenigen, die wirklich in wirtschaftlicher Not sind, sollten davon Gebrauch machen, und es sollte auch an die Vermieter gedacht werden.

Bei meinem letzten Punkt geht es um den Grundsatz der Subsidiarität. Nehmt staatliche Hilfen in Anspruch: Wohngeld, ALG II, die staatlichen Hilfsprogramme! Wir wollen keinen Dominoeffekt auslösen, sondern wir wollen die Wirtschaft am Laufen halten. Insofern sollten die staatlichen Hilfsprogramme bitte in Anspruch genommen werden, sodass die Mieten auch weiter gezahlt werden können.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Herr Kollege Luczak.

 

Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU):

Ich komme zum Schluss.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Ja, bitte.

 

Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU):

Es sind besondere Zeiten; sie erfordern besondere Lösungen. Wir wollen mit diesem Gesetz ein Stück weit Hoffnung und Zuversicht geben, und deswegen bitte ich hier an dieser Stelle um Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)