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Christoph Bernstiel: Wir können nicht warten, bis sich eine zweite RAF gebildet hat

Redebeitrag zum Aktionsplan gegen linksextremistische Gewalt

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn. Insofern wundert es mich nicht, dass es auch der AfD mal gelungen ist, tatsächlich ein paar Dinge anzusprechen, die in unserem Land verkehrt laufen.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Hätten Sie ja klatschen können!)

Das Thema Linksextremismus beschäftigt uns nicht erst, seitdem es die AfD hier im Deutschen Bundestag gibt. Nein, wir beschäftigen uns schon sehr lange damit.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Davon merkt man aber nichts!)

Es ist natürlich ein Problem, wenn wir in Leipzig marodierende Banden haben, autonome Linksextremisten, wenn die Polizei angegriffen wird. Da gibt es nichts schönzureden, und wir gehen auch dagegen vor.

Allerdings kommt man nicht umhin, zu sagen, lieber Herr Hess: Aktuell ist es in unserem Land nun mal der Rechtsextremismus, der die größte Gefahr für unsere Demokratie ist. Es ist richtig, nicht das eine mit dem anderen zu vergleichen.

(Zuruf des Abg. Dr. Götz Frömming [AfD])

Aber es ist auch falsch, wenn man immer nur auf den Linksextremismus schaut und nie die gleiche Initiative ergreift hinsichtlich des Rechtsextremismus Ihrer Partei.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Für uns als CDU beziehungsweise als Union – ich begrüße meine CSU-Kollegen – ist es natürlich wichtig, alle Phänomenbereiche im Blick zu haben. Das wurde heute in den Debatten schon deutlich. Das bedeutet: Nur weil wir noch keine linksextreme Bewegung haben, die mordend durch die Lande zieht, heißt das noch lange nicht, dass diese Gefahr nicht existiert; denn der aktuelle Verfassungsschutzbericht zeichnet ein ganz klares Bild.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: RAF!)

Schauen wir uns die Zahl der Gewalttaten an: Die Gewalttaten der Linksextremisten und der Rechtsextremisten sind leider fast auf gleicher Höhe. Wir haben auch eine zunehmende Tendenz bei den Tötungsversuchen in den letzten vier Jahren: 33 im Bereich des Rechtsextremismus, 11 im Bereich des Linksextremismus. Das ist etwas, was wir nicht ignorieren können.

Meine Damen und Herren, wir können auch nicht warten, bis sich eine zweite RAF gebildet hat,

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Richtig!)

und wir können auch nicht warten, bis sich das, was auf dem Breitscheidplatz passiert ist, wiederholt. Als verantwortliche Demokraten und als Mittler der Sicherheitsbehörden muss es unser Interesse sein, alle Extremismusformen gleichermaßen zu bekämpfen, und dazu gehört der schon häufig genannte 360-Grad-Blick. Da brauchen wir von Ihnen tatsächlich keine Belehrungsversuche.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Götz Frömming [AfD]: Scheinbar doch!)

Einen Punkt möchte ich noch ansprechen. Wenn es um das Phänomen des Linksextremismus geht, dann müssen wir auch über das gesellschaftliche Klima reden, in dem er blüht. Denn leider ist auch eine Wahrheit: Wenn es rechtsextremistische Ausfälle gibt, dann gibt es ein breites Spektrum in der Bevölkerung, auch in den Medien, das ganz klar, deutlich und teilweise auch vorschnell verurteilt und sich mit neuen Forderungen überbietet. Gibt es linksextreme Gewalt, vermisse ich die eindeutige Verurteilung dieser Gewalt, dieser Angriffe auf Polizisten, auch auf Gegenstände, auf einzelne Personen. Ich vermisse auch ein gesellschaftliches Klima, das ganz klar diesen Linksextremismus ächtet und auch mal Ross und Reiter benennt. Da gibt es tatsächlich noch eine Baustelle.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken, Sie wissen, wenn es um Linksextremismus geht, dann müssen Sie natürlich auch erwähnt werden.

(Kerstin Kassner [DIE LINKE]: Warum? – Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Warum? – Weitere Zurufe von der LINKEN)

Insofern finde ich es ein wenig schwierig, dass Ihre neue Bewerberin um den Parteivorsitz, die Frau Hennig-Wellsow, erst kürzlich ausgetreten ist aus den vom Verfassungsschutz beobachteten Plattformen marx21 und „Sozialistische Linke“.

(Widerspruch bei der LINKEN – Lachen der Abg. Doris Achelwilm [DIE LINKE])

Sie sagt selbst, dass sie in diesen strittigen und zum Teil linksextremen Plattformen nicht länger mitarbeiten kann, wenn sie sich für ein höheres Amt bewirbt und mit diesem Amt auch rechnet.

(Sören Pellmann [DIE LINKE]: Jetzt haben Sie die beiden Damen verwechselt! Das war die andere!)

Es ist doch kein klares Zeichen, wenn selbst Ihre designierte Parteivorsitzende den Plattformen, die Sie noch mit unterstützen, die demokratische Legitimation abspricht.

(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Schlechter Redenschreiber! – Weitere Zurufe von der LINKEN)

Also bitte, denken Sie doch mal darüber nach, und helfen Sie mit, den Linksextremismus endlich genauso zu verurteilen wie jede Form von menschenverachtender Ideologie bzw. einer Ideologie, die Gewaltbereitschaft gegenüber unserem Staat rechtfertigt.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Zum Abschluss noch ein kurzer Satz. Herr Hess, Ihr Antrag beschäftigt sich ja auch mit den sogenannten Distanz-Elektroimpulsgeräten, besser bekannt als Taser. Ich komme nicht umhin, ich muss das einfach mal vorlesen. Sie haben ja zwei Anträge gestellt. Der erste Antrag heißt: „Null Toleranz statt Deeskalation“, darin sprechen sie von – ich zitiere – „Entschlossenheit zu einer konsequenten und robusten Durchsetzung von Recht und Ordnung“, unter anderem durch Anpassung des Zwangsmittels. So. Und gleichzeitig fordern Sie Taser. Machen Sie es das nächste Mal doch ein bisschen einfacher und transparenter, schreiben Sie doch einfach, dass Sie Linksextremisten tasern wollen und dass das Ihr Verständnis von rechtsstaatlichem Schutz unserer Demokratie ist.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Will der Rechtsextremisten auch tasern?)

Dann haben wir es hier ein bisschen einfacher und sparen uns auch kostbare Debattenzeit.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)