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Christoph Bernstiel: "Der Anspruch auf Individualprüfung erlischt nicht"

Rede - Einstufung als sichere Herkunftsstaaten

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! In den letzten Jahren hat die Große Koalition zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Migration in unserem Land zu steuern und vor allem illegale Migration zu verhindern. Zu nennen ist hier das EU-Türkei-Abkommen, die Neuregelung des Familiennachzuges für subsidiär Geschützte und die Einstufung der Balkanstaaten als sichere Herkunftsländer.

(Zuruf der Abg. Ulla Jelpke [DIE LINKE])

Darüber hinaus, liebe Grünen, haben wir die Entwicklungshilfe im Niger erst kürzlich verdoppelt. Wir haben Migrations- und Beratungszentren in Nordafrika eingerichtet. Wir haben im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 1 650 neue Stellen geschaffen, und wir werden weitere 4 500 Stellen entfristen. Wir haben die Rücknahmeverfahren von abgelehnten Asylbewerbern mit zahlreichen Staaten in Afrika verbessert, und wir haben neun AnKER-Zentren eingerichtet, die inzwischen sehr effektiv arbeiten.

Mit diesem Bündel an Maßnahmen ist es uns gelungen, die Zahl der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge – da schaue ich einmal zur AfD – von über 745 000 Menschen im Jahr 2016 auf aktuell 142 000 Personen zu senken. Wir sind also auf einem guten Weg. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist uns noch nicht genug. Deshalb planen wir weitere Maßnahmen wie zum Beispiel den besseren Zugriff auf das Ausländerzentralregister, ein Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht und eben die Einstufung von Algerien, Marokko, Tunesien und Georgien als sichere Herkunftsstaaten.

Meine Vorredner haben bereits ausführlich verdeutlicht, warum dieses Gesetz richtig und auch notwendig ist. Als letzter Redner in der Debatte möchte ich deshalb noch einmal die wichtigsten Punkte zusammenfassen und um einen weiteren Punkt ergänzen.

Die Anerkennungsquote für Asylanträge in allen vier genannten Ländern liegt unter 5 Prozent. Das bedeutet: 95 Prozent aller Anträge werden abgelehnt, weil sie die Kriterien für Asyl oder Flüchtlingsschutz nicht erfüllen. Dennoch wurden seit 2017 – damit Sie mal eine Zahl haben – 11 700 Anträge beim BAMF gestellt. Das heißt, die Mitarbeiter müssen sich mit Anträgen beschäftigen, die Kapazitäten binden, und sie haben dadurch keine Möglichkeit, Anträge von Menschen, die wirklich schutzberechtigt sind, intensiver zu prüfen und vor allen Dingen auch schneller zu bearbeiten. Helfen Sie also bitte mit, diese Mitarbeiter im BAMF zu entlasten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Denn nachdem ein Staat als sicheres Herkunftsland eingestuft wurde, können Asylverfahren erheblich beschleunigt werden, und auch Abschiebungen werden erleichtert. Die Frist dafür verkürzt sich beispielsweise auf eine Woche.

Ein weiterer wichtiger Punkt war: Das Auswärtige Amt bescheinigt allen vier Ländern, dass sie sicher sind – da schaue ich wieder zu Ihnen von den Grünen –, auch wenn es dort natürlich noch Defizite gibt. Aber wichtig in diesem Zusammenhang ist – das wurde schon mehrfach betont; bitte akzeptieren Sie das auch –, dass der Anspruch auf Individualprüfung nicht erlischt, wenn wir diese Länder als sicher einstufen. Gleichzeitig hat ja die Vergangenheit gezeigt, dass, nachdem wir die Balkanstaaten als sicher eingestuft haben, die Zahl der Antragsteller von dort signifikant gesunken ist. Dieses Signal brauchen wir jetzt auch für die Maghreb-Staaten und Georgien.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, es gibt also viele gute Gründe, warum man diesem Gesetz zustimmen sollte. Wenn Sie aber noch immer keinen gefunden haben, dann möchte ich Ihnen gerne noch einen neuen nennen: die Kriminalitätsprävention. Das Bundesfamilienministerium hat Anfang 2017 eine Studie vorgelegt, in der in Niedersachsen untersucht wurde, wie vor allem junge Männer, die keine Aussicht auf Anerkennung als Flüchtling haben, sozusagen durch Gewalt auffallen. Das betrifft besonders Marokkaner, Algerier, Tunesier. Sie stellten 2016 nur 0,9 Prozent der Niedersachsen, sind aber trotzdem für 17,1 Prozent der registrierten Gewalttaten verantwortlich. Genau diesen Flüchtlingen könnten wir in Zukunft schon in ihren Heimatländern klarmachen, dass ein Antrag auf Asyl in Deutschland wenig Chancen auf Erfolg hat, und wir könnten sie damit an ihrer Einreise hindern.

Da ich jetzt schon fast am Ende meiner Redezeit bin, überspringe ich einmal die Tatsache, dass Frontex an der Grenze zu Marokko über 65 Tonnen Rauschgift beschlagnahmt hat. Das wurde übrigens mit Geld erworben, das kriminelle Schleuserbanden mit Flüchtlingen verdienen, die sie über das Mittelmeer schleusen.

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass es ein gutes Gesetz ist und dass es mehr Gründe gibt, die dafür sprechen als dagegen. Dennoch gibt es immer wieder ideologisierte Gegenstimmen im Bundesrat. Ich hoffe, dass es dieses Mal nicht so ist. Ich setze auch darauf, dass wir in meinem Bundesland Sachsen-Anhalt, in dem die Grünen neben CDU und SPD mitregieren, diesmal eine Zustimmung hinbekommen. Ich freue mich auf die Beratungen in den Ausschüssen.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU)