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Bei gutem Willen kann Jamaika gelingen

Volker Kauder im Interview mit der Passauer Neuen Presse

Bei gutem Willen könne Jamaika gelingen, sagt Unionsfraktionschef Volker Kauder im Gespräch mit der Passauer Neuen Presse. Alle Partner hätten sich bewegt. Die Union arbeite daran, die Kernforderungen aus ihrem Regierungsprogramm umzusetzen. Hier nennt Kauder insbesondere die Stärkung der Sicherheitsbehörden durch mehr Beamte und die Begrenzung der Zuwanderung. Das Interview im Wortlaut: 

Frage: FDP und Grüne werfen der Union vor, sich nicht zu bewegen. Wo bleiben ihre Kompromissvorschläge?

Kauder: Ich glaube, dass sich alle Partner schon aufeinander zubewegt haben. Wir sind viel weiter als noch vor einer Woche.

"Wir wollen den Erfolg der Verhandlungen"

Frage: Von den Grünen und FDP, aber auch von der CSU hat man in den vergangenen Wochen immer viel gehört, wenig hingegen von der CDU. Warum sind Sie so still?

Volker Kauder

Kauder: Wir wollen den Erfolg der Verhandlungen und da ist es nicht gut, vor jeder Runde erst einmal große öffentliche Erklärungen abzugeben. Ich halte von diesen Ritualen nicht viel. Ähnlich wie FDP und Grüne arbeiten wir daran, die Kernforderungen aus dem Unions-Wahlprogramm umzusetzen. Das fängt mit der Verbesserung der inneren Sicherheit an. Konkret: Stärkung der Sicherheitsbehörden durch mehr Beamte, effektivere Strukturen und vernünftige Ermittlungsbefugnisse insbesondere zur Terrorabwehr. Die Zuwanderung muss begrenzt werden – auch der Familiennachzug. Familien müssen mit höherem Kindergeld und Baukindergeld mehr gefördert, die unteren und mittleren Einkommen steuerlich entlastet werden.

Wirtschaft
Bild: pa/Ulrich Baumgarten

Blühende Wirtschaft ist Grundlage für alles

Frage: Sind das die Projekte?

Kauder: Es ja noch weiter. Die Wirtschaft muss stark bleiben, um den Umstieg in die Digitalisierung zu schaffen und das Ziel der Vollbeschäftigung zu erreichen. Eine blühende Wirtschaft ist die Grundlage für alles. Wir müssen aber auch an den sozialen Ausgleich denken. Ganz oben für uns: Bessere Erwerbsminderungsrente und ein Sofortprogramm für bessere Personalausstattung und Bezahlung von Pflegekräften. Es gibt noch viel zu tun in dieser Woche. Einige Baustellen sind noch nicht abgeschlossen. Aber mit gutem Willen kann Jamaika gelingen.

"Wer Anspruch auf Asyl hat, kann heute schon seine Familie nachholen"

Frage: CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn deutet Kompromissbereitschaft beim Familiennachzug an…

Kauder: Wer Anspruch auf Asyl hat oder Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention ist, kann auch heute schon seine Familie nachziehen lassen. Diesen Status besitzen über eine halbe Million Personen. Das darf man nie vergessen. Darüber hinaus sehe ich keinen Spielraum, obwohl auch ich weiß, dass dies oft eine humanitäre Härte bedeutet. Man muss aber alle Gesichtspunkte miteinander abwägen: Für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus sehe ich keine Möglichkeit, den Familiennachzug wieder zuzulassen. Das sind nämlich noch einmal 300 000 Personen, die solche Anträge stellen könnten.

Finanzen
Bild: pa/dpa

Frage: Union und FDP wollen im Falle des Soli-Abbaus offenbar den Spitzensteuersatz erhöhen. Im Wahlkampf haben sie Steuererhöhungen noch ausgeschlossen…

Kauder: Ich halte es für schwierig bis unmöglich, eine Steuerentlastung mit einer Steuererhöhung zu kombinieren, selbst dann, wenn das Ganze unter dem Strich für den Einzelnen neutral ist.

"Es bleibt beim ausgeglichenen Haushalt"

Frage: Wie sollen die milliardenschweren Vorhaben der Jamaika-Partner am Ende alle finanziert werden?

Kauder: Wir haben uns gleich am Anfang darauf verständigt, dass es beim ausgeglichenen Haushalt bleibt und keine neuen Schulden geben wird. Damit ist der finanzielle Spielraum klar begrenzt, aber er ist mit 30 Milliarden Euro auch nicht gerade klein. Wir wollen in die Zukunft – vor allem in die Infrastruktur und Bildung – investieren, aber auch gerade Familien entlasten. Wo wir die Schwerpunkte setzen, werden wir letztlich erst in den Koalitionsgesprächen entscheiden.

Kauder
Bild: Tobias Koch

Frage: Sind die Chancen auf ein Jamaika-Bündnis in den Sondierungswochen gestiegen oder kleiner geworden?

Kauder: Die Chancen für Jamaika sind gestiegen. Ich bin zuversichtlich, dass es gelingt und wir am Freitag ein positives Sondierungsergebnis haben werden. Alle am Verhandlungstisch wissen genau, dass eine Neuwahl zu keinem wesentlich anderen Ergebnis führen, aber vor allem das Vertrauen in Politik weiter beschädigen würde. Alle bei den Jamaika-Sondierungen wissen um ihre Verantwortung. Wir haben jetzt die Pflicht, diesem Land eine gute Regierung zu stellen.

Frage: Steht bis Weihnachten eine Regierung?

Kauder: Das Ziel ist nach wie vor, noch vor Weihnachten eine Regierung zu bilden.