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Axel Müller: Wir müssen bei der E‑Privacy-­Verordnung in diesem Hause sehr, sehr wachsam sein

Rede zum Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetz EU

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich will jetzt keine Nachhilfe in Geografie geben, aber der Kollege Fuchtel kommt nicht unbedingt aus dem bayerisch-baden-württembergischen Grenzgebiet.

Hinter dem sperrigen Titel, der hier an der Anzeigetafel steht, verbergen sich vorzunehmende Änderungen nationaler Gesetzesbestimmungen aufgrund der europäischen Datenschutz-Grundverordnung, kurz: DSGVO.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, etwas despektierlich gesagt: Diese Verordnung auf europäischer Ebene zieht geradezu einen ganzen Rattenschwanz an mehr oder weniger sinnvollen oder nachvollziehbaren Änderungen anderer gesetzlicher Vorschriften nach sich. Sie verlangt nicht nur die Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes, sondern sie verlangt auch zahlreiche spezialgesetzliche Regelungen, die neu gefasst werden müssen.

Ich beschränke mich hier mit Blick auf den Pakt für den Rechtsstaat und den Umfang dieser Verordnungen auf die Regelungen der Strafprozessordnung. Die waren, Herr Kollege Reusch, durchaus lesenswert und auch informativ. Da hätte sich für die Praxis das eine oder andere schon herauslesen lassen können.

Eine kritische Anmerkung zur DSGVO sei erlaubt. Ich beziehe mich auf den Kollegen Henrichmann. In der Realität, Herr von Notz, sieht es halt anders aus.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben zugestimmt, Herr Müller!)

Die Rückmeldungen aus den Wahlkreisen sind doch ein bisschen anders als die Äußerungen in diesem geschützten Rahmen hier. Da kommt nicht viel Gutes zum Datenschutz zurück.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die CDU hat zugestimmt!)

Wir müssen demzufolge bei der genannten E‑Privacy-­Verordnung in diesem Hause sehr, sehr wachsam sein; denn diese soll die DSGVO noch spezifisch ergänzen. Was auch immer da auf uns zukommt!

Ich komme nun zu den von mir angesprochenen Punkten in der Strafprozessordnung. Erstens. Die Auffang­norm des § 500 Strafprozessordnung, Frau Staatssekretärin, bedarf durchaus der Erwähnung hier. Sie haben ja gesagt, dort wird klargestellt, dass nunmehr auch bei den Länderbehörden – sprich: bei den Staatsanwaltschaften; Justiz ist ja bekanntlich Ländersache – das Bundesdatenschutzgesetz zur Anwendung kommen soll. Warum eigentlich? Warum kommt nicht das Landesdatenschutzgesetz zur Anwendung? Warum geht das Bundesdatenschutzgesetz dem Landesdatenschutzgesetz vor, wenn Landesbehörden mit Daten umgehen?

Wie widersprüchlich die Formulierung ist, zeigt sich in der weiteren Fassung des § 500 StPO. Dort steht nämlich explizit drin, dass für die Einhaltung und Kontrolle der datenschutzrechtlichen Bestimmungen nicht der Bundesdatenschutzbeauftragte, sondern der Landesdatenschutzbeauftragte zuständig ist. Hier ist der Gesetzentwurf widersprüchlich oder unvollständig; es bedarf zumindest einer Korrektur.

Der zweite erwähnenswerte Punkt ist der § 491 StPO. Dahinter verbirgt sich eine Auskunftsverpflichtung der Staatsanwaltschaften gegenüber Betroffenen, insbesondere auch Beschuldigten, zu Verfahren, die gegen sie geführt werden. Nun ist es in der bisherigen Gesetzesfassung so formuliert, dass aus ermittlungstaktischen Gründen in den ersten sechs Monaten überhaupt keine Auskunft erteilt werden muss und darüber hinaus in weiteren 24 Monaten sogar im Einzelfall geprüft werden darf, ob es mit Blick auf einen etwaigen Ermittlungserfolg opportun ist oder nicht.

Hier verweist die Neufassung des § 491 StPO auf die allgemeinen datenschutzrechtlichen Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes. Die gehen aber nicht so weit, und sie schränken diese ermittlungstaktischen Möglichkeiten ein. Das kann so weit gehen, dass der Ermittlungserfolg gefährdet wird. Das entspricht dann doch nicht ganz dem, was wir mit dem Pakt für den Rechtsstaat erreichen wollten.

Darüber hinaus erwähnenswert erscheint mir, dass wir eine Änderung im Einführungsgesetz zur Strafprozessordnung vornehmen. Da sind Übergangsfristen formuliert, während der die Staatsanwaltschaften die Verarbeitungsvorgänge entsprechend behandeln dürfen – mit weniger oder mehr Aufwand. Diese Fristen sind für den 5. Mai 2023 und den 5. Mai 2026 normiert – aber nur für die Staatsanwaltschaften, nicht für die Gerichte. Das läuft nicht synchron. Hier ist mit einem ganz erheblichen Mehraufwand für die Justizbehörden auf gerichtlicher Seite zu rechnen. Es bedarf deshalb der Synchronisierung.

Ein letzter Punkt: In § 21 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz wird jetzt formuliert, es müsse so verstanden werden, dass die Behörde Auskünfte über den Verfahrensausgang, die einer Einstellung zugrunde liegen, in jedem Fall von Amts wegen den Betroffenen erteilen muss.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen.

Axel Müller (CDU/CSU):

Ja. – Warum denn?

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Weil die Zeit abgelaufen ist.

(Heiterkeit)

Axel Müller (CDU/CSU):

Das geht über die DSGVO hinaus. Ich kündige daher an, dass wir diesen gesamten Gesetzesvorgang im Ausschuss sehr kritisch begleiten werden; denn wir müssen über die von mir angeführten und auch von den Kollegen benannten Punkte noch ausführlich diskutieren.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)