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Axel Müller: Es entspricht nicht mehr dem Kindeswohl, wenn sich ein Kind drei Berufsrichtern gegenübergestellt sieht

Rede zur Änderung des Versorgungsausgleichsgesetzes

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren über drei Vorlagen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema Familienrecht. Ich beschränke mich dabei auf den Antrag zu Richterfortbildung und Qualitätssicherung in familiengerichtlichen Verfahren und beschränke mich dabei auch auf vier Punkte.

Punkt eins. Die Grünen fordern eine verpflichtende Fortbildung von Richtern und Richterinnen. Mit Blick auf die grundgesetzlich verbriefte richterliche Unabhängigkeit ist dies kaum zulässig. Demgemäß haben Sie in Ihrem Antrag zwar gesagt,

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)

dass Sie entsprechende beamtenrechtliche Vorschriften für unübertragbar halten, wollen aber genau das dann im Richtergesetz festschreiben. Das ist für mich ein unauflösbarer Widerspruch.

Im Koalitionsvertrag von CDU und CSU sowie SPD steht deshalb auch wohlweislich nicht „verpflichtende Fortbildung“, sondern wir erwarten eine „kontinuierliche Fortbildung“. Die zwei wichtigsten Voraussetzungen dafür hat die GroKo bereits geschaffen.

Die erste davon ist: Mit dem Pakt für den Rechtsstaat haben wir 2 000 neue Stellen unter anderem für die Richterschaft geschaffen, eine praktische Hilfe für fortbildungswillige Richter und Richterinnen. Wer auf Fortbildung geht, dem droht nämlich nach der Rückkehr in der Regel, dass er fast von der Arbeit erschlagen wird, die liegen geblieben ist, weil er keine ausreichende Vertretung hat. Jede zusätzliche Stelle in der Justiz schafft und erleichtert damit die Möglichkeit zur Fortbildung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zur zweiten Voraussetzung. Fortbildungen für die Richterschaft werden schon immer kostenfrei in Kursen mit Unterbringung in Fortbildungsstätten der Deutschen Richterakademie angeboten, in Trier wie in Wustrau. In meiner aktiven Dienstzeit als Richter war ich dort häufiger. Der Fortbestand der Deutschen Richterakademie, meine Damen und Herren, wurde in dieser Legislaturperiode von der Großen Koalition sichergestellt, die wichtigste Fortbildungseinrichtung für die deutsche Richterschaft finanziell abgesichert.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Akademie bietet hervorragende, gut nachgefragte Fortbildung, insbesondere für alle familiengerichtlichen Bereiche bis hin zur Mediation, die Sie dort bei wirklich anerkannten Fachleuten erlernen können, selbstverständlich auch Fortbildung im Bereich der Kindesanhörung.

Punkt zwei. Sie wollen festschreiben, dass nur Familienrichter werden soll, wer zum Richter auf Lebenszeit ernannt worden ist. In der Regel geschieht das nach drei Jahren. Das galt schon so vor der Wiedervereinigung. Im Zuge des Aufbaus der Justiz der neuen Länder wurde diese Dienstzeit abgesenkt, weil es viele Personallücken gab.

Im 30. Jahr der Wiedervereinigung, denke ich, kann man darüber ernsthaft reden. Allerdings muss ich hinzufügen, dass wir in Baden-Württemberg schon immer grundsätzlich darauf geachtet haben, dass derjenige oder diejenige, die ein Familienrichterreferat übernimmt, zunächst einmal eine familienrechtliche Schulung bekommt.

(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da regieren ja auch die Grünen!)

Mit der Ihnen hierbei vorschwebenden Idealvorstellung eines Familienrichters mit der Zusatzqualifikation – so haben Sie es doch im Antrag formuliert – als Sozialpädagoge überspannen Sie den Bogen dann doch deutlich. Das könnte beispielsweise bei der Arzthaftungskammer dann nur noch ein Richter machen, der eine medizinische Vorbildung hätte. Mit der generalistischen Ausbildung hat das doch nichts zu tun.

Punkt drei. Sie fordern zur Qualitätssteigerung ein Sechsaugenprinzip im Familienrecht, ein Kammerverfahren in Kinderschutzsachen, so wie es bei der Großen Strafkammer der Fall ist. Dort hat man allerdings entgegen dem Gerichtsverfassungsgesetz gesagt –

Vizepräsidentin Petra Pau:

Kollege Müller, Sie können selbstverständlich weitersprechen; das geht dann aber auf Kosten Ihrer Kollegen. Ich bitte Sie, einen Punkt zu setzen.

 

Axel Müller (CDU/CSU):

– ich mache es ganz kurz –: Es entspricht nicht mehr dem Kindeswohl, wenn sich ein Kind drei Berufsrichtern gegenübergestellt sieht.

Der vierte Punkt – in der Tat der letzte Punkt –:

(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So viel zum Thema Gleichberechtigung in der CDU!)

Einen Verfahrenspfleger soll das Kind künftig ablehnen können. Das Kind soll das selber entscheiden können, nicht mehr das unabhängige Gericht.

Zum Schluss Versöhnliches. Über die Nichtzulassungsbeschwerde können wir selbstverständlich reden; das erachte ich auch für sachgemäß.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)