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Armin Schuster: Statt zu teeren und zu federn, rhetorisch, wäre Vergebung auch eine Haltung gewesen

Rede in der aktuellen Stunde zum Agieren der Bundesregierung in Sachen Chemnitz und in der Causa Maaßen

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich habe sehr genau aufgepasst bei den Reden von Staatssekretär Mayer, Wolfgang Kubicki, Mathias Middelberg, und ich finde, da gehört auch Frau Rüthrich dazu, die gerade gesprochen hat.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Bei Jan Korte haben Sie nicht zugeschaut? Das ist aber schade!)

Ich habe immer wieder fast fraktionsübergreifenden Applaus registriert,

(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Aber nicht für Herrn Maaßen!)

wenn es um die Fragen ging: Wie notwendig ist die Bekämpfung des Rechtsextremismus? Wie unnachgiebig müssen wir da sein? Was ist mit diesem Tötungsdelikt?

Ich glaube, Herr Grötsch, da muss man nicht bewusst einen Keil zwischen diese vier Fraktionen treiben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ich habe gehört, was Sie gesagt haben. Ich sage Ihnen ganz offen: Es gehört mit zu den schlimmsten Verletzungen, die Sie mir antun können, wenn Sie auch nur annähernd so tun, als hätte ich den Wunsch nach einer Verharmlosung des Rechtsextremismus. Dass Sie das der BfV-Leitung hier am Mikrofon unterstellen, tut mir schon weh, geschweige denn den Mitarbeitern in Köln. Das geht nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Uli Grötsch [SPD]: Ich habe das auf die Leitung beschränkt, Herr Schuster, wie Sie das eben selber gesagt haben!)

Ich möchte mich – das ist vielleicht ungewöhnlich – bewusst auf die Causa Maaßen konzentrieren, weil alles andere sehr würdig gesagt worden ist. Einige Zitate: „Wenn die Union aber stur bleibt, weiter einen Beamten deckt, der rechtsextreme Verschwörungstheorien verbreitet“, „Schädling“ – das wurde schon genannt –, „Maaßen muss weg“, „Maaßen wurde ... entsorgt.“ Er wurde in ein braunes Fass getunkt, über Wochen. Meine Damen und Herren, ich entschuldige mich hier nicht als Unionsabgeordneter für diese Sprache. Ich entschuldige mich als Bundestagsabgeordneter bei dem Menschen Hans-Georg Maaßen für das, was hier passiert.

(Beifall bei der CDU/CSU, der AfD und der FDP)

Das waren Zitate von Parteispitzen und von Medien. Ich glaube, dass man sich auch bei den Mitarbeitern von Bundessicherheitsbehörden, insbesondere des BfV, entschuldigen muss. Das nehmen die sehr sensibel wahr. Deswegen bin ich dem Bundesinnenminister dankbar, dass er sich völlig kerzengerade vor Herrn Dr. Maaßen gestellt hat.

(Susann Rüthrich [SPD]: Das hätte Frau Cordt auch gerne gehabt!)

Es war notwendig, dass das ein paar tun.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich gehöre zu denen, die Herrn Dr. Maaßen wahrscheinlich sogar als einer der Ersten aus der Union ziemlich stark kritisiert haben. Das war noch an dem Freitag, als das „Bild“-Interview kam, und an dem Samstag. Ich habe ihn sehr scharf kritisiert: für einen groben handwerklichen Fehler, ja. Aber ich habe wie viele von uns – die Innenpolitiker und die PKGr-Mitglieder – die fünf Stunden erlebt, in denen er befragt wurde, und ich habe verstanden, was seine Motivation war, wie sehr er das bedauert hat und dass er dieses Zitat so niemals wiederholen würde.

(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Er hat sich nie entschuldigt! Nie!)

Ich bedanke mich bei den SPD-Innenpolitikern, und ich bedanke mich bei den FDP-Innenpolitikern – was die Union angeht, ist das sowieso klar – für die abgewogene Haltung nach diesen fünf Stunden. Beeindruckend abgewogen war die Haltung, beeindruckend konstruktiv in den beiden Gremien. Da spürte man, dass Maaßen auch überzeugen konnte

(Susann Rüthrich [SPD]: Uns nicht!)

mit dem, was er eigentlich tun wollte, einen großen Fehler eingestehend. Dass dann andere, die nicht an diesen Anhörungen teilgenommen haben, es zur politischen Instrumentalisierung nutzen, halte ich für absolut nicht in Ordnung. Jetzt an die SPD gerichtet: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ihr habt auch Behördenleiter, die ihr besetzt habt, und die sagen manchmal Dinge, da machen wir vier Fäuste in der Tasche,

(Dr. Eva Högl [SPD]: Zum Beispiel?)

und zwar sind die sehr politisierend. Wir würden im Traum nicht auf die Idee kommen, ihren Rücktritt zu fordern. Als Koalitionspartner hat man auch einmal Friede zu wahren. Das hätte ich mir gewünscht.

(Beifall bei der CDU/CSU – Uli Grötsch [SPD]: Was war das denn?)

Zu den Vorwürfen gegen das BfV, die da angesammelt werden: Meine sehr verehrten Damen und Herren – damit meine ich jetzt wirklich alle –, schließen Sie sich bitte nicht notorischen Misstrauensattacken von Grünen und Linken an, die seit Jahren laufen, egal wie der BfV-Präsident heißt; die finden auch nächste Woche wieder statt, wenn wir einen neuen haben. Das dürfen wir uns nicht zu eigen machen.

(Zurufe von der LINKEN)

Das BfV ist eine Behörde, die für die Sicherheit in diesem Land kämpft – damit wir gut schlafen können –, die Maaßen beim Thema Proliferation, Bekämpfung von Rechtsextremismus/Linksextremismus in ein ganz neues Zeitalter geführt hat. Nach dem NSU-Debakel hat gerade Maaßen diese Behörde fachlich wie mental neu aufgerichtet.

(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: „Corelli“, ja!)

Ihm zu unterstellen, er sei auf dem rechten Auge blind, ist ein Stück bösartig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU – Jan Korte [DIE LINKE]: Aber bei Ihnen läuft es ja gut in der CDU!)

Herr Maaßen ist ein ausgewiesener Experte. Ich bin dem Innenministerium dankbar, dass wir diese Expertise weiter nutzen dürfen.

Ich möchte bei uns schließen, hier wieder: Statt zu teeren und zu federn, rhetorisch, wäre Vergebung auch eine Haltung gewesen.

(Beifall bei der CDU/CSU)