Skip to main content

Andrea Lindholz: Wir haben bei der Asyl- und Arbeitsmigration den klaren Ansatz, dass diese getrennt bleiben müssen

Rede zum Einwanderungsrecht

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP fordert in ihrem Antrag ein Einwanderungsgesetzbuch. Ich muss sagen: Grundsätzlich halte ich die Idee eines einheitlichen Werkes für sinnvoll, weil es in der Tat helfen kann, unser Ausländerrecht übersichtlicher und transparenter zu gestalten. Auch für manchen Anwalt ist es manchmal schwierig, den Überblick über die ganzen Regelwerke zu behalten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Wir sollten aber damit keine unerfüllbaren Erwartungen wecken. Einfach wird ein solches Werk nicht, und einfach, lieber Herr Thomae, wird auch das ganze Einwanderungs- und Asylrecht nie sein; aber trotzdem sollten wir nach wie vor an Verbesserungen arbeiten.

(Grigorios Aggelidis [FDP]: Da haben Sie schon recht!)

Die Frage der Migration von EU-Bürgern, die Frage der Asylbewerber und auch die Frage des Familiennachzugs sind in vielen Fällen im Europarecht so geregelt, dass unser Handlungsspielraum hierbei begrenzt ist. Wir haben das zuletzt beim Familiennachzug zu subsidiär Geschützten bereits weitestgehend ausgeschöpft. Wir arbeiten dennoch an einem Fachkräfteeinwanderungsgesetz, weil wir gerade im Bereich der Fachkräfte weiteren Regelungsbedarf sehen.

Ihr Antrag weicht in vielen Fällen überhaupt nicht so sehr von unseren Überlegungen ab. Wenn wir uns die Situation am Arbeitsmarkt in Deutschland anschauen, sind wir uns doch sicher einig: Zunächst einmal suchen wir Arbeitskräfte in Deutschland, dann in Europa und dann im Rest der Welt. Wir haben in Deutschland rund 2,4 Millionen Arbeitslose. Die Jugendarbeitslosigkeit in einigen europäischen Ländern liegt nach wie vor bei über 30 Prozent. Viele Europäer könnten im Rahmen der europäischen Freizügigkeit bereits zu uns kommen. Aber gerade bei den Auszubildenden hat sich in der Vergangenheit doch gezeigt, dass es da oft an den Sprachbarrieren hapert. Deshalb sage ich: Es wird nicht automatisch durch Einwanderung aus Drittstaaten besser klappen.

Wir haben bei der Asyl- und Arbeitsmigration den klaren Ansatz – das sage ich heute noch mal –, dass diese getrennt bleiben müssen, damit wir keine falschen Signale in die Welt senden und Hoffnungen wecken, die wir nicht erfüllen können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie haben in Ihrem Antrag den Spurwechsel drin. Ich sage Ihnen noch mal ganz klar: Ich persönlich lehne diesen Spurwechsel vom Grundsatz her ab. Ich glaube, Herr Castellucci, wir brauchen ihn nicht; denn wir können trotzdem in den von Ihnen beschriebenen besonderen Fällen für die abgelehnten Asylbewerber, um die es hier geht, die sich besonders integriert haben, anhand des Eckpunktepapiers der Koalition, das wir jetzt haben, eine Lösung finden. Die FDP fordert genauso wie wir in unserem Eckpunktepapier bezüglich der Drei-plus-zwei-Regelung, dass es bundeseinheitlich gleichermaßen gut läuft.

(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In Bayern!)

Deswegen sage ich: Wir sind alle gar nicht so weit voneinander entfernt – zumindest in Teilen.

Auch bei der Arbeitsmigration sind wir uns, wenn ich Ihren Antrag richtig lese, einig. Diese soll es ja in Arbeitsplätze und nicht in unsere Sozialsysteme geben. Zum Punktesystem sagen wir klar: Wir wollen das Punktesystem nicht. Ich glaube aber, man käme auch ohne Punktesystem zusammen, wenn man sich nämlich die Frage stellt: Was erwarten wir denn von den betreffenden Personen in Deutschland? Sie müssen die Sprache können. Damit meine ich die deutsche Sprache; darauf müssen wir achten. Sie müssen ihren Lebensunterhalt selbst sichern können. Sie müssen gute Qualifikationen mitbringen. Und es muss auch klar sein, was mit jemandem passiert, der im Rahmen der Arbeitsmigration zu uns kommt, aber nur kurz beschäftigt ist, um Missbrauch oder Ähnliches zu vermeiden. Aber auch das kann man – da bin ich mir sicher – gut regeln.

Mit nationalem Recht alleine können wir unseren Fachkräftemangel nicht beheben – da bin ich ebenfalls bei Ihnen –, auch nicht mit sämtlicher bisheriger Gesetzgebung, weil es einfach praktische Dinge gibt, die wir noch zu lösen haben. Auch da sind wir uns in vielen Bereichen einig. Wir brauchen schnellere Verfahren zur Anerkennung von ausländischen Abschlüssen und eine Marketingstrategie von Staat und Wirtschaft, um ausländische Fachkräfte gezielt anzusprechen; denn nicht nur Deutschland muss heute um IT-Experten und Pflegekräfte werben. Es geht auch um die vorhin schon von mir angesprochene Sprachförderung im Ausland, um Sprachbarrieren abzubauen, also nicht erst, wenn die Menschen bei uns sind.

Wir dürfen bei all dem nicht vergessen: Welchen Ländern wollen wir ihre gut ausgebildeten und für sie selber auch wertvollen Arbeitskräfte denn abwerben? Auch darüber muss man sich unterhalten, wenn man über den Zuzug von Fachkräften spricht.

Verwaltungsverfahren müssen einfacher werden. Auch darauf haben wir uns verständigt. Es kann nicht sein, dass eine Fachkraft monatelang auf einen Termin bei einer Visastelle warten muss. Auch hier haben wir also noch einiges zu tun und haben vor, das anzugehen.

Ich möchte noch mal sagen: Eigentlich haben wir ein Einwanderungsgesetz; es heißt Aufenthaltsgesetz. Die OECD hat schon 2013 gesagt: Deutschland hat ein modernes Einwanderungssystem. – Wir sind dafür gelobt worden. Bei allem Verständnis für den Wunsch nach Verbesserungen bitte ich auch darum, unsere bestehenden guten Systeme nicht schlechtzureden. Uns mangelt es nicht an Regelungen, sondern uns mangelt es an der Durchsetzung der Regelungen.

Einen Punkt möchte ich noch anreißen. Sie haben zu Recht das Thema Ausreisepflicht angesprochen. Da müssen wir besser werden. Ich halte allerdings nichts davon, diese Aufgaben vollständig auf den Bund zu übertragen. AnKER-Zentren heißen bei Ihnen anders; aber Sie stimmen dem vom Grundsatz her zu. Zu Ihrer Gesundheitskarte würde ich wiederum Nein sagen.

Wenn ich mir den Antrag aber insgesamt anschaue, muss ich sagen: Ich freue mich auf die Diskussion bei uns im Ausschuss. Ich glaube, es wird niemals vollständige Deckungsgleichheit geben; aber ich meine, dass wir in der einen oder anderen Zielrichtung gar nicht mal so weit voneinander entfernt sind. Insofern wünsche ich uns einfach eine gute und konstruktive Zusammenarbeit bei einem für Deutschland wirklich wichtigen Thema.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)