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Andrea Lindholz: Über 40 Antifagruppen stufen die Landesämter als extremistisch ein

Redebeitrag zur Prüfung des Verbots der "Antifa"

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der AfD ist inhaltlich dünn, er ist rechtlich fadenscheinig und ist vor allen Dingen politisch durchsichtig. Wir werden ihn daher auch ablehnen.

Ja, auch Linksextremismus ist eine große Gefahr für die Sicherheit in Deutschland. Das haben der Angriff auf das ZDF-Team in Berlin vor Kurzem, die Gewalt in Leipzig-Connewitz und auch die Ausschreitungen beim G-20-Gipfel in Hamburg deutlich gezeigt. Die Kernforderung in Ihrem Antrag für ein bundesweites Verbot der Antifa aber zeigt, wie wenig Sie von unserem Rechtsstaat, seinen Gesetzen und auch seinen Gegnern verstehen oder bewusst nicht verstehen wollen. Die Antifa lässt sich – ich gehe davon aus, Ihnen ist das sehr wohl bewusst – gerade nicht unter dem strafrechtlichen Vereinigungsbegriff fassen. Sie ist eben keine feste Organisation, sondern sie besteht aus linken Gruppen, sie besteht aus linksextremistischen Gruppen, und sie besteht auch aus autonomen Gewalttätern. Verbieten lassen sich nur einzelne Gruppen und klar erkennbare Organisationen

Unser Verfassungsschutz, der ja auch von Ihrer Seite schon einmal abgeschafft werden sollte – Herr Gauland, da blicke ich Sie an –, beobachtet diese Antifagruppen so, wie er auch Teile der AfD beobachtet. Über 40 Antifagruppen stufen die Landesämter als extremistisch ein. Das Bundesinnenministerium hat zum Beispiel dem Verbot der linksextremistischen Internetplattform „linksunten.indymedia“ zugestimmt und damit gezeigt, dass es den Linksextremismus sehr wohl im Blick hat.

(Zurufe von der AfD)

Politisch durchsichtig ist Ihr Antrag, weil er, wie so oft, natürlich nur Linksextremismus und islamistischen Terror als zentrale Gefahr nennt. Den Rechtsextremismus als das größte aktuelle Sicherheitsrisiko, den blenden Sie wie üblich aus. Auch blenden Sie aus, dass 86 Prozent aller Gewalttaten im Bereich Rechtsextremismus Körperverletzungsdelikte sind. Sie verschweigen, dass Rechtsterroristen Walter Lübcke und in Halle und Hanau zwölf weitere Menschen auf brutalste Art und Weise ermordet haben. Sie verschweigen die rechtsextreme Gefahr vielleicht deshalb, weil der Hauptverdächtige im Mordfall Lübcke nachweislich an Herrn Höcke gespendet und für die AfD Plakate geklebt hat.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Fakt ist, liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD, dass Sie nicht einmal in der Lage sind, die Extremisten aus Ihren eigenen Reihen zu entfernen – da kann Ihr Parteivorstand beschließen, was er will.

Extremisten aber, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, egal ob sie politisch oder religiös motiviert sind, sie dürfen in unserer Gesellschaft, in unserer Mitte keinen Platz haben. Sie wollen die freiheitliche demokratische Grundordnung zerstören. Genau dieser Wille, er scheint nicht nur auf der rechten, sondern auch auf der linken Seite manchmal zweifelhaft. Abgeordnete der Linken in diesem Plenum – ich kann Ihnen das nicht ersparen – und der Grünen im Europäischen Parlament tragen Symbole der Antifa, obwohl sie genau wissen, dass sie damit mittelbar auch die Gewalt von linksextremistischen Gruppen unterstützen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Anstatt sich von Gewalt und Extremismus klar zu distanzieren, fordern ganz aktuell die Grüne Jugend, die Jusos und auch die linke Jugendorganisation die Auflösung des Verfassungsschutzes.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Da haben Sie dann etwas mit der AfD gemein.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Ich halte es im Übrigen auch für sehr zweifelhaft und wenig hilfreich, wenn die SPD-Vorsitzende via Twitter die Antifa unterstützt und nebenbei – ich glaube, sie würde das nicht noch einmal tun – die gesamte deutsche Polizei als „latent rassistisch“ abqualifiziert.

(Zuruf der Abg. Mechthild Rawert [SPD])

Hinterher erkundigt man sich dann, ob der Vorwurf eigentlich richtig ist, hinterher macht man Termine vor Ort. Man sollte vorher denken, bevor man kommuniziert.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und der FDP)

Wir stehen als Demokraten Schulter an Schulter gegen menschenverachtende rechte Hetze, die unser gesellschaftliches Klima vergiftet und die auch die Morde an Walter Lübcke, die Morde in Halle und in Hanau befördert hat. Aber das gibt es nicht nur von rechts. Ein wirklich trauriges Beispiel in dieser Woche war – das haben wir auch im Innenausschuss behandelt – die linke Hetzkampagne in der „taz“, von der bis heute jede Entschuldigung fehlt. Dort wurden in einer Kolumne unter dem Deckmantel der Satire die Polizisten als Müll bezeichnet und gefordert, sie auf einer Deponie zu entsorgen. Menschen, die ihre Gesundheit für uns riskieren und uns alle in diesem Land schützen, werden entmenschlicht und als Müll bezeichnet – so weit ist es gekommen.

(Zuruf des Abg. Uli Grötsch [SPD])

Ich kann Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich bin noch immer erschüttert. Ich bin fassungslos und auch fassungslos darüber, dass es dafür bis heute keine Entschuldigung gibt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Unsere Männer und Frauen in den Sicherheitsbehörden, sie verdienen unseren Dank, sie verdienen unsere Anerkennung, sie verdienen unseren Respekt, sie verdienen unseren Schutz! Und sie verdienen auch, dass wir uns hinter sie stellen, anstatt sie pauschal zu beleidigen, unter Generalverdacht zu stellen wie jetzt hier in Berlin mit dem neuen Antidiskriminierungsgesetz.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.

Andrea Lindholz (CDU/CSU):

Ich will an dieser Stelle noch eines sagen: Auch die Polizei ist nicht fehlerfrei. Sie ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Kritik ist erlaubt, egal an welcher Stelle; aber die Frage ist, mit welchem Maß, wie man Kritik übt. Dazu muss ich sagen: Ich finde erschütternd, was wir in den letzten Tagen erlebt haben. Wir sollten bei jedem Maß an Kritik anständig bleiben, und davon nehme ich keine Partei aus.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD, Ihr Antrag ist so dünn, er ist so durchsichtig, dass wir ihn ablehnen werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)