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Andrea Lindholz: "Man muss schwierige Entscheidungen treffen, wenn man sich in der Regierungsverantwortung befindet"

Rede zur Verlängerung der Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute in der zweiten und dritten Beratung streckenweise emotional unterschiedliche Anträge zum Familiennachzug bei subsidiär Schutzberechtigten. Die Forderungen reichen von der Abschaffung des Familiennachzuges für subsidiär Schutzberechtigte – das ist der Antrag der AfD – bis hin zur Ermöglichung des unbegrenzten Familiennachzugs, wie in den Anträgen der Linken und der Grünen gefordert wird.

Subsidiär Schutzberechtigte sind Flüchtlinge, die nur einen vorübergehenden Schutzstatus besitzen und die nach europäischem Recht und nach dem Völkerrecht generell keinen Anspruch auf Familiennachzug haben.

(Beifall bei der AfD)

Wir haben im Juli 2015 diese Regelung geändert – damals hatten mit Blick auf das Jahr 2014 gerade einmal 2 000 Personen diesen Schutzstatus erhalten – und haben diese Menschen den Flüchtlingen nach der Genfer Flüchtlingskonvention gleichgestellt. Nachdem die Zahlen dann aber gegen Ende des Jahres 2015 und im Jahr 2016 signifikant in die Höhe gestiegen sind, haben wir uns in diesem Parlament dazu entschlossen, den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte – nur für sie – zunächst für zwei Jahre auszusetzen. Im Jahr 2016 haben 153 000 Menschen – das sind 40 Prozent aller berechtigten Asylbewerber in diesem Jahr – diesen Schutzstatus erhalten, im Jahr 2017 waren es weitere 96 000 Menschen.

Die Aussetzung des Familiennachzugs läuft im März aus, daher besteht Handlungsbedarf. Es ist immer einfach, wenn man von Steuerung und Begrenzung spricht, nach Europa zu schauen und zu sagen, auf dieser Ebene müsse es geregelt werden. Es ist immer einfach, von Fluchtursachenbekämpfung zu sprechen. Das ist ein großer Begriff, hinter dem aber natürlich sehr viel steckt. Fluchtursachenbekämpfung ist wichtig und richtig. Schwierig wird es, wenn man in Deutschland Regelungen treffen muss. Das erleben wir heute.

Auch die Regierungsparteien machen es sich nicht einfach. Sie haben aus meiner Sicht einen guten Kompromiss gefunden. Die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände haben in sämtlichen Anhörungen in den letzten drei Jahren und auch am Montag wieder darauf hingewiesen, dass die Kommunen überfordert sind, und haben uns gebeten, den Familiennachzug weiterhin auszusetzen und für Einzelfälle Ausnahmen zuzulassen.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Andrea Lindholz (CDU/CSU):

Nein. – Ich wiederhole, was der Vertreter des Städtetages am Montag gesagt hat. Er hat deutlich gemacht, dass man zur Integration Wohnraum, Sprachkurse, soziale Teilhabe, Kitaplätze, Jobs und Schulplätze braucht und dass das begrenzte Güter sind. Frau Rottmann frage ich, ob sie sich auch mit Herrn Palmer unterhalten hat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir haben im Sondierungspapier klar vereinbart, dass der Familiennachzug ausgesetzt bleibt. Wenn er wieder zugelassen wird, dann geht es um 1 000 Menschen pro Monat, und er wird an Bedingungen geknüpft. Warum haben wir das gemacht? Wir haben das gemacht, weil wir festgestellt haben, dass die Härtefallregelung, die es gibt, zu eng und zu starr ist und an manchen Stellen keine Möglichkeiten bietet, die wir gerne einräumen würden. Deswegen ist die Zahl von 1 000 Menschen pro Monat auch gut gewählt. Zahlen sind natürlich nie zufriedenstellend; man kann immer mehr fordern.

Mit dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf setzen wir genau unsere Forderung nach Begrenzung und Steuerung und genau das um, was im Sondierungspapier vereinbart wurde.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es bleibt bei der Aussetzung des Familiennachzuges für subsidiär Schutzberechtigte, die nur einen vorübergehenden Aufenthalt in Deutschland haben sollen, bis zum 31. Juli 2018. Ab dem 1. August 2018 ist ein Nachzug von bis zu 1 000 Personen pro Monat möglich. Gleichzeitig läuft unsere Regelung mit Griechenland und Italien aus. Das heißt, die 1 000 Personen, die wir aufgrund dieser Regelung aufgenommen haben, und die 1 000 Personen aufgrund des Nachzugs halten sich dann sozusagen die Waage. Die Zuwanderung wird dadurch im Ergebnis also nicht erhöht. Die Entscheidung erfolgt im Einzelfall und im Ermessen, und das ist auch gut so, weil wir dann auch unsere Vorstellungen daran knüpfen können.

Ganz besonders wichtig ist uns, dass wir zumindest teilweise zur Rechtslage von vor August 2015 zurückkehren, indem wir den generellen Rechtsanspruch auf Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte beseitigen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Damit gibt es auch keinen generellen Anspruch auf einen Familiennachzug für die Menschen, die bei uns nur eine vorübergehende Aufenthaltserlaubnis haben.

Ja, die Härtefallregelung bleibt bestehen, und ich finde das auch gut so. Die Härtefallkommissionen in den Ländern entscheiden darüber, auf wen sie angewendet wird. Dort ist die Expertise, dort kann man sich die Einzelfälle besser anschauen. Nachdem sie im letzten Jahr gerade einmal 66 Personen betraf, brauche ich Ihnen nicht näher zu erklären, wie eng gefasst diese Regelung ist. An dieser Regelung wird nicht gerüttelt. Sie steht neben der Regelung über die 1 000 Personen pro Monat, und das ist eine gute Lösung.

Unser Gesetzentwurf mit den nachfolgenden Regelungen, die wir noch verabschieden werden – natürlich vertraue ich darauf, dass das mit der SPD einvernehmlich klappen wird –, ist ein guter Kompromiss. Ich bitte Sie daher ganz herzlich, diesem Gesetzentwurf heute zuzustimmen.

Man muss manchmal auch durchaus schwierige Entscheidungen treffen, wenn man sich in der Regierungsverantwortung befindet.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)