Skip to main content

Alexander Throm: Wir wollen vor allem rechtstreu bleiben

Redebeitrag zur Anpassung des Freizügigkeitsgesetzes/EU

 

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Recht auf Freizügigkeit in der EU ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Das war in früheren Generationen noch nicht so. Nach dem Brexit merken jetzt auch die Briten, dass es keine Selbstverständlichkeit ist. Die britische Regierung will offensichtlich die Brücken zur EU komplett einreißen, koste es, was es wolle. Es wurde schon angesprochen: In dieser Woche ist man sogar bereit, internationales Recht vorsätzlich zu brechen.

Wir wollen dies nicht. Wir wollen vor allem rechtstreu bleiben, was die bisherigen Vereinbarungen mit Großbritannien anbelangt. Wir wollen das auch nicht auf dem Rücken der bereits in Deutschland lebenden britischen Staatsbürger austragen; deswegen werden wir hier ein relativ unkompliziertes, einfaches Verfahren wählen, damit diese Personen in Deutschland bleiben können.

Ein weiterer Punkt, den wir in diesem Gesetz zu gegebener Zeit, also nicht ganz zeitnah, regeln, betrifft eine Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, wonach nahestehende Verwandte von EU-Bürgern, die selbst nicht EU-Bürger sind, eine Möglichkeit haben, nach Deutschland zu kommen und in Deutschland zu bleiben.

Eine Korrektur muss ich hier anbringen: Es ist nicht so, dass es diese Möglichkeit bislang überhaupt nicht gegeben hätte; vielmehr hatte Deutschland dies im Freizügigkeitsgesetz bislang nicht ausdrücklich geregelt. Das holen wir jetzt mit klaren Regeln und Pflichten nach.

Ein großzügiges Recht auf Freizügigkeit müssen wir verteidigen. Überall da, wo es großzügige Rechte gibt, gibt es auch Missbrauch, und das bereits heute. Deswegen möchte ich noch einen Punkt ansprechen, der zwar im Referentenentwurf stand, der aber keinen Eingang in den Gesetzentwurf gefunden hat: die Bekämpfung von Schleuserbanden, von Personen aus dem Bereich organisierte Kriminalität, die dafür sorgen, dass ein EU-Bürger, zumeist aus Osteuropa, angeworben wird und dass dieser dann über Scheinehen bzw. Heiratsurkunden andere Personen nach Deutschland holt.

Für das bandenmäßige und gewerbsmäßige Schleusen ohne Beteiligung eines EU-Bürgers und ohne Ausnutzung der EU-Freizügigkeit sieht bereits das Aufenthaltsgesetz eine Strafverschärfung vor. Damit einher gehen wichtige Ermittlungsbefugnisse der Polizei, beispielsweise Telekommunikationsüberwachung. Bereits heute ermittelt die Bundespolizei in über 800 Fällen im Zusammenhang mit dem Freizügigkeitsrecht von EU-Bürgern. Es gibt, glaube ich, überhaupt keinen sachlichen Grund – da schaue ich insbesondere die Kolleginnen und Kollegen der SPD an –, diese bandenmäßige Ausnutzung der EU-Freizügigkeit nicht genauso zu behandeln wie die kriminellen Aktivitäten im normalen Aufenthaltsrecht.

Wir sind in der ersten Lesung. Daher sollten wir durchaus nochmals darüber nachdenken, ob wir nicht tatsächlich gegen die Schleuser, gegen die Kriminellen härter vorgehen und der Bundespolizei andere Möglichkeiten geben. Denn niemand will ja wohl die Schleuserbanden schützen und schonen. Insofern freue ich mich auf die Beratungen im Parlament und im Ausschuss.

Herzlichen Dank.