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Alexander Throm: Es gibt für jede komplexe Frage eine einfache Antwort

Rede zur Zuständigkeit des Bundes bei der Gefahrenabwehr

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Brandner, wer mit dem Finger auf andere zeigt, auf den zeigen drei Finger zurück. In der Tat: Es ist schon merkwürdig, wen Sie so alles ans Mikrofon lassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD hat sich dieses Mal Mühe gegeben. Sie hat nicht nur einen Antrag geschrieben, sondern darüber hinaus auch einen Gesetzentwurf vorgelegt. Die AfD hat ein Problem identifiziert und gibt eine Antwort – so scheint es. Bei genauem Hinsehen kann man aber nur mit George Bernard Shaw antworten, der sagte: Es gibt für jede komplexe Frage eine einfache Antwort. Sie ist nur regelmäßig falsch. – So ist es auch hier; denn für die Gefahrenabwehr – wir haben es mehrfach gehört –, die Prävention, sind die Länder zuständig und nicht der Bund. Das haben Sie aber schon selbst bemerkt. Deswegen legen Sie parallel zu Ihrem Gesetzentwurf einen Antrag vor, in dem Sie den Bund auffordern, mit den Ländern in Verhandlungen zu treten, um die Gesetzgebungskompetenz zu ändern. Sie schreiben selbst:

Damit fehlt es dem Bund für diese Zwecke

– Gefahrenabwehr –

ausdrücklich an einer Gesetzgebungskompetenz.

Am selben Tag einen Gesetzentwurf vorzulegen, wohl wissend, dass es dafür keine Gesetzgebungskompetenz gibt, ist schon verdammt dreist. Und dann sagen Sie, Herr Reusch, auch noch, unser Grundgesetz sei ein „Totschlagargument“. Nein, Sie zeigen damit wieder einmal, dass Sie keinerlei Achtung und Respekt vor unserem Grundgesetz haben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen will ich es einmal mit ein bisschen Aufklärungsarbeit versuchen: Das Aufenthaltsgesetz regelt Einreise, Aufenthalt und Ausreise eines Ausländers. Diese Regelungen sind ein Ausfluss unseres Staatsbegriffes, ja sogar unseres Staatsangehörigkeitsrechts und kein Gesetz zur Gefahrenabwehr. Unser Staatsverständnis sieht im Ausländer per se nicht zuerst die Gefahr, sondern den Menschen. Insofern sind die Regeln zur Abschiebungshaft – um die geht es Ihnen – zweckgebunden. Sie dienen in erster Linie dem Zweck, die Abschiebung des Ausländers, der kein Bleiberecht hat, sicherzustellen und wirksam durchzusetzen. Nur dafür haben wir die entsprechende Gesetzgebungskompetenz.

Anders ist das bei den Ländern, in denen es die Gefahrenabwehr und auch die – sie ist schon angesprochen worden – sogenannte Präventivhaft gibt. Ja, hier müssen wir die Regelungen vereinheitlichen und ein gemeinsames Musterpolizeigesetz erarbeiten. Das ist auch schon beschlossen. Wenn es nach mir geht, dann können wir uns da am Beispiel der Bayern orientieren, die in der Tat beschlossen haben, die Präventivhaft für bis zu drei Monate – und mehrfach verlängerbar – auszusprechen. Dann hätten wir auch hier eine entsprechende Möglichkeit. Denn es gibt, anders als bei Ihrem verengten Blick nur auf die sogenannten ausländischen Gefährder, eben auch – leider Gottes – Gefährder, die einen deutschen Pass besitzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben nicht in allererster Linie ein Rechtsetzungsproblem – auch das ist schon mehrfach gesagt worden –, sondern wir haben vor allem ein Rechtanwendungsproblem. Die Abschiebehaft wird viel zu selten, viel zu spät oder gar nicht in den Blick genommen. Hier müssen wir insbesondere unsere Behörden noch ermuntern, die Gesetze, die wir auf bis zu 18 Monate Abschiebehaft verschärft haben, tatsächlich anzuwenden.

Und: Ja, wir brauchen auch Kapazitäten, um die dann Abzuschiebenden unterzubringen. Das darf nicht in Strafhaftanstalten passieren. Dort sind die Kapazitäten viel zu gering. Diese Kapazitäten müssen Bund und Länder gemeinsam aufbauen, damit die guten, nachgeschärften Regelungen, die wir schon heute im Aufenthaltsgesetz haben, auch angewendet werden können.

Die AfD hat heute einen Antrag mit vermeintlichen Antworten eingebracht. Es sind aber einfache Antworten; sie sind daher nicht tragfähig. Deshalb werden wir diesen Antrag ablehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)