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Alexander Hoffmann: "Verbraucherschlichtungsstellen bieten kostengünstige, schnelle und ressourcenschonende Alternative"

Rede zu außergerichtliche Streitbeilegung - Verbraucher

Erstmalig wurden – mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz vom 19. Februar 2016 – die Rahmenbedingungen dafür geschaffen, dass sich Verbraucher bei Streitigkeiten mit Unternehmern stets an eine Schlichtungsstelle wenden können, die bestimmte Qualitätsanforderungen erfüllen muss. Die tragende Motivation dahinter war, Verbrauchern eine möglichst effektive, aber auch schlanke Rechtschutzmöglichkeit anzubieten. Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz ist im Wesentlichen am 1. April 2016 in Kraft getreten. Seitdem haben sich die Anzahl der Verbraucherschlichtungsstellen und die Anzahl der Streitbeilegungsverfahren stetig erhöht. Dies zeigt deutlich, dass der eingeschlagene Weg richtig ist.

Im Hinblick auf die zum 1. November 2018 eingeführte Musterfeststellungsklage ist zudem damit zu rechnen, dass die Verfahren vor Verbraucherschlichtungsstellen weiter zunehmen werden. Denn im Anschluss an eine erfolgreiche und rechtskräftig abgeschlossene Musterfeststellungsklage müssen Verbraucher, auch wenn sie sich auf das Musterfeststellungsurteil berufen können, ihre individuellen Ansprüche noch durchsetzen. Insbesondere die Verbraucherschlichtungsstellen bieten hier für den Verbraucher eine im Vergleich zum Klageweg vor den ordentlichen Gerichten kostengünstige, schnelle und ressourcenschonende Alternative.

Seit dem Inkrafttreten des VSBG wird mit der vom Bund geförderten Allgemeinen Verbraucherschlichtungsstelle am Zentrum für Schlichtung e. V. mit Sitz in Kehl gewährleistet, dass in den Fällen, in denen keine besondere Verbraucherschlichtungsstelle besteht, der Verbraucher gleichwohl eine Verbraucherschlichtungsstelle anrufen kann. Nach § 43 Absatz 1 in Verbindung mit § 29 Absatz 1 VSBG wird die Förderung durch den Bund Ende 2019 wegfallen. Damit sind nach dem geltenden VSBG die Länder verpflichtet, ergänzende Verbraucherschlichtungsstellen, sogenannte Universalschlichtungsstellen, zu errichten, wenn in diesem Land kein ausreichendes Schlichtungsangebot besteht. Dies hat jedoch den Nachteil, dass eine Vielzahl von ergänzenden Verbraucherschlichtungsstellen zu errichten ist – mit der Folge, dass die Zuständigkeit der maßgeblichen Verbraucherschlichtungsstelle möglicherweise schwer zu ermitteln ist.

Um dies zu lösen, soll die derzeit den Ländern zugewiesene Aufgabe der ergänzenden Verbraucherschlichtung, die sogenannte Universalschlichtung, zum 1. Januar 2020 auf den Bund übertragen werden. Dieser soll durch den Betrieb einer bundesweiten Universalschlichtungsstelle zugleich die Verpflichtung nach Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG erfüllen, im Bundesgebiet flächendeckend für eine Infrastruktur von Verbraucherschlichtungsstellen für Verbraucherstreitigkeiten zu sorgen.

Nachbesserungsbedarf hat sich aber auch aus der bisherigen Anwendungspraxis ergeben. Dies betrifft insbesondere die Frage, ob parallel zu einem zivilprozessualen Musterfeststellungsverfahren noch ein Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle durchgeführt werden kann, ebenso die Frage, ob das Bundesamt für Justiz als deutsche Kontaktstelle für die Europäische Plattform zur Online-Streitbeilegung befugt ist, Verbraucher bei innerstaatlichen Streitigkeiten mit einem Onlinehändler über die zuständige Schlichtungsstelle zu informieren. Deshalb regelt der vorliegende Entwurf, dass das Bundesamt für Justiz nicht nur OS-Kontaktstelle ist, sondern auch bei rein innerstaatlichen Streitigkeiten Verbraucher und Unternehmer beraten kann, wenn die Beschwerde über die Europäische Plattform zur Online-Streitbeilegung eingereicht worden ist.

Gerade im Versicherungsbereich lassen sich immer wieder zweifelhafte Geschäftspraktiken feststellen. Daher sieht der Entwurf vor, dass private Schlichtungsstellen im Versicherungsbereich, die durch das Bundesamt für Justiz anerkannt wurden, verpflichtet werden, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht über Geschäftspraktiken eines Unternehmers zu unterrichten, die ihnen bei ihrer Schlichtungstätigkeit bekannt geworden sind und die die Interessen einer Vielzahl von Verbrauchern erheblich beeinträchtigen können. Denn es erscheint unbefriedigend, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nur von Finanzschlichtungsstellen über die bei einer Schlichtung bekannt gewordenen Geschäftspraktiken von Unternehmern unterrichtet werden muss. Nach bisheriger Rechtslage muss aber eine durch das Bundesamt für Justiz anerkannte Schlichtungsstelle im Versicherungsbereich diese Unterrichtung nicht vornehmen.

Der Entwurf enthält daneben viele weitere kleine Verbesserungen. Die weiteren Beratungen werden sicher Raum geben, das noch weiter und spezifisch zu vertiefen. Darauf freue ich mich.