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Alexander Hoffmann: Ein Straftatbestand ist das letzte Mittel

Gesetz zur Bekämpfung der Haushaltsuntreue und Verschwendung öffentlicher Mittel

Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, es ist in der Tat so: Ein Blick in das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler erhitzt die Gemüter. Die Folgen von solchen Steuermittelverschwendungen sind weitreichend. Da ist nicht nur das Kopfschütteln in der Bevölkerung, sondern da sind auch das verlorene Vertrauen in eine funktionierende Verwaltung und Politikverdrossenheit zu nennen. Deswegen ist es richtig, dass der Bund der Steuerzahler jedes Jahr von neuem den Finger in die Wunde legt. Es ist auch richtig, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir uns ernsthaft die Frage stellen: Wie können wir Maßnahmen treffen, um solche Fälle für die Zukunft sicher zu verhindern?

Der vorliegende Gesetzentwurf versucht das in Form eines Straftatbestandes. Wir alle wissen: Ein Straftatbestand ist die Ultima Ratio, das letzte Mittel. Insofern war es schon interessant, dass vorhin bei der Zwischenintervention eine echte Alternative konkret benannt worden ist. Aber ich glaube, das Wichtigste, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist, dass man dann, wenn man einen Straftatbestand fordert, nicht von falschen Voraussetzungen ausgehen darf. Dazu will ich einmal aus Ihrem Antrag zitieren – Herr Präsident, Sie gestatten –; Sie schreiben:

Seit der „Bugwellenentscheidung“ ist der Anwendungsbereich des § 266 StGB in derartigen Fällen auf klare oder zu vermutende Fälle von Korruption, also von Zweckentfremdung zum Nutzen einzelner Privatleute eingeschränkt.

Ich habe den Satz mehrmals durchgelesen; auch ich kenne die Bugwellenentscheidung. Ich habe dann in der Bugwellenentscheidung nachgelesen und muss ganz ehrlich sagen: Das, was Sie da behaupten, wird dort an keiner Stelle vom Bundesgerichtshof niedergelegt.

Um das ein bisschen konkreter aufzuarbeiten, habe ich mir erlaubt, zwei, drei Zitate aus der Bugwellenentscheidung heute mitzubringen. Der BGH schreibt nämlich, ich zitiere – Herr Präsident, ich hoffe, auch das gestatten Sie –:

Tathandlung der Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB ist die im Außenverhältnis wirksame, aber im Verhältnis zum Geschäftsherrn bestimmungswidrige Ausübung der Befugnis zur Vermögensverfügung oder Verpflichtung … oder die Verletzung der sich aus einem Treueverhältnis ergebenden Vermögensbetreuungspflicht …; Taterfolg ist die Verursachung eines Vermögensnachteils.

Der BGH wird sogar noch konkreter und widerlegt Sie eigentlich vollends. Er formuliert konkret den Satz:

Untreue im Sinne des § 266 StGB kann auch bei Verstößen gegen haushaltsrechtliche Vorgaben oder Prinzipien gegeben sein.

In meinem ersten Zitat hat der BGH von „Vermögensnachteil“ gesprochen. Wir wissen, dass es auch dabei nicht nur um den Vermögensschaden geht, sondern dass es da auch Fälle des individuellen Schadenseinschlags gibt – so nennt man das. Der BGH weitet also den Schadensbegriff noch einmal aus, sodass auch das naheliegende Risiko unkalkulierbarer späterer Kosten darunterfällt, zum Beispiel ein krass fehlkalkulierter, unrentabler Erhaltungsaufwand bei einer öffentlichen Anschaffung wie einer öffentlichen Baumaßnahme. Wir sehen so ganz schnell, wie weit das Feld von § 266 tatsächlich noch ist. Eine Einschränkung, wie Sie sie formulieren, gibt es nicht.

Ein weiterer Punkt, der uns beschäftigen sollte, ist natürlich die Frage: Erzielt dieser Straftatbestand, wenn man ihn schafft, tatsächlich die gewünschte Wirkung? Da, glaube ich, sollten wir nicht verschweigen, dass es heute schon Haushaltsgrundsätze gibt, die niedergelegt sind, zum Beispiel im Gesetz über die Grundsätze des Haushaltsrechts und auch in Länderregelungen wie zum Beispiel den Gemeindeordnungen. Verstöße gegen diese Grundsätze sind Sorgfaltspflichtverletzungen, sind Dienstpflichtverletzungen. Das heißt, es gibt Konsequenzen, die sehr schnell im Raum stehen, wie Disziplinarmaßnahmen, Schadensersatzansprüche, Niederschlag in der Beurteilung oder Niederschlag in der leistungsorientierten Bezahlung.

Für mich persönlich wird es sehr spannend werden, ob es Ihnen in den weiteren Beratungen im Ausschuss tatsächlich gelingt, uns aufzuzeigen, dass all diese Instrumente heute nicht wirken, dass also bei jemanden, der Mittel leichtfertig ausgibt und damit eine Disziplinarmaßnahme in Kauf nimmt, unter Umständen ein Stehenbleiben in der Bewertung in Kauf nimmt oder eine schlechte Beurteilung in Kauf nimmt, jetzt all das nicht passieren würde und deshalb ein Straftatbestand geschaffen werden müsste. Ich glaube, wir sollten da sehr objektiv und ehrlich miteinander umgehen. Auf diese weitere Beratung freue ich mich.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)