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Philipp Amthor: "Wir wollen ein pauschales Lizenzsystem"

Rede zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben ein uns allen jetzt schon ziemlich bekanntes Schauspiel: Donnerstagabend, nach 21 Uhr, ein neuer Beitrag aus der Reihe „Juristisches Halbwissen der Alternative für Deutschland“.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der AfD: Oah!)

Es gibt aber diesmal eine Neuerung: Nicht Herr Brandner, der sonst immer der Zauberlehrling ist, tritt an, sondern Corinna Miazga.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Ich frage mich immer: Was soll das? Wissen Sie, ich versuche immer, das Beste aus solchen Debatten zu ziehen. Da muss ich sagen: Zum Jubiläum „70 Jahre Grundgesetz“ hat der Donnerstagabend irgendwie immer auch was Schönes; denn dann haben wir die Gelegenheit, die weniger bekannten Normen des Grundgesetzes ein bisschen im Parlament zu erörtern. Diesmal haben Sie sich eine schöne Norm ausgesucht: Artikel 23 Absatz 1a – Subsidiaritätsklage. In der Tat, das gab es noch nie im Deutschen Bundestag. Es ist doch schön, dass wir die Gelegenheit haben, mal darüber zu reden.

(Lachen der Abg. Corinna Miazga [AfD])

Frau Miazga, Sie haben gesagt, Sie nähmen das Grundgesetz und Artikel 23 Absatz 1a sehr ernst. Das ist sehr schön, aber es gibt einen Unterschied zwischen ernst nehmen und verstehen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Denn man muss deutlich sagen: Verstanden haben Sie es anscheinend nicht.

Ich frage mich: Was machen wir jetzt?

(Corinna Miazga [AfD]: Aufpassen, Herr Amthor! Aufpassen!)

Wir könnten jetzt juristisches Hochreck machen. Aber ich glaube, es ist schöner, wenn wir das einfach halten. Heribert Hirte hat das alles ja schon in Vorlesungsmanier erklärt. Ich mache das noch mal eine Stufe niedriger.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU])

Wir machen das einfach mal mit dem Text. Der Bundestag, um dessen Mitwirkungsrechte Sie sich so sorgen, hat sich dazu eine schöne Norm im Integrationsverantwortungsgesetz gegeben.

(Zuruf der Abg. Corinna Miazga [AfD])

– Ganz einfach! – § 12 Absatz 1 Satz 1:

Auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder ist der Bundestag verpflichtet, eine Klage gemäß Artikel 8 des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit zu erheben.

(Corinna Miazga [AfD]: Sie können lesen, Herr Amthor! Toll!)

– Ja, den Satz konnten Sie wohl auch noch lesen; denn da stehen zwei Dinge drin: Protokoll über Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität.

(Corinna Miazga [AfD]: Ja!)

Deswegen machen Sie in Ihrem Antrag lange Ausführungen zu Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität. Diese Norm im Integrationsverantwortungsgesetz verweist aber auf das Zusatzprotokoll zum EUV. Gucken wir mal, was darin steht.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der AfD)

– Viele Normen werden es nicht mehr. Ich bin gleich fertig. Dem ist noch zu folgen, ja? – Subsidiaritätsprotokoll Artikel 8:

Der Gerichtshof der Europäischen Union ist für Klagen wegen Verstoßes eines Gesetzgebungsakts gegen das Subsidiaritätsprinzip zuständig …

– Moment, was fällt uns da auf? „Verhältnismäßigkeit“ kommt gar nicht mehr vor.

(Corinna Miazga [AfD]: Unfassbar!)

Das hat damit zu tun, dass dieses Subsidiaritätsprinzip differenziert. Dieses Protokoll und Gegenstand der Klage, die Sie hier erheben wollen, das bezieht sich eben nur auf Subsidiarität und nicht auf Verhältnismäßigkeit. Das ist an der Stelle völlig unzutreffend. Ihre Klage ist nicht nur inhaltlich wegen der Argumente falsch, sondern sie widmet sich auch einem völlig falschen Klagegegenstand.

(Corinna Miazga [AfD]: Lesen Sie doch mal den Kommentar! Sie haben keine Ahnung!)

Insofern: Text lesen hilft, Frau Miazga. Da müssen wir nicht mal das große juristische Hochreck machen. Das ist gar nichts, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Corinna Miazga [AfD]: Unglaublich!)

Aber damit wir es nicht ganz formal machen, will ich auch inhaltlich – dann haben wir das klargezogen – noch mal sagen: Auch inhaltlich haben wir bei dem Thema Uploadfilter kein Problem, was das materielle Recht angeht. Die Richtlinie ist offen für eine nationale Umsetzung. Genau dort wollen wir keine Uploadfilter, sondern ein pauschales Lizenzsystem. Das ist die genau richtige Grundlage. Für uns gilt der Grundsatz: Bezahlen statt Blocken. Darum kümmern wir uns; dafür setzen wir uns ein. Das machen die Rechtspolitiker und die Digitalpolitiker der Fraktion hervorragend.

(Zuruf des Abg. Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich glaube, der kleine Juraexkurs reicht. Angesichts der fortgeschrittenen Zeit und des beabsichtigten Endes des Plenums nach 1 Uhr nachts spende ich die verbleibenden zwei Minuten den fleißigen Mitarbeitern der Bundestagsverwaltung, damit wir vorankommen. Alles Gute! – Wir lehnen den Antrag ab.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)