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Ingmar Jung: "Ich bin unserer Fraktionsführung außerordentlich dankbar"

Ausweitung und Verschärfung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer Mandatsträger ist, der sollte das als Ehre verstehen, der ist seinem Gewissen unterworfen, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und darf sich in keiner Weise von äußeren Einflüssen bei seiner Mandatsausübung leiten lassen, schon gar nicht für das Angebot von Vorteilen oder Ähnliches. Wer diesen ehernen Grundsatz nicht verstanden hat, der handelt schäbig, der handelt feige und der gehört, weil er letztlich sich, seine Mitstreiter und das ganze Parlament beschädigt, bestraft, und zwar hart. Daran besteht gar kein Zweifel.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Jetzt muss man an dieser Stelle mit der Unschuldsvermutung besonders vorsichtig sein. Aber, ja, in der Tat gab es ehemalige Kollegen unserer Fraktion, die sich an diesen unmissverständlichen Grundsatz nicht gehalten haben.

(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Ihr wart zu lange an der Macht!)

Das schmerzt niemanden so sehr wie uns. Aber ich bin unserer Fraktionsführung außerordentlich dankbar dafür, wie sie reagiert hat. Denn sie hat sofort ein klares Signal gesetzt, dass es nur eine Möglichkeit gibt, damit umzugehen: volle Offenheit, volle Transparenz und volle Aufklärung. – Sie haben nicht nur von uns diese Erklärungen verlangt, sondern sie haben direkt eine Transparenzoffensive, einen Zehn-Punkte-Plan beschlossen, um genau dagegen vorzugehen, damit man die schwarzen Schafe in Zukunft noch besser erwischt.

Ich will hier nicht über alles im Einzelnen reden. Lassen Sie mich nur ein paar Beispiele herausgreifen. Wir wollen ein gesetzliches Verbot der bezahlten Interessenvertretung. Wir wollen ein Verbot des Missbrauchs des Mandatstitels. „MdB“ ist eine Ehre und kein Werbebanner; wer das nicht versteht, der muss auch verstehen, dass wir das nicht akzeptieren. Wir wollen ein vollständiges Verbot der Geldspenden an Abgeordnete, und wir wollen über die Transparenzregeln und gesetzlichen Regeln, die wir vereinbaren wollen, hinaus einen verbindlichen Verhaltenskodex für alle Abgeordneten unserer Fraktion fassen, damit jeder, der Mitglied der CDU/CSU-Fraktion werden will oder es bleiben möchte, weiß, was wir von ihm erwarten und dass wir es nicht akzeptieren, wenn er sich nicht daran hält.

Meine Damen und Herren, ich bin nicht stolz auf das, was passiert ist, aber ich bin stolz darauf, wie unsere Fraktionsführung reagiert hat, und dafür sage ich ein herzliches Dankeschön.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ja, wir haben auch beschlossen, dass wir den Tatbestand der Abgeordnetenbestechung überarbeiten müssen. Beispielsweise wollen auch wir zwingend eine Hochstufung zum Verbrechenstatbestand. Aber lassen Sie uns gemeinsam den gesamten Paragrafen anschauen und gemeinsam diskutieren, was richtig ist.

(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Seit Jahren!)

Ich halte die Hochstufung zum Verbrechenstatbestand für absolut zwangsläufig, meine Damen und Herren. Und damit kein Missverständnis entsteht: Bundestagsabgeordnete, Landtagsabgeordnete, die sich nicht an diese ehernen Regeln halten, haben keinerlei Rabatt verdient!

Aber wenn Sie sich den ganzen Paragrafen anschauen, stellen Sie fest, dass beispielsweise über Absatz 3 auch alle kommunalen Vertreter von der Gesamtregelung erfasst sind, also diejenigen, die das Rückgrat unserer demokratischen Gesellschaft bilden, die reihenweise abendelang in miefigen Sitzungssälen für drei Mark fünfzig Sitzungsgeld über Bebauungspläne beraten, um sich am nächsten Morgen in der Bäckerei erklären zu lassen, wie man das alles hätte besser machen können, und die inzwischen in einem Maße – wir hatten gerade Kommunalwahlen in Hessen – Hass und Hetze ausgesetzt sind, nur weil sie sich ehrenamtlich um ein Mandat bemühen, dass es kaum noch zu akzeptieren ist.

Natürlich, wenn die sich an etwas nicht halten, müssen auch die bestraft werden; das ist gar keine Frage. Aber ob wir an die das richtige Signal senden, wenn wir auch sie unter den Verbrechenstatbestand fassen, darüber lassen Sie uns bitte gemeinsam noch mal diskutieren.

(Dr. Matthias Bartke [SPD]: Bei Bestechung? Natürlich!)

– Bitte, Herr Kollege, ich rede von Ortsbeiräten, von Stadträten. Die müssen bestraft werden, wenn sie sich an etwas nicht halten. Die müssen bestraft werden, auch bei Bestechung. Nur passieren auch Fälle vor Ort, bei denen wir genauer hinschauen müssen, wie wir das regeln. Es wäre besser, jetzt nicht populistisch zu reagieren und alle, die ehrenamtlich vor Ort tätig sind, über einen Kamm zu scheren,

(Mechthild Rawert [SPD]: Was soll das denn sein?)

nur weil sich einige nicht daran gehalten haben. Darauf lege ich doch großen Wert, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Matthias Bartke [SPD]: Wenn das im Regionalen passiert, ist das nicht so schlimm?)

Wir müssen auch den objektiven Tatbestand überarbeiten. Wir müssen uns auch das Merkmal „im Auftrag oder auf Weisung“ anschauen. Wenn Sie sich anschauen, wie das in der Rechtswissenschaft ausgelegt wird, sehen Sie, dass es da eine Vielfalt, ein Potpourri gibt; keiner weiß, wie das genau auszulegen ist. Eins weiß man: So wie Herr Baumann es eben ausgelegt hat – dass man eine Quittung braucht –, habe ich das noch nirgendwo gelesen; das wird wohl auch tatsächlich niemand gelesen haben.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das steht im Gesetz!)

– Es steht eben nicht im Gesetz, Herr Baumann. Das ist wieder Ihre typische Art und Weise, hier vorzugehen.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Gucken Sie mal! Da steht „auf Antrag“ und „auf Weisung“!)

Wir brauchen da dringend eine Klarstellung, meine Damen und Herren. Deswegen: Lassen Sie uns das gemeinsam anschauen. Lassen Sie uns anschauen, ob wir am Ende das Merkmal überarbeiten, ob wir es klarstellen oder ob wir es streichen. Und lassen Sie uns vernünftig gemeinsam die richtige Regelung finden, damit wir gemeinsam als Parlament in Zukunft kein Vertrauen mehr verlieren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)