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Heike Brehmer: Die Aufgabe „deutsche Einheit“ war eine enorme Herausforderung und Aufbauleistung

Redebeitrag in der vereinbarten Debatte zu "30 Jahre Deutsche Einheit"

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 30 Jahre Wiedervereinigung, das ist für mich ein ganz besonderes Jubiläum, für das ich unendlich dankbar bin. Hätte es die Wiedervereinigung nicht gegeben, wäre ich heute nicht im Deutschen Bundestag und könnte nicht zu Ihnen sprechen.

1990 habe ich mich in der Kommunalpolitik engagiert, und ich weiß noch genau, wie dieses Gefühl von Aufbruch in der Luft lag – man konnte es förmlich spüren –, diese Euphorie auf dem Weg in eine neue, aber auch unbekannte Zeit, vor allem, wenn man bedenkt, wie die Voraussetzungen 1990 aussahen. 40 Jahre Sozialismus hatten ihre Spuren hinterlassen: in unseren Innenstädten, an den Häusern, der Infrastruktur und unserer Umwelt.

Die Aufgabe „deutsche Einheit“ war eine enorme Herausforderung und Aufbauleistung. Ich habe damals die Neuordnung unserer Kommunalverwaltung in Sachsen-Anhalt hautnah miterlebt. Wie groß waren plötzlich die Umbrüche und Veränderungen, die es zu bewältigen galt! Ohne die Unterstützung unserer Nachbarn aus Niedersachsen wäre dies so nicht möglich gewesen. Dafür möchte ich an dieser Stelle noch einmal Danke sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Rainer Spiering [SPD])

Auch die Städtepartnerschaften, die unsere Kommunen seit 1990 bis heute intensiv pflegen, zum Beispiel zwischen Blankenburg und Wolfenbüttel oder Halberstadt und Wolfsburg, sind für mich ein Zeichen gelebter deutscher Einheit als Gemeinschaftsleistung von Ost und West.

Mein Wahlkreis ist der Harz. Er verläuft genau entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze. Zum 3. Oktober, also morgen, finden dort zahlreiche kleine Veranstaltungen mit den Partnergemeinden statt. Ich werde morgen bei einer Gedenkfeier auf dem Gipfel des Brockens sein – ein ganz besonderer Ort,

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ein Hexentanzplatz!)

der früher als Sperrgebiet weder von West noch von Ost erwandert werden durfte. Heute steht der Brocken als Symbol der Einheit, und darauf bin ich sehr stolz.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Gabriele Hiller-Ohm [SPD] und Bettina Stark-Watzinger [FDP])

Es ist mir aber ganz besonders wichtig, in meiner heutigen Rede den Blick nicht ausschließlich auf das Vergangene zu richten. Schließlich können wir unendlich stolz sein auf das, was wir gemeinsam erreicht und aufgebaut haben. Wir verfügen heute über eine moderne, mittelständisch geprägte Wirtschaft und eine gut ausgebaute Infrastruktur, zum Beispiel die A 36 als neue Autobahn, eine wichtige Verbindung zwischen Ost und West. Massive Umweltschäden wurden beseitigt, die Städte wurden saniert und viele Fachwerkhäuser, wie bei mir im Harz, liebevoll restauriert. Investitionen in den Tourismus bringen Menschen aus allen Teilen Deutschlands zu uns. Der Harzer Tourismusverband vermarktet die Regionen als Ganzes über drei Bundesländer hinweg. Auch der gemeinsame Nationalpark Harz entstand aus dem erfolgreichen Zusammenschluss der Nationalparks in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt.

Ich könnte noch zahlreiche weitere Beispiele aufzählen; aber meine Redezeit reicht dafür nicht aus. Wichtig ist mir, herauszustellen, wie viel Erreichtes, Vollbrachtes und Gelungenes wir sehen. Wer mit offenen Augen durch die neuen Bundesländer fährt, der sieht, wovon ich spreche.

Gemeinsam ist es uns gelungen, dass aus dem wiedervereinigten Deutschland inzwischen eine gut funktionierende, vielfältige und – das sehen wir gerade in Coronazeiten – krisenfeste Einheit geworden ist. Natürlich müssen wir am Ende zusammenwachsen. Immer wieder müssen wir am Zusammenwachsen arbeiten. Unsere deutsche Einheit ist kein Zustand, sondern ein fortwährender Prozess, und ich finde es gut und richtig, dass wir den Herausforderungen beim Zusammenwachsen 30 Jahre nach der Wiedervereinigung nicht mehr nach Himmelsrichtungen begegnen, sondern nach Notwendigkeit, mit einem gesamtdeutschen Fördersystem. Auch in Teilen der alten Bundesländer gibt es strukturschwache Regionen; auch hier müssen wir die Zukunftsthemen angehen, die den Menschen auf den Nägeln brennen: Bildung, Digitalisierung, Gesundheitsversorgung, die Zukunft der ländlichen Räume, um nur einige zu nennen.

Unsere deutsche Einheit ist ein Auftrag für uns alle, egal in welchem Bundesland wir leben. Und es ist an der jungen Generation, diese wichtige Aufgabe weiterzuführen. Die jungen Menschen haben es nicht anders kennengelernt; sie sind in einem vereinten Deutschland zu Hause. Wichtig ist, dass wir die Erinnerungen an unsere Vergangenheit immer wachhalten. Denn unsere Demokratie und das gemeinsam Erreichte sind ein hohes Gut.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das wird besonders deutlich, wenn wir in andere Länder dieser Welt schauen; dessen sollten wir uns stets bewusst sein.

Meine Damen und Herren, 30 Jahre deutsche Einheit sind einzigartig in der Geschichte unserer Bundesrepublik. Das ist ein Grund zum Feiern, und darauf freue ich mich und bin sehr stolz. Lassen Sie uns dieses Jubiläum nutzen, um diesen Stolz vereint nach außen zu tragen!

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)