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Florian Hahn: Wir brauchen ein attraktives Europa

Rede in der Aktuellen Stunde zum Brexit

Sehr geehrter Herr Präsident Friedrich! Kolleginnen und Kollegen! Die letzten zwei Sätze des Kollegen Hunko kann ich nur begrüßen. Da möchte ich mich ausdrücklich anschließen. Das war mal was Gescheites aus der linken Ecke. Ich bin ganz begeistert.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Fest der Liebe!)

Aber lassen Sie mich, bevor wir die einzelnen Themen des bevorstehenden Europäischen Rats besprechen, kurz noch grundsätzlich etwas zur europapolitischen Ausrichtung sagen. Für uns als CSU ist Europa immer eine Herzensangelegenheit gewesen. Wie könnte es auch anders sein? Bayern ist in der Mitte Europas, geschichtlich und auch wirtschaftlich tief verwurzelt in den europäischen Beziehungen. In unserem Grundsatzprogramm haben wir deswegen auch festgehalten, dass für uns die europäische Einigung die bedeutendste politische Idee und der größte Stabilitätsbeitrag des 20. Jahrhunderts war. Deshalb waren es auch die CSU und die Union, die die europäische Integration maßgeblich vorangetrieben haben. Wir sagen aber auch: Europas Stärke, Europas Besonderheit und Europas kreativer Antrieb ist die Einheit in der Vielfalt. In der CSU gehören bayerische Heimatliebe, deutscher Patriotismus und europäische Identität zusammen. Die Menschen in Europa sollen sich als Europäer fühlen, ohne ihre Nationalität abgeben zu müssen.

Da komme ich zum SPD-Parteivorsitzenden Martin Schulz. Was stört mich an der kühnen Vision, in den kommenden acht Jahren die Vereinigten Staaten von Europa zu schaffen? Zunächst einmal ist das schlicht und einfach nicht das, was die Menschen in diesem Land, in unserem Land, oder in irgendeinem anderen Land in der EU wollen. Solche Träumereien von einer postnationalen Zukunft Europas werden von der überwältigenden Mehrheit der EU-Bürger abgelehnt.

(Beifall bei der AfD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie finden auch keinerlei Unterstützung im Kreise der EU-Mitgliedstaaten. Mit wem will Schulz eigentlich die Vereinigten Staaten gründen: mit Luxemburgern und mit Brüsselern? Mir ist das schleierhaft. All diejenigen, die die Fantasien des SPD-Parteivorsitzenden nicht teilen – alle Skeptiker, Realisten und Anhänger europäischer Vaterländer –, sollen dann vor die Tür gesetzt werden? Das ist keine Vision eines vereinigten Europas, das in die Zukunft führt. Das ist ein Europaradikalismus à la Schulz, eine intolerante Vision, die Europa spalten und gefährden und nicht einigen wird.

(Beifall bei der AfD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Europa wird doch nicht attraktiver, wenn Sie diejenigen bestrafen und bedrohen, die einem „mehr Europa“ skeptisch gegenüberstehen. Vielmehr brauchen wir ein attraktives Europa, dem die Menschen aus Hoffnung und Überzeugung die Bude einrennen, ein Europa, das einen konkreten Nutzen hat. Die Abschaffung der nationalen Souveränität allein kann dieser Nutzen nicht sein.

(Beifall bei der AfD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Vielmehr muss es ein Europa sein, das weiterhin Frieden und Freiheit auf dem Kontinent sichert,

(Christian Petry [SPD]: Wie peinlich das Ganze!)

das für Wohlstand bei der Mehrheit der Menschen sorgt und das vor allem für die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger sorgt. So muss Europa sein.

(Beifall bei der AfD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Wir konzentrieren uns lieber auf konkrete Projekte, die uns zusammenführen, die uns Schritt für Schritt voranbringen und die den Bürgern konkreten Nutzen bringen. Das ist beim Thema Sicherheit zum Beispiel das Projekt der europäischen Verteidigung. Ja, auch wir als CSU haben den Begriff der europäischen Armee in unserem Grundsatzprogramm stehen. Er steht dafür, dass wir als Europa gemeinsam verteidigungsfähig sein wollen. Hier sind wir seit gestern wieder ein Stück weiter. Der Ratsbeschluss, der die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich begründet, ist ein echter Fortschritt. Natürlich kann man jetzt in der Presse wie im politischen Bereich Unter- und Übertreibungen bei der Bewertung finden. Das reicht von der Einschätzung, dass hier völlig ungenügende Trippelschritte gegangen werden, bis hin zur Furcht vor einer institutionalisierten Militarisierung der EU-Außen- und Sicherheitspolitik, wie sie die Kollegen von der Linken umtreibt.

Halten wir uns aber an die Fakten: Die PESCO hat das Potenzial, zu einigen, nicht zu spalten. Mit den Nachzüglern der letzten Tage sind 25 EU-Mitglieder dabei. Sogar Portugal und Irland wollen mitmachen. Das ist ein großartiges Ereignis. 17 konkrete Projekte wurden bereits identifiziert, 4 davon unter deutscher Führung. Das lässt sich aus meiner Sicht sehen. Ich halte PESCO für eine gute Sache im Sinne einer vernünftigen europäischen Politik. Ich finde das gut, genauso wie die Tatsache, dass wir heute darüber hier im Hohen Haus diskutieren.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)