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Florian Hahn: Die Aufstockung ist zwingend erforderlich, da die Sicherheitslage am Hindukusch immer prekärer wird

Rede zur Fortsetzung am NATO–geführten Einsatz Resolute Support

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bundeswehr ist seit ihrer Gründung 1955 eine Parlamentsarmee. Das ist eine Besonderheit; nur wenige Staaten haben ihre Streitkräfte so organisiert. Diese Institution, so wie wir das organisiert haben, ist für unsere Demokratie besonders prägend.

Die Beziehung Parlament/Bundeswehr ist in diesem Hohen Hause sichtbar und spürbar, auch heute mit den Soldatinnen und Soldaten, die beispielsweise auf den Zuschauertribünen unserer Debatte folgen, mit dem Wehrbeauftragten als Hilfsorgan des Deutschen Bundestages, der auch bei diesen Debatten regelmäßig dabei ist, mit den Beratern der Bundesregierung, die hinter den Regierungsbänken im Raum sitzen, und natürlich mit den unzähligen Kolleginnen und Kollegen – noch vor allem Kollegen, aber das wird sich vermutlich auch ändern –, die selbst Angehörige der Bundeswehr waren oder sind, die als Reservisten aktiv sind und die deswegen eine besondere Affinität dazu haben. Aber auch die Kollegen – das darf ich vielleicht aus acht Jahren Erfahrung sagen –, die nicht selbst Angehörige der Bundeswehr waren, fühlen sich unseren Soldatinnen und Soldaten in diesem Land im Besonderen und überaus verpflichtet.

Zu sagen, wir würden die Soldaten vergessen, ist mindestens Unwissenheit oder kleingeistig, Herr Kollege Kleinwächter. Ich kann, glaube ich, für viele hier in diesem Haus sagen: Dieses Parlament hat es sich noch nie einfach gemacht, Soldatinnen oder Soldaten in die Einsätze zu schicken. Wir werden das auch in Zukunft nicht tun.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Viele politische Parteien und Fraktionen haben dabei ihre eigene Identität riskiert. Es ist eine Unverschämtheit, deswegen zu sagen, wir würden uns das hier zu leicht machen.

Um der wichtigen Aufgabe als Parlament für die Bundeswehr gerecht zu werden, ist es wichtig, dass wir die bald auslaufenden Mandate um drei Monate verlängern. Deutschland sendet damit ein klares Signal, dass unabhängig von Wahlen und Regierungsbildungsprozessen die internationalen Engagements zuverlässig und stabil erfüllt werden. Das ist unser Auftrag und unsere Verantwortung als Parlament in diesem Augenblick. Zu dieser Verantwortung gehört, stabile und verlässliche Säule in unseren Bündnissen zu sein.

Beim Treffen der NATO-Verteidigungsminister Anfang des Monats wurden die Fortsetzung des Afghanistan-Einsatzes, die Aufstockung der eingesetzten Streitkräfte sowie die Ausweitung der Ausbildung auf die mittleren und unteren Ebenen der afghanischen Sicherheitskräfte beschlossen. Außerdem ist es sehr zu begrüßen, dass sich die USA nun ebenfalls auf den „condition based“-Ansatz verständigt haben. Wir können den Afghanen die Sicherheitsverantwortung erst nach Erfüllung der strategischen Ziele und nicht anhand festgelegter starrer Zeitlinien überlassen. Es ist eindeutig: Die Aufstockung ist zwingend erforderlich, da die Sicherheitslage am Hindukusch immer prekärer wird. Die Taliban und andere Aufständische kontrollieren bereits einige Distrikte in Afghanistan. Kunduz, aber auch andere Städte im Norden geraten immer wieder unter Druck. Dazu kommt, dass sich der „Islamische Staat“ ebenfalls ausbreiten konnte oder zumindest zu einer Bedrohung für die schiitischen Minderheiten im Land geworden ist.

Die Sicherheitsvorkehrungen für die Einsätze von Beratern haben sich ebenfalls derart verschärft, dass längst nicht mehr alle Beratungseinsätze durchgeführt werden können. Wie wir die Aufstockung im Rahmen der NATO genau aufteilen, ist noch nicht klar. Was jedoch klar sein dürfte: Deutschland darf sich als zweitgrößter Truppensteller und als Rahmennation, als Partner von 18 weiteren Partnern nicht wegducken. Wenn es keine leere Parole bleiben soll, dass Deutschland gemeinsam mit Europa mehr Verantwortung in der Welt übernimmt, muss das gerade auch für Afghanistan gelten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Außerdem ist es für die Sicherheit unserer Bundeswehr ebenfalls wichtig, dass wir aufstocken. Gerade in Kunduz ist es sehr fraglich, ob wir mit 50 Soldatinnen und Soldaten gleichzeitig die Schutzkomponente und den Ausbildungsauftrag aufrechterhalten können.

Sehr geehrte Kollegen, wir haben in Afghanistan für die Menschen – die Ministerin hat das vorhin ausgeführt – viel erreicht. Afghanistan ist noch nicht so weit, um es allein zu lassen. Wir müssen dieser Verantwortung gerecht werden. In diesem Sinne hoffe ich auf die Beratungen in den nächsten Wochen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)