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Wilfried Oellers: Es ist richtig, dass die Kontrolldichte durch die Behörden intensiviert wird

Redebeitrag zum Arbeitsschutzkontrollgesetz

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten heute in erster Lesung den Entwurf des Arbeitsschutzkontrollgesetzes. Mit diesem Gesetz soll der Vollzug des Arbeitsschutzes in Deutschland verbessert werden.

Dieser Gesetzentwurf ist die Reaktion des Gesetzgebers auf die jüngsten Feststellungen in der Fleischindustrie. Ausländische Arbeitskräfte, die über die unterschiedlichsten rechtlichen Konstellationen ihre Arbeit verrichten, erfahren nicht das ihnen zustehende Recht. Die Beispiele wurden von Herrn Minister Heil bereits genannt. All dies sind Feststellungen, die mit unserem Verständnis von sozialer Marktwirtschaft, die mit Verantwortung und Fürsorge des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitskräften nichts zu tun haben. Deshalb bewerten wir dies als Missbrauch, und der ist nicht zu tolerieren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. René Röspel [SPD])

Dies gilt umso mehr, wenn Arbeitskräfte aus dem Ausland nach Deutschland kommen, die der Sprache in der Regel nicht mächtig sind und vor allem nicht das deutsche Recht und die geltenden Regeln kennen.

Umso erschütternder sind die gemachten Feststellungen vor dem Hintergrund, dass wir in der letzten Legislaturperiode mit dem Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft, das vom damaligen arbeitsmarktpolitischen Sprecher unserer Fraktion, Karl Schiewerling, in Gang gebracht wurde, schon gesetzgeberisch tätig geworden sind. Darin ist bereits geregelt, dass Arbeitsmaterialien und Mietkosten eben nicht auf den Arbeitslohn angerechnet werden dürfen, zudem Arbeitszeitaufzeichnungen zwingend erfolgen müssen. Auch ist die Generalunternehmerhaftung für die Sozialversicherungsbeiträge eingeführt worden. Die Umsetzung der Arbeitnehmerentsenderichtlinie ist ein weiterer Baustein, mit dem die Rechte der Arbeitnehmer aus dem EU-Ausland klar geregelt werden, bis hin zum Arbeitsschutz und zu den Unterkünften.

Durch die Kontrollen in jüngster Vergangenheit sind jedoch die genannten Missstände wiederholt festgestellt worden. Insbesondere NRW-Arbeitsminister Laumann bin ich sehr dankbar dafür, dass er in NRW die Kontrollen intensiviert hat und damit die Gesetzesverstöße festgestellt werden konnten. Um das einmal klarzustellen, Frau Korkmaz-Emre: Das hat sein Vorgänger, der SPD-Arbeitsminister, nicht getan.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Daher ist es richtig, dass das Arbeitsschutzkontrollgesetz Regelungen zu den Unterkünften ausländischer Arbeitnehmer vorsieht, damit den Arbeitgebern ihre Fürsorgepflicht und Verantwortung für diese Arbeitskräfte klar vor Augen geführt werden. Es ist ebenso richtig, dass die Kontrolldichte durch die Behörden intensiviert wird. Dazu brauchen die Behörden auch die entsprechenden kontrollierbaren Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel die nun einzuführende digitale Arbeitszeitaufzeichnung in allen Branchen, und natürlich auch ausreichend Personal. Dass Bußgeldrahmen erhöht werden müssen, ist ebenso richtig.

(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Das zahlen die doch aus der Portokasse!)

Zudem müssen die Vertragsverhältnisse der Arbeitnehmer auch eindeutig nachvollziehbar sein und die Verantwortlichkeiten ebenso klar geregelt sein. Auch wenn ich kein Freund von generellen Verboten bin, so scheint derzeit ein Verbot von Werkverträgen unausweichlich, zumal die Branche sich diesbezüglich auch selber erklärt hat.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Allerdings gibt es auch Fragen, die im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens noch erörtert werden müssen:

Warum soll ein Unternehmen künftig nur von einem Geschäftsführer geleitet werden können?

Warum wird der Anwendungsbereich des Gesetzes so weit gezogen, dass Teile der Branche umfasst werden, die mit den Missständen nichts zu tun haben? Bei den Metzgereien mit ihren Verkaufsstellen, in der Fleischverarbeitung, im Handwerk und im Mittelstand gibt es keine Feststellungen. Lediglich die großen Schlachtbetriebe sind aufgefallen.

Warum sollen keine Spezialisierung und keine Kooperation von Firmen mehr möglich sein, die spezielle Arbeitsschritte vornehmen? Schon Grundsätze der Hygiene und deren Vorgaben im Rahmen der Fleischverarbeitung verlangen dies bei bestimmten Tätigkeiten. Arbeitsteilungen sind hier durchaus sinnvoll.

Warum geht das Gesetz nicht auf die Meldepflicht ausländischer Arbeitnehmer ein und verlangt, dass eine Meldung, wie in Deutschland üblich, nach spätestens zwei Wochen erfolgen muss und nicht erst nach drei Monaten? Das würde den Behörden schneller Erkenntnisse über Wohnsituationen geben.

(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Können wir machen!)

Warum soll die Arbeitnehmerüberlassung verboten werden, wenn sie in der Fleischbranche einen geringen Anteil hat und in Deutschland ausgiebig geregelt ist?

(Zuruf der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ein Flexibilisierungsinstrument für Auftragsspitzen sollte weiterhin bestehen bleiben, weil diese nun einmal existieren. Neun Kommentatoren zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – Wissenschaftler, Richter, Rechtsanwälte, parteiübergreifend übrigens – sprechen sich in einem Beitrag in der „NZA“ gegen dieses Verbot aus.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

All dies sind Fragen, die wir im parlamentarischen Verfahren erörtern und beantworten müssen.

Ziel des Gesetzes muss es sein, dass wir den Missbrauch und die unhaltbaren Zustände unterbinden, dass wir stärker sanktionieren und intensiver kontrollieren. Das gebieten nicht nur die Grundsätze der sozialen Marktwirtschaft, sondern auch die der Wettbewerbsgleichheit und Wettbewerbsgerechtigkeit.

Letzter Satz, Frau Präsidentin: Diese Regelungen müssen allerdings jetzt auch so gefasst sein, dass wir die schwarzen Schafe erwischen und nicht die Redlichen treffen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich wünsche uns zielführende Beratungen, freue mich heute Mittag auf die nächste Wurst und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)