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Tino Sorge: Es ist vollkommen richtig, dass wir als Parlament das konstruktiv begleiten

Redebeitrag zur Parlamentsbeteiligung bei den Infektionsschutzmaßnahmen

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass das Thema, über das wir heute debattieren, über das akute Krisenmanagement hinausgeht. Wir sind uns einig, dass das Thema erhebliche Symbolkraft hat. Wir sind uns auch einig, dass das Thema fundamentale Fragen betrifft, bei denen das Parlament eine zentrale Rolle spielt. Es geht um Grundrechte, es geht um die Freiheit des Einzelnen, es geht um Gesundheit und Wohlstand, um Wirtschaft – mithin um unser gesamtes gesellschaftliches Miteinander. Wir sind uns auch einig, dass das Themen sind, die uns und unser Land noch über Monate und Jahre beschäftigen werden. Es ist auch richtig, dass wir Parlamentarier dabei nicht an der Seitenlinie stehen sollten. Insofern ist es gut, dass wir diese Debatte erneut führen. Deshalb ganz herzlichen Dank an die Kolleginnen und Kollegen von der FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Immer gerne!)

Es ist richtig – das hat der Kollege Kuhle dargestellt –, dass wir uns hier im Parlament immer fragen: Sind die Maßnahmen, ist das, was wir hier tun, richtig? Ist es angemessen? Ist es verhältnismäßig? Ist es vor allen Dingen zielführend? Insofern darf ich – weil Sie sich gerne als die Serviceopposition bezeichnen – darauf hinweisen, dass es nicht zielführend ist, dass wir hier den Eindruck erwecken, als würden wir Parlamentarier an der Seitenlinie stehen und überhaupt keine Rolle spielen, oder dass behauptet wird, das Parlament sei de facto ausgeschaltet worden. Da sind wir uns nicht einig; denn so ist es nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Wenn wir darüber debattieren, sollten wir uns immer wieder vergewissern: Wir reden heute, genauso wie im März, von einer extremen Ausnahmesituation. Deshalb ist es auch richtig – das müssen wir immer wieder sagen –, dass wir hier nicht im normalen Modus arbeiten, dass wir nicht die üblichen Abläufe einhalten können. Es ist eben nicht so, dass wir sagen können: Wir haben eine globale Pandemie, wir schreiben ein Pandemiebeendigungsgesetz, wir verabschieden das, debattieren das vorher noch mal, haben noch ein paar Anhörungen dazu, und dann ist das Problem hoffentlich endlich gelöst. Nein, es geht hier viel, viel mehr um den Faktor Zeit, und Zeit ist ein Luxus, den wir uns momentan nicht leisten können.

Meine Kollegen Henke und Kippels haben im Vorfeld schon darauf hingewiesen: Wir reden hier über ein sehr tückisches Virus. Die Zahlen, die wir jetzt sehen, sind nur eine Momentaufnahme von vor zehn Tagen. Wer von uns, wer von Ihnen geht denn davon aus, dass sich das Ausbreitungsgeschehen in den letzten Tagen eher minimiert hat? Wir müssen mit hoher Wahrscheinlichkeit damit rechnen, dass die Zahlen weiter explodieren. Daher geht es darum, dass wir gegensteuern.

Es ist ja vollkommen richtig, dass wir als Parlament das konstruktiv begleiten, es ist vollkommen richtig, dass wir immer wieder die Regierung hinterfragen; aber solche Momente sind – das muss man sagen – zusätzliche Momente der Exekutive. Ich finde ja spannend, was von der FDP kommt. Der Kollege Kuhle ist ja hier, der Kollege Lindner ist nicht da; ich weiß nicht, wo er ist; wahrscheinlich wieder in einer Talkshow. Ich zitiere mal den Kollegen Lindner. Er sagte, es habe Schwächen bei den Durchgriffsmöglichkeiten des Bundes gegeben; er forderte bereits im Frühjahr einen Krisenstab im BMWi. Und auch Konstantin Kuhle hat hier gesagt, Krisenzeiten seien auch immer Zeiten der Exekutive und er halte es für völlig legitim, dass die Bürger in dieser Situation schnelle und klare Antworten des Staates und der Exekutive erwarten. Insofern, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP: Tun Sie hier nicht so, als würden wir als Parlament keine Rolle spielen, als würde die Exekutive alles für uns erledigen. Das ist mitnichten so.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir brauchen eine handlungsfähige Regierung, ein handlungsfähiges Parlament. Und dazu gehört in solchen Krisenzeiten, dass man der Exekutive ein bisschen Spielraum verschafft.

Ich schaue auf die Uhr.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Weil mein Kollege Henke seine sehr guten Ausführungen ein bisschen verlängert hat, habe ich ein bisschen weniger Zeit. In den letzten Sekunden meiner Redezeit will ich nur noch einmal darauf hinweisen: Parlamentarismus lebt von Debatten, ja. Wir haben über 70 Debatten hier im Bundestag dazu geführt. Wir haben über 30 Gesetze verabschiedet. Insofern, glaube ich, werden wir das auch in Zukunft gut hinbekommen. Wir sollten uns nur nicht verzwergen, weder wir als Parlament noch Sie von der FDP, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Wir werden diesen Antrag in den Ausschüssen ordnungsgemäß debattieren, danach wieder hier im Plenum darüber sprechen und diskutieren. Insofern werden wir da, glaube ich, relativ gut durchkommen.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Genau so sollten wir es jetzt tun.

 

Tino Sorge (CDU/CSU):

In diesem Sinne freue ich mich auf die Beratungen im Ausschuss und danke ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)