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Tino Sorge: "Dieser Impfstoff ist so gut getestet, wie selten ein Impfstoff zuvor"

Rede zum Impfbeginn in Deutschland und in Europa

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben ja nun in der Debatte hier schon eine ganze Menge gehört. Aber besonders bemerkenswert fand ich in dieser Debatte den Kollegen Müller, der ja von der Bundesratsbank hier zuhört und auch eine Rede gehalten hat. Dass sich ein Regierender Bürgermeister hier an dieses Rednerpult stellt, der es in seinem eigenen Bundesland nicht mal hinbekommt, die Impfdosen zu verimpfen – in Treptow mussten Impfdosen verworfen werden –, ist schon echt eine dreiste Nummer, Herr Kollege.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Aber worüber reden wir hier in der ganzen Debatte? Ich glaube – dazu neigen wir Deutschen ja –, wir sehen immer nur, dass das Glas halbleer ist, und nicht, dass es halbvoll ist. Wir reden hier über einen Impfstoff, der innerhalb eines Jahres – vom Beginn der Pandemie bis zum Start der Impfung – entwickelt wurde. Ich glaube, da können wir hier in diesem Haus auch mal stolz sein und sagen: Das ist ein Meilenstein, das ist eine wissenschaftliche Sensation, und das ist so in der Geschichte noch nie vorgekommen.

Wenn so getan wird, als könne man bei der Impfstoffentwicklung – der Kollege Kessler hat ja wieder die feuchten Träume eines Enteignungsajatollahs hier zum Besten gegeben –

(Heiterkeit der Abg. Christine Aschenberg-Dugnus [FDP] – Jan Korte [DIE LINKE]: Das haben Sie in Ihr Gesetz geschrieben!)

einen Schalter umlegen, als könne man Impfstoffe innerhalb kürzester Zeit entwickeln, dann zeugt das von relativ wenig Fachkenntnis.

(Jan Korte [DIE LINKE]: Das steht in Ihrem Gesetz, Sie Vogel!)

Wenn ich mir andere Impfstoffe anschaue, egal ob gegen Kinderlähmung, Hepatitis B oder Tetanus, dann sehe ich, dass es von der Entwicklung bis zur entsprechenden Impfeinführung Jahrzehnte gedauert hat. Insofern sollten wir hier auch mal wieder ein bisschen den Fokus in die richtige Richtung lenken. Wir als Deutschland können stolz sein.

(Jan Korte [DIE LINKE]: Die Wissenschaft!)

Insofern müsste die Debatte heute heißen: Danke an Forscherinnen und Forscher, danke an diejenigen, die an diesem Impfstoff geforscht haben, aber auch ein ganz großes Dankeschön an die Industrie, die das möglich gemacht hat, und in diesem Sinne auch ein ganz großes Dankeschön an das Bundesgesundheitsministerium mit Jens Spahn; das möchte ich hier auch mal sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben ja in der Debatte auch immer die Kritik gehört: Warum ging das nicht schneller? Warum hat die Zulassung so lange gedauert? – Aber worüber sprechen wir denn? Wir sprechen über Impfakzeptanz. Im Fokus der Diskussion steht jetzt nicht die Frage, ob die Leute sich sofort impfen lassen wollen. Vielmehr stand noch vor einigen Tagen, vor einigen Wochen eher die Frage im Fokus, ob die Menschen sich überhaupt impfen lassen wollen. Und ich glaube, da wäre es völlig kontraproduktiv gewesen, mit Notfallzulassungen zu arbeiten, sie in einem Hauruckverfahren über die Rampe zu heben. Insofern bin ich auch wirklich dankbar, dass wir dem Druck standgehalten haben und das in einem ordentlichen EMA-Zulassungsverfahren, einem geordneten Verfahren, gemacht haben; denn nur so werden wir in der Bevölkerung Akzeptanz erreichen, weil wir sagen können: Dieser Impfstoff ist so gut getestet wie selten ein Impfstoff zuvor. – Insofern nehmen wir die Befürchtungen derjenigen, die vielleicht überlegen, ob sie sich impfen lassen wollen, ernst und räumen sie aus.

Zur Frage: Wie verimpfen wir? Es ist ja schon gesagt worden: Das ist eine Mammutaufgabe gewesen. Wir reden nicht nur über die Frage der Impfstoffbeschaffung innerhalb der Europäischen Union. Natürlich kann man sagen, Deutschland hätte sich den Impfstoff – koste es, was es wolle – auch zulasten anderer Nationen besorgen sollen. Aber ich will nur noch mal daran erinnern: Der Bundesgesundheitsminister hat schon sehr frühzeitig mit anderen Ländern Verhandlungen geführt, Vereinbarungen geschlossen, sodass wir in Deutschland relativ schnell den Impfstoff bekommen. Und es herrschte in den Diskussionen, sowohl im Gesundheitsausschuss als auch in anderen fraktionsübergreifenden Diskussionen, immer die klare Meinung, dass wir als Deutschland auch an einer europäischen Lösung mitarbeiten werden. Diejenigen, die sich jetzt hinstellen und suggerieren, als sei diese europäische Lösung der falsche Weg gewesen, verkennen, dass dieses Coronavirus und die Pandemie nur mit einer europaweiten Lösung bekämpft werden können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie uns doch gemeinsam die Diskussionen führen, lassen Sie uns doch die Widerstände, die Befürchtungen, die es in der Bevölkerung in Bezug auf das Impfen gibt, ausräumen, lassen Sie uns doch darüber sprechen, welche Kritik es da gibt, auch über die Frage, welche Vor-, welche Nachteile es beispielsweise bringt, bestimmte Kohorten, bestimmte Gruppen früher impfen zu lassen. Natürlich kann man sich darüber streiten, ob die Festlegung der Personengruppen, die früher, prioritär geimpft werden können, die richtige ist. Aber es war doch immer klar, dass wir am Anfang nicht gleich genügend Impfstoff für alle zur Verfügung haben werden. Deshalb ist es richtig, dass wir uns auf die Gruppen, die am gefährdetsten sind, auf die vulnerablen Gruppen, auf ältere Menschen, auf Menschen in Pflegeheimen, in Senioreneinrichtungen fokussieren, weil gerade dort das Ausmaß der Pandemie, die Mortalitätsrate am höchsten ist. Insofern ist das doch der richtige Weg.

Ich glaube, wir alle sollten das Motto der Impfkampagne ernst nehmen: „Deutschland krempelt die Ärmel hoch“. Wir sollten das im doppelten Sinne sehen: Einerseits krempeln wir die Ärmel hoch, um dieses Virus weiterhin so stark zu bekämpfen, andererseits krempeln wir gemeinsam die Ärmel hoch, damit bald jeder eine Impfung bekommen kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)